Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
Vom Netzwerk:
Kollegen hatten über sie immer anzügliche Bemerkungen gemacht und sie wegen ihres Barbiepuppenaussehens verspottet. Gleichzeitig hatten viele ihr Make-up, ihr perfektes Gesicht, ihre langen, geschwungenen Wimpern und ihren wippenden Busen in engen Tops attraktiv gefunden.
    Aber dann hatte Nina einen Mann gefunden, den durchtrainierten, solariengebräunten Chiropraktiker Dennis Bohman. Claesson hatte sich von ihm behandeln lassen, als er Ärger mit dem Rücken gehabt hatte, und Bohman verstand sein Handwerk. Inzwischen hatten sie also zwei Kinder. Nina hatte nur kurz noch mal am Empfangstresen gesessen und war dann wieder in den Mutterschutz verschwunden. Sie selbst war unverändert, trotz ihrer Schwangerschaften war sie immer noch schön wie ein Filmstar. Im Präsidium hatten alle bezweifelt, dass sie mit ihren langen, lackierten Fingernägeln ein Kind halten konnte, aber auch da hatten sie sich geirrt.
    Während Lena Jönsson versuchte, Ninas Telefonnummer zu ermitteln, legte er die Kleine aufs Sofa, streifte sich Gummihandschuhe über und zog ihr die Kleider aus, die vollkommen neu zu sein schienen. Er legte sie in Papiertüten, die Musse ihm aufhielt. Sie würden sie später zu den Technikern bringen.
    »Sie sind mit Spuren von dir kontaminiert«, meinte er zu Peter Berg.
    »Und wenn schon«, erwiderte dieser und strich sich die Haare zurück.
    Alle warteten gespannt. Dann entfernte Claesson die Windel.
    Musse hatte Recht gehabt. Es war ein Mädchen.
    »Sie sieht aus wie meine kleine Schwester Matilda«, sagte Lena Jönsson. »Meine Mutter hat sie mit fünfundvierzig noch bekommen.«
    »Kleine Matilda«, wiederholte Peter Berg.

6
    NEUGEBORENES AUF PARKPLATZ GEFUNDEN
     
    Ein neugeborenes Baby wurde gestern Abend hinter dem Poli zeipräsidium in Oskarshamn in einem Pappkarton entdeckt.
    Gegen 21 Uhr am Sonntag fand ein Polizeibeamter, der erst annahm, es handele sich um ausgesetzte Kätzchen, einen Karton, in dem ein kleines Mädchen lag.
    Das Kind befand sich in guter Verfassung und war nicht ausgekühlt, was die Polizei zu dem Schluss veranlasst, dass es nicht lange dort gelegen haben kann.
    »Was passiert wäre, wenn bis zum Auffinden noch mehr Zeit verstrichen wäre, wage ich nicht auszudenken«, meint Polizeisprecher Janne Lundin. »Säuglinge kühlen rasch aus. Eine Nacht im Freien hätte das Mädchen wohl kaum überlebt.«
    Die Polizei bittet die Öffentlichkeit um sachdienliche Hinweise.
     
    Alles wurde von dem Findelkind überschattet. Der Schuss von Freitagnacht war so gut wie in Vergessenheit geraten.
    Nicht nur in den Lokalnachrichten, auch im überregionalen Rundfunk und im Fernsehen bat Janne Lundin die Mutter, sich zu melden.
    »Uns ist natürlich bewusst, dass sich hinter dieser Tat eine tragische Geschichte verbirgt«, sagte er mit seiner Vertrauen erweckenden Bassstimme und schaute direkt in die Kamera.
    Es war Montagmorgen, Viertel nach neun, und sie hatten sich im Aufenthaltsraum des Präsidiums vor dem Fernseher versammelt.
    Eine Mutter, die ihr Neugeborenes aussetzte! Das erforderte keinen Kommentar. Alle verstanden, dass das kaum freiwillig geschehen sein konnte. Es musste sich um einen Hilferuf handeln.
    »Die zuständigen Behörden sind sehr daran interessiert, der Mutter zu helfen. Von Bestrafung kann keine Rede sein«, fuhr Janne Lundin fort.
    »Wenn sich die Mutter meldet, wenn sich die Mutter nur meldet, dann lässt sich alles regeln. Sachdienliche Hinweise nimmt die Polizei jederzeit gerne entgegen«, sagte Lundin abschließend auf dem Bildschirm.
    Sein Ton war immer noch freundlich, aber er klang nun ernster und weniger entspannt.
    Dann waren die Vormittagsnachrichten zu Ende. Sie brachen auf.
    »Wir finden sie vielleicht bald«, meinte Erika Ljung. Sie klang optimistisch, als sie auf den Gang trat.
    »Oder ihn«, meinte Lennie Ludvigson und kratzte sich am Kinn. »Ich meine den Vater.«
    »Alle lieben eine Geschichte mit einem Happy End«, sagte Louise Jasinski.
    »Das Licht im Dunkel«, meinte Claesson.
    »Die Hoffnung stirbt zuletzt«, warf Technik-Benny ein.
    Dann fielen ihnen keine Floskeln mehr ein.
    In ihrem eigenen Alltag kam ein Happy End nicht allzu häufig vor. Das Meiste war betrüblich, und ab und zu konnte ein gestohlenes Fahrrad oder eine entlaufene Katze dem Eigentümer zurückgegeben werden. Vernachlässigung in der Kindheit, deformierte Seelen, Grausamkeit, Unvernunft und fürchterliche Vorurteile.
    Kinder wurden von Eltern zur Welt gebracht, die nicht die

Weitere Kostenlose Bücher