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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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Beamten nicht gelungen war, die Notbereitschaft des Jugendamtes zu erreichen, und dass sich deswegen eine Polizeibeamtin um das Mädchen gekümmert hatte. Claesson wusste jedoch, dass das früher oder später ruchbar werden würde, dann würde es einen wahnsinnigen Ärger geben, beim Jugendamt würden Köpfe rollen und neue Routinen eingeführt werden. Geschieht ihnen recht, dachte Claesson, so darf es einfach nicht sein.
    Nina Persson würde sich aber nicht sehr lange um die Kleine kümmern können, falls es dauern sollte, bis die Mutter wieder auftauchte. Davon, dass die Mutter wieder von sich hören lassen würde, waren alle überzeugt. Etwas anderes wollten sie gar nicht erst in Erwägung ziehen. Eine Mutter ließ ihr Kind einfach nicht im Stich. Ein Vater schon eher. Mütter aber nicht! Nicht dieses wehrlose, kleine Wesen.
    Im Jugendamt fehlten der Ärmsten, die Claesson schließlich an den Apparat bekam, erst einmal die Worte. Sie hatte die Zeitung bereits gelesen.
    »Das ist natürlich haarsträubend«, sagte sie. »Sie müssen darüber mit meinem Abteilungsleiter sprechen. Der ist aber gerade auf einer Fortbildung und kommt erst am Mittwoch wieder. Ich vertrete ihn, aber ich werde ihm die Sache vortragen. Wir müssen herausfinden, was bei uns schiefgelaufen ist.«
    »Da hat überhaupt nichts funktioniert«, erwiderte Claesson trocken. »Es war vollkommen unmöglich, überhaupt jemanden zu erreichen.«
    »Das schon, aber wir müssen … wir müssen einfach unsere Routinen überprüfen«, erwiderte die Frau nervös, und Claesson resignierte.
    »Tun Sie das«, fiel er ihr ins Wort. »Aber das Kind benötigt jetzt Hilfe.«
    »Wir werden sofort nach passenden Pflegeeltern suchen. Schließlich ist das eine wichtige Angelegenheit. Vielleicht handelt es sich ja nicht um einen sonderlich langen Zeitraum …«
    »Tja«, meinte Claesson, »es könnte aber auch um ein ganzes Leben gehen.«
    »Ja. Dann stellt sich natürlich die Frage einer Adoption«, erwiderte sie. »Dazu wird man später Stellung nehmen müssen. Wir werden sehen, was sich sofort unternehmen lässt. Wir haben da eine Familie, an die wir uns immer in eiligen Fällen wenden. Die sind sehr professionell und haben sich schon ausgezeichnet um eine ganze Reihe von Kindern gekümmert.«
    Claesson gefiel das Wort professionell in diesem Zusammenhang nicht, aber er wollte deswegen keinen Streit anfangen. Er wünschte der kleinen Matilda Zärtlichkeit und Liebe, keine Professionalität.
     
    Bereits um 10.45 Uhr meldete sich die erste Frau, die behauptete, die Mutter des Kindes zu sein.
    Es würden noch mehr werden. Und es würden sich viele melden, die bereit waren, die Kleine unverzüglich zu adoptieren.
     
    Sara-Ida war bereits beim Kaffeetrinken um zehn Uhr todmüde.
    Sie war nach einer höllischen Nacht unchristlich zeitig aufgestanden. Ihre Alpträume hatten ausschließlich davon gehandelt, dass sie sich bereits an ihrem ersten Arbeitstag blamierte. Sie sah sich in den Krankenhauskorridoren herumirren, ohne je ans Ziel zu gelangen. Sie sah sich Dinge missverstehen, auch die einfachste Anweisung, sie sah sich das Falsche holen, einen Kamm statt einer Zahnbürste, den sie dann auch noch dem falschen Patienten überreichte. Sie brachte Temperatur und Blutdruck durcheinander und die Betten, zu denen sie geschickt worden war. Alle Schwestern waren kühl und distanziert. Niemand machte Witze oder lachte. Sie durchschauten sie direkt. Erkannten auf den ersten Blick, wie unmöglich und unfähig sie war.
    So wie Mama immer seufzte und meinte, dass Sara-Ida wirklich nichts bewältigte. Das hatte sie zuletzt gesagt, als sie bei Papas Fünfzigstem das Tablett mit den Schnittchen hatte fallen lassen. Erst hatte Mama die Zähne zusammengebissen, hatte sich hingekniet und mit knappen, verärgerten Bewegungen die Reste aufgeklaubt und in die Mülltüte geworfen. Sara-Ida hatte entsetzt und wie gelähmt daneben gestanden und sich nicht nicht zu helfen gewusst.
    »Mama«, hatte sie einfach nur mit kläglicher Stimme gesagt, denn die Gewitterwolken hatten sich bereits düster und bedrohlich aufgetürmt.
    Die Hälfte von Papas Kollegen war gerade zur Tür hereingekommen. Mama war es nicht gelungen, die unerschütterliche Gastgeberin zu spielen. Sie hatte Sara-Ida am Oberarm gepackt und zugedrückt.
    »Nicht mal mit so einer Kleinigkeit wirst du fertig«, hatte sie gezischt und sie aus der Küche gezerrt. »Nicht einmal wegräumen, was du angerichtet hast, kannst du. Ich werde

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