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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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Kajsa bitten, mir in der Küche zu helfen.«
    Anschließend hatte Sara-Ida in der Diele gestanden und sich den Arm massiert. Eines war ihr klar gewesen. Sie war verdammt noch mal zu alt, um sich so was anzuhören.
    Nächtelang hatte sie wachgelegen und an nichts anderes gedacht. Jetzt reichte es. Sie wollte nicht noch mal hören, wie geschickt Kajsa und wie unbeholfen sie selbst war. Obwohl es um ihre Schwester ging, die klein und pummelig war. Es hätte umgekehrt sein müssen, meinte Mama und hielt das für eine lustige Bemerkung.
    Aber bald würde sie ausziehen, und dann war dieses Problem gelöst, dachte Sara-Ida. Weit weg, und sie würde etwas werden, was sich niemand von ihnen auch nur vorstellen konnte. Berühmt. Und viel Geld würde sie verdienen.
    Dann würden sie schon sehen!
    Aber heute war es so, als hätte sie all das vergessen. Der Gedanke an ihre neue Arbeit erfüllte sie. Das Unbehagen mischte sich mit einem kribbelnden Gefühl der Spannung. Zum ersten Mal in ihrem Leben würde sie richtig in der Krankenpflege arbeiten. Sie würde etwas Sinnvolles tun.
    Denn die Patienten waren wirklich krank, und sie würden geheilt werden, oder man würde sie zumindest gesünder machen. Nicht wie in der Rehaklinik, wo es zwar auch sehr wichtig war, was man tat, denn die Patienten waren recht jung oder vielleicht eher mittleren Alters und irgendwie rührend zerbrechlich, dachte sie, während eine Pflegehelferin namens Harriet sie auf der Chirurgie herumführte.
    Harriet war bereits älter, und ihr war die Aufgabe zugefallen, Sara-Ida alles zu zeigen. Den Spülraum, das Wäschelager, die Behindertentoilette, Dusche, Küche, das Verbrauchsmateriallager. Harriet war nett. Keine der anderen Schwestern wagte es, sie herumzuscheuchen. Sie wusste, was sie wert war, und arbeitete schon seit Ewigkeiten auf dieser Station, hatte man Sara-Ida gesagt.
    Sara-Ida hatte keine pflegerischen Tätigkeiten in der Rehaklinik ausgeübt. Sie hatte Betten gemacht und Kartoffeln und Möhren geschält. Hier auf der Chirurgie war das anders. Man erwartete von ihr, dass sie sich um Verbände und Katheter kümmerte. Harriet hatte versprochen, ihr alles zu zeigen.
    Im Personalzimmer wimmelte es von Kollegen in gestreifter Arbeitskleidung. Sara-Idas hatte hellblau-weiße Streifen. Sie hatte ihren Namen auf ein Stück Leukoplast geschrieben und es auf ihre Brust geklebt. Die Ärzte trugen natürlich weiße Kittel.
    Um den Tisch herum saßen junge und ältere Krankenschwestern sowie Ärzte, auch ein Pfleger namens Jesper, der supernett war. Im Pflegeheim hatten sie immer zu wenig Personal gehabt und waren die ganze Zeit unterwegs gewesen. War jemand krankheitshalber ausgefallen, hatte es in der Regel keine Vertretung gegeben.
    Sie las die Namensschilder und versuchte, sich die Namen einzuprägen. Emma, Lotta, Pia-Lena, Annelie. Darunter stand, ob sie Krankenschwestern oder Pflegehelferinnen waren. Nur bei den Ärzten waren auch die Nachnamen auf den Schildern genannt.
    »Vorname reicht«, hatte Harriet in der Umkleide im Keller gemeint. »Damit uns nicht irgendwelche Patienten in unserer Freizeit belästigen. Sie könnten sich sonst im Telefonbuch unsere Adresse raussuchen«, hatte sie gemeint und verschmitzt geblinzelt.
    Sara-Ida war sich nicht sicher gewesen, ob sie sich dabei nicht über sie lustig gemacht hatte.
    »Das wäre doch mal was«, hatte eine korpulente Schwester mit Kurzhaarschnitt namens Emma gemeint. »Ich hätte nichts dagegen, wenn ein Prinz auf einem weißen Hengst durch meine Wohnungstür reiten würde. Bei mir war schon viel zu lange tote Hose, was Männer angeht. Und selber einen aufzutreiben ist zu anstrengend.«
    Es war bereits Vormittag, und Sara-Ida kümmerte sich um einen Mann mit einer Gehhilfe auf dem Gang. Plötzlich merkte sie, dass jemand hinter ihr stand.
    »Könntest du mitkommen, um eine Patientin von der Intensivstation abzuholen?«, sagte eine Stimme.
    »Sophie, Krankenschwester«, stand auf dem Namensschild.
     
    Claesson fand, dass die Frau aussah, als friere sie. Bläuliche Ringe um die Augen, eingefallene Wangen, trockene, faltige Haut und schlechte Zähne. Sie war nicht die Frau, der er die kleine Matilda gerne anvertraut hätte.
    »Haben Sie einen Ausweis?«, wollte er wissen. »Beispielsweise einen Führerschein?«
    »Ich besitze keinen Führerschein.«
    Sie suchte in ihrer lackentasche und zog einen Personalausweis hervor. Jytte Hilleröd, dreiundvierzig fahre alt. Recht alt, um gerade ein Kind zur Welt

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