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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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ein ungewöhnlicher und emotional nicht unkomplizierter Auftrag.
    Natürlich hatten sie die Möglichkeit erwogen, dass es sich um eine illegale Einwanderin handeln könnte, die allein entbunden hatte. Oder es konnte etwas mit Familienehre zu tun haben. Eine Frau, die eine wahnsinnige Angst vor ihrer Familie und ihrer Verwandtschaft hatte, die bedroht wurde und wusste, dass man sie ermorden würde, falls sich erwies, dass sie ihre Unschuld nicht bewahrt hatte. Oder noch schlimmer, dass sie ein Kind mit einem Mann aus einem anderen, nicht akzeptierten Kulturkreis bekommen hatte, vielleicht einem Schweden, den sie liebte. Unschuld garantierte nicht nur die Ehre der Großfamilie, sondern war auch finanziell sehr viel wert. Die Mitgift eines Mannes, der sich nach Schweden verheiraten durfte, konnte sehr hoch sein. Louise hatte gehört, dass es sich um bis zu einer halben Million schwedische Kronen handeln konnte.
    Das Kind sah jedoch sehr nordeuropäisch aus. Helles, flaumiges Haar und rosa Haut. Die Augenfarbe sei so früh noch nicht zu bestimmen, meinte Claesson.
    Louise hatte die Listen vor sich und telefonierte sie der Reihe nach ab. Immer wieder geriet sie an Anrufbeantworter. Es war zum Wahnsinnigwerden.
    »Wir sind Montag bis Donnerstag von neun bis zehn Uhr vormittags zu erreichen. In dringenden Fällen wenden Sie sich bitte an das nächste Ärztehaus oder die Notaufnahme eines Krankenhauses …«, lagen ihr verschiedene Frauenstimmen in den Ohren.
    Jetzt war es fast halb zwölf, und sie hatte nur zwei von den zehn Einrichtungen, die auf ihrer Liste standen, erreicht.
    Sie wollte bereits aufgeben, um Verstärkung bitten und die Einrichtungen abklappern.
    »Mittagessen?«
    Claesson stand in der Tür.
    »Gerne«, erwiderte sie und überließ die Listen ihrem Schicksal.
     
    Harriet hatte lange bei der Patientin mit der Schussverletzung gesessen. Schwester Emma, die von einem Prinzen träumte, erzählte, dass sich Harriet und die Patientin im Einzelzimmer kannten. Sehr gut sogar. Mehr sagte sie nicht.
    Vielleicht fand Harriet, dass sie sich an diesem Vormittag ausreichend lange bei ihrer Freundin aufgehalten hatte, denn sie bat Sara-Ida, ihr das Tablett mit dem bescheidenen Mittagessen, einem Teller Suppe und einem Glas Saft, zu bringen.
    Sara-Ida tat, was man ihr aufgetragen hatte, trat ins Zimmer und stellte das Tablett auf den Nachttisch. Die Lamellenjalousie war heruntergelassen, aber nicht geschlossen. Das Zimmer lag in Richtung Norden und hatte eine schöne Aussicht. Im Halbdunkel sah Sara-Ida, dass die Patientin die Augen geschlossen hatte. Sie war sich nicht sicher, ob sie sie wecken sollte, aber das war dann nicht nötig.
    »Danke«, sagte die Patientin mit schlaftrunkener Stimme, ohne sie anzusehen.
    »Soll ich Licht machen?«, wollte Sara-Ida wissen.
    »Nein, vielen Dank. Das mache ich schon selbst.«
    Der Schalter für die Lampe befand sich am Nachttisch.
    »Soll ich Ihnen das Kopfende höher stellen?«
    Sara-Ida hatte das dringende Bedürfnis, noch etwas zu tun.
    »Nein danke! Das ist sehr gut so.«
    Sie scheint sehr müde zu sein, dachte Sara-Ida. Das war nicht verwunderlich, aber Sara-Ida hatte auch das vage Gefühl zu stören.
    Da hörte sie ein Geräusch, als würde etwas auf der Toilette zu Boden fallen. Sie wollte gerade die Tür öffnen und nachschauen, als sich die Patientin räusperte.
    »Ich glaube, ich habe es mir anders überlegt. Es wäre doch ganz gut, wenn Sie mich etwas aufsetzen könnten«, sagte sie und rollte sich auf die Seite, um sich aufrecht zu setzen.
    Sara-Ida trat vor, um den Hebel unter dem Bett zu betätigen, mit dem sich das Kopfende verstellen ließ.
    »Gut so?«
    »Ja, vielen Dank. Jetzt komme ich allein zurecht«, sagte die Frau, zog das Tablett zu sich heran und nahm die Suppentasse in die Hand.
    Sara-Ida schlenderte auf den Gang, blinzelte bei der grellen Beleuchtung und lief Harriet geradewegs in die Arme.
    »Kommst du mit in die Kantine?«
    Das war ihr sehr recht.
    Sie schoben ihre Karten durch das Zeiterfassungsgerät und gingen die Treppe hinunter. Es war nett zusammen mit Harriet. Sara-Ida brauchte sich nicht zu verstellen, sie war weniger angespannt und wagte, sich zu unterhalten. Vielleicht würde Harriet ihr ja noch etwas über die Frau mit der Schussverletzung erzählen.
    Als sie in die Kantine traten, stieß sie mit Jörn zusammen. Er war auf dem Weg nach draußen. Sie war sehr überrascht.
    »Hallo. Was machst du hier?« war alles, was ihr einfiel.
    »Hallo«,

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