Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
Vom Netzwerk:
suchte.
    »Ich weiß, dass es der erste Arbeitstag in der Klinik war, als Sie Charlotte Eriksson tot aufgefunden haben. Stimmt das?«
    »Ja.«
    »Können Sie das bitte in eigenen Worten erzählen?«
    »Ich wurde von einer anderen Pflegehelferin, die vermutlich keine Zeit hatte, in ihr Zimmer geschickt. Ich nahm also das Tablett mit den Getränken und stellte am Bett der Patientin fest, dass sie tot war.«
    Louise wartete auf eine Fortsetzung, aber Sara-Ida starrte sie nur an.
    »Wann war das ungefähr?«
    »Vielleicht um halb eins.«
    »Und Sie sahen sofort, dass sie tot war?«
    »Nein. Sie lag mit dem Gesicht von mir abgewandt da. Aber sie war verschwitzt und reagierte überhaupt nicht, als ich eintrat. Ich ging also um das Bett herum, um ihr ins Gesicht zu schauen, und da sah ich, dass sie tot war.«
    »Sie haben also schon einmal einen toten Menschen gesehen?«, fragte Louise vorsichtig. »Nicht alle in Ihrem Alter haben das.«
    »Ich habe in der Altenpflege gearbeitet … das sieht man sofort, würde ich sagen.«
    »Und was haben Sie dann getan?«
    »Ich bin natürlich rausgerannt.«
    »War es das erste Mal, dass Sie bei ihr im Zimmer waren?«
    »Nein. Ich hatte sie am Vormittag mit einer Krankenschwester zusammen von der Intensivstation abgeholt. Dann habe ich ihr das Essen gebracht.« Sie strich sich das feuchte Haar aus dem Gesicht.
    In diesem Augenblick fiel Louise wieder ein, dass sie Sara-Ida Ström auf der Flanaden gesehen hatte. Sie hatte zusammen mit einem jungen Mann, der ihr, was sein Aussehen betraf, überhaupt nicht entsprochen hatte, auf einer Bank gesessen. Sara-Ida war eine Schönheit, aber der Mann hatte irgendwie tölpelhaft gewirkt. Als erwarte man immer eine gewisse Entsprechung in Aussehen und Stil. Er war wohl kaum ihr Freund gewesen.
    »Wer hat Sie gebeten, ihr das Mittagessen zu bringen?«
    »Die eine Schwester. Sie heißt Sophie.«
    »Wie ging es Charlotte Eriksson da?«
    »Sie war recht munter und bat mich, das Tablett auf den Tisch zu stellen. Sie wollte keine weitere Hilfe, auch nicht dabei, das Kopfteil ihres Bettes zu verstellen. Sie wollte irgendwie, dass ich sofort wieder gehe.«
    »Warum das? Hat sie das gesagt?«
    »Nein. Das war mehr so ein Gefühl. Ich glaube, sie wollte einfach ihre Ruhe haben.«
    »Sie hatten also das Gefühl, dass sie Sie loswerden wollte?«
    Sara-Ida biss sich auf die Unterlippe.
    »Vielleicht.«
    »Haben Sie eine Vorstellung, warum das so gewesen sein könnte?«
    »Nein. Aber das ist doch wohl nicht so merkwürdig.«
    Sara-Ida schüttelte den Kopf. Das lange, rötliche Haar trocknete und duftete leicht nach Shampoo.
    »Wenn man krank ist, dann braucht man seine Ruhe«, fuhr sie fort.
     
    Louise Jasinski war ins Präsidium zurückgekehrt. Sie stellte ihre Tasche in ihr Büro, suchte die Toilette auf, betrachtete sich im Spiegel und wusch sich die Hände. Die Beleuchtung war gnadenlos. Ihr Gesicht war graugrün und wirkte genauso leblos wie ihr Haar. Der Kontrast zu der wunderschönen Frau, die sie gerade verhört hatte, war extrem. Das Leben war wahrhaftig nicht gerecht! So ging das nicht! Sie musste wieder etwas aus sich machen.
    Sie riss die Toilettentür auf, stürmte in ihr Büro und rief ihre Frisörin an. Sie überlegte, während diese nach einem freien Termin suchte, wohin sie zum Mittagessen gehen sollte. Sie wollte etwas Richtiges essen, kein Junkfood. Sie wollte ihre schmale Taille behalten. Sie schaute auf die Armbanduhr. Noch eine Stunde bis zum Mittagessen, und sie hatte bereits jetzt einen Mordshunger. Die Frisörin kam wieder an den Apparat, und Louise schrieb sich die Zeit für Haareschneiden und Strähnchen auf. Dann blieb sie am Fenster im Licht stehen. Gegenüber lag das Ärztehaus der Slottsgatan. Sie wollte sich gerade setzen, als ihr etwas ins Auge fiel.
    Ein Kopf tauchte auf. Sie wusste, wer es war.
    Oder hatte sie sich geirrt?
    Das Gesicht tauchte über einer Gardine auf, die die untere Hälfte des Fensters verdeckte. Vermutlich gehörte es zum Empfang. Die Person, die dort arbeitete, wollte mehr Licht ins Zimmer lassen. Die Behandlungszimmer, in denen sich die Patienten entkleideten, hatten alle undurchsichtiges Milchglas.
    Es war Harald Eriksson.
    Vermutlich hatte er sich gerade erhoben, um zu gehen.
    Wahrscheinlich war das das Zimmer von Dr. Björk. Ein enges und nicht sonderlich freundliches Gelass mit verschrammtem Schreibtisch, überfülltem Regal und einem riesigen Schreibtischstuhl aus schwarzem Kunstleder, der weder zu

Weitere Kostenlose Bücher