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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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Dr. Björk noch in das Zimmer passte.
    Die Menschen gingen trotzdem zu ihm.
    Natürlich hatte sich auch Harald Eriksson an Björk gewandt. Das verstand sie. Wo hätte er auch sonst hingehen sollen, der Chef von Drott Engineering?
    Distriktsarzt Gustav Björk war eine Institution. Auf seine Verschwiegenheit war unbedingt Verlass. Er war außerdem Witwer und konnte deswegen die Tragweite des Vorgefallenen umso besser verstehen. Er konnte nicht mehr weit von der Rente entfernt sein. Wer wohl sein Nachfolger werden würde?
    Jetzt tröstete er also den frischgebackenen Witwer. Vielleicht verschrieb er ihm auch Schlaftabletten? Vielleicht bekam er auch nur ein Tütchen mit ein paar wenigen, damit er nicht süchtig wurde? Kommen Sie nur wieder, Sie sind mir immer willkommen, sagte Dr. Björk sicher. Man muss mit offenen Augen und wachem Verstand trauern, das sagte er bestimmt auch.
    Das hatte er auch zu Louise gesagt, als sie mit verquollenen und rot geweinten Augen vor ihm gesessen hatte, fix und fertig vor Schlafmangel. Damals, als ihr aufgegangen war, dass Janos sie betrog. Als sie der Wahrheit endlich hatte ins Gesicht sehen und begreifen müssen, dass ihr Leben in Trümmern lag.
    Aber das war damals gewesen.
    Harald Eriksson verschwand vom Fenster. Louise blieb noch eine Weile stehen und wartete darauf, ihn auf die Straße treten zu sehen.
    Aber niemand kam. Nach einer Weile fuhr ein schwarzer BMW vom Parkplatz hinter dem Ärztehaus und bog auf die Slottsgatan.
    Natürlich war er mit dem Auto gekommen.
    Sie nahm an ihrem Schreibtisch Platz und betrachtete ihre Töchter, die sie anlächelten. Die Fotos waren ein paar fahre alt und steckten in roten Rahmen. Ich müsste sie durch neue ersetzen, dachte sie. Die eine Tochter war dunkelhaarig wie Janos, die andere dunkelblond wie sie. Hübsche Mädchen, fand sie. Vielleicht wurden sie noch hübscher, wenn sie größer waren.
    Sie selbst fühlte sich farblos wie ein Maulwurf. Sie konnte jedoch einigermaßen gut aussehen, wenn sie sich Mühe gab. Sie erinnerte sich noch, wie sie als junge und schlanke Mutter stolz die Uniform angezogen und das Käppi auf die langen Haare gedrückt hatte. Wie zufrieden sie damals doch mit sich gewesen war! Sie war durchtrainiert gewesen, und die Männer hatten ihr hinterhergeschaut. Nicht so wie jetzt, wo sie kaum noch einem einen Blick wert war.
    Sie war alt.
    Sie hatten eine Familie gegründet, eine richtige Familie. Sie hatte das Gefühl gehabt, dass das nie zu Ende gehen würde, dieses Glück!
    Jetzt war sie vierzig. Irgendwie mittendrin. Und sie alterte, das spürte sie, und man sah es auch.
    Sie erschauerte und hielt den Film an. Man gewöhnt sich daran, dachte sie. Die Menschen gewöhnen sich an das meiste. Auch daran, alt zu werden.
    Sie begann rasch, die Papiere auf ihrem Schreibtisch zu sortieren, und tröstete sich mit dem Gedanken an alle Achtzigjährigen, die sie kannte, die ein schönes und interessantes Leben gehabt hatten. Einige waren sogar schon über neunzig. Meist Witwen, die taten, was sie wollten.
    Sie hatte zumindest Kinder und eine Arbeit. Sie hatte sich endlich eine Stellung erkämpft. Sie hatte allen Grund, zufrieden zu sein. Aber war sie glücklich?
    Falsche Frage, dachte sie, und nahm drei halbleere Ordner aus dem Regal und legte sie offen nebeneinander auf den Schreibtisch, um Unterlagen abzuheften. Sie fand es wichtig, den Überblick zu behalten. Leider fehlte es ihr immer mehr an Systematik. Sie kam ins Hintertreffen, hatte zu viele ungeklärte Fälle auf dem Schreibtisch liegen.
    Nein, sie war nicht glücklicher, weil sie sich hochgearbeitet hatte, aber ruhiger und zufriedener. Sie hatte als Polizistin so viel erlebt, dass sie kaum noch etwas aus der Ruhe brachte. Sie kannte ihre eigenen Stärken und Schwächen und nicht nur die ihrer Kollegen. Sie war eins mit ihrem Polizistinnen-Ich geworden. So erging es bei der Polizei sicher vielen. Einmal Polizist, immer Polizist. Auch nach der Rente.
    Sie klappte die Ordner zu und stellte sie wieder in das Regal. Die Akte über Charlotte Eriksson lag auf der Fensterbank.
    Die sparsamen Notizen von ihrer Unterhaltung mit Sara-Ida Ström legte sie dazu. Das meiste war auf Band, und das lag bereits bei der Sekretärin.
    Louise fand eine kleine Broschüre über das bevorstehende 150-jährige Jubiläum der Stadt Oskarshamn. Als sie sie in die oberste Schublade legte, bemerkte sie einen gelben Zettel, der auf ihrer Schreibtischunterlage klebte. Darauf hatte sie Charlotte E.

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