Lupus - Ankunft der Woelfe
ihn möglicherweise in den Wahn getrieben haben?«
»So etwas dürfen Sie niemals behaupten. Keiner der Probanden hatte Wahnvorstellungen, nur eine winzige Verstärkung der Emotionen, sofern es sich um Genveränderte handelte. Der Student Eden hat noch andere Drogen genommen. Das hat doch die rechtsmedizinische Untersuchung inzwischen längst ergeben, soweit mir zu Ohren gekommen ist. Ja, auch ich habe meine Kontakte. Professor Steinmeier lässt Sie übrigens schön grüßen.«
Zorn wallte in Cube hoch. »Becker hatte Eden in seiner Gewalt. Der Professor hat ihm die Drogen eingeflößt.«
»Das werden Sie niemals beweisen können. Während Sie sich daran die Zähne ausbeißen, mein Lieber, werde ich in der Zwischenzeit das Enhancement-Projekt fortführen.«
»Das Projekt hat Eva beinahe das Leben gekostet.« Cube krampfte die Finger um die Mappe.
Der Professor zupfte sich nachdenklich am Ohr. »Solange es keine Veröffentlichungen gegeben hat, kann niemand der BEA-Klinik vorwerfen, wir hätten die Wirksamkeit eines Medikaments manipuliert.«
»Das sehe ich anders«, schnaubte Cube. »Wir haben dazu eine Aussage von Timo Zweiter.«
»Ach, hat er sie noch nicht zurückgezogen? Er hat inzwischen eine Anzeige wegen Betrugs und Verleumdung. Timo Zweiter hat sicherlich einen außerordentlich hohen IQ, das kann ihm jeder Arzt bescheinigen. Doch bedauerlicherweise wird er niemals beweisen können, dass er schon vor der Einnahme der Medikamente so intelligent war und sich am Anfang des Projekts nur dümmer gestellt hat. Es gibt keinen alten IQ-Test von Timo Zweiter, der das dokumentiert.«
»Haben Sie den alten Test aus den Unterlagen von Professor Becker gelöscht?«
»Warum sollte ich? Becker war der Projektleiter, fragen Sie ihn, wenn er wieder auftaucht. Sie haben doch seine Unterlagen. Wenn Sie etwas finden, lassen Sie es mich bitte wissen.« Der Professor lächelte breit. »Mein Lieber, habe ich Ihnen eigentlich schon gebührend gedankt, dass Sie meiner Tochter das Leben gerettet haben? Wie wäre es mit einer lebenslangen Karte im Golfklub? Sie spielen doch Golf, oder?«
Cube rollte die Mappe mit dem Lebenslauf fester zusammen und steckte sie in die tiefen Taschen seines Mantels. »Professor Palmer, mit Bestechungsgeschenken können Sie mich nicht verwirren. Aber wie sagt man so schön, man trifft sich im Leben immer zweimal. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Kommen Sie mich doch einfach mal auf meiner Burg am Rhein besuchen, dann trinken wir einen Eiswein von meinem sonnigen Weinberg. Und vielleicht fallen Ihnen dann die Forschungszusammenhänge wieder ein, die Professor Becker Ihnen mit Sicherheit mitgeteilt hat. Machen Sie es gut, mein L-i-e-b-e-r .« Das letzte Wort hatte er mit Absicht gedehnt.
Professor Palmer lächelte zufrieden. »Ich sehe, wir verstehen uns. Ach, noch eine Kleinigkeit, bevor ich es vergesse. Eva ist durch ihren Job in der Rechtsmedizin unnötig in Gefahr geraten. Sie als Polizist …« Palmer sah ihn herausfordernd an.
Cube ignorierte die Spitze und schwieg.
»Nun ja, wie Sie als Polizist sicher wissen, sind die Zustände dort auf den Parkplätzen katastrophal. Und dann die nächtlichen Dienstzeiten. Ich will meine Tochter hier in meiner Klinik haben. Bei mir ist sie sicher. Sie kann sofort für Professor Becker einspringen. Und ich versichere Ihnen, langfristig betrachtet habe ich noch immer bekommen, was ich wollte.«
*
Als Cube die Bürotür hinter sich schloss, wirkte das Gespräch noch nach. Bis zum Ausgang der BEA-Klinik hatte er eine Entscheidung getroffen. Er trat in die Dunkelheit der Nacht hinaus und wusste, er würde seinen Dienst quittieren. Als Ermittler war er schon öfter an seine Grenzen gestoßen, doch hier tat sich eine Schlucht von der Größe des Grand Canyons auf. Die Wahrheit ließ sich nicht mit kriminalistischen Mitteln erkunden. Cube biss die Zähne aufeinander, bis sie knirschten.
Becker war damals Arzt in der Mesa Verde gewesen. Steffen Becker. Jeder hatte ihn mit Steven Baker angesprochen. Auch Bonny. In sämtlichen Unterlagen, die Cube in Beckers Büro durchforstet hatte, war nur der Name Steffen Becker notiert gewesen. Möglicherweise handelte es sich um eine Ungenauigkeit in der Aussprache. Vielleicht aber wollte Becker auch nicht erkannt werden, wollte seinen Anteil an dem Projekt, das mit einem Amoklauf geendet hatte, vertuschen. Cube war sich über alle Maßen bewusst, dass Evas Vater die Situation richtig eingeschätzt hatte. Die
Weitere Kostenlose Bücher