Lupus - Ankunft der Woelfe
komplizierten Einzelschritten und einem Cocktail aus diversen Medikamenten.«
»Das klingt doch vielversprechend. Warum machen Sie dann so ein skeptisches Gesicht?«
»Tu ich das?« Verlegen strich sie sich die Haare zurück und schwieg. »Entschuldigen Sie, Herr Cube.« Sie erhob sich. »Es wartet noch eine Menge Arbeit auf mich. Warten wir doch einfach die Analyseergebnisse ab und vertiefen dann dieses Gespräch.«
22
Eine Hütte
E in feucht-muffiger Geruch aus Schimmel, Holz und Eisen kribbelte in seiner Nase, während das Rauschen der Bäume und des Windes in seine Gehörgänge drang und ihn rüttelte. Trotz der Gerüche, der Kälte und der Schmerzen in seinen Gliedern war er nicht fähig, vollständig zu erwachen. Die merkwürdigen Albträume quälten ihn seit Stunden. Man hatte ihn eingesperrt wie ein Tier, ihn mit Medikamenten ruhiggestellt, sogar zeitweilig seine Arme und Beine mit Bändern fixiert.
Natürlich hatte er gebrüllt, aber es klang fremd, animalisch, und ihm gelang kein logischer Satz. Die Worte fielen ihm nicht ein. Er erinnerte sich an seinen Vater – nach dem Schlaganfall. Fixiert und sprachlos. Passierte ihm dasselbe?
Dann war es plötzlich finster gewesen. Später hatte er seinen Kopf auf der Matratze hin- und hergeworfen, um Hilfe gefleht. Verzweifelt hatte er einen Punkt an der Wand angestarrt. Der Punkt war größer und größer geworden, dann blutrot, und schließlich hatte er wie ein Herz pulsiert.
Er hatte geschrien, doch seine Stimme war nur ein unkontrolliertes Lallen und Grollen gewesen. Speichel war aus seinem Mund geflossen. Er hatte an seinen Fesseln gezerrt. Und dann war es wieder dunkel geworden.
Mit der Finsternis hatten die Albträume begonnen. Wilde Bestien mit bluttropfenden Zähnen und schwarzen Klauen hatten nach ihm geschlagen. Er hatte an sich herabgeschaut. Fell? Natürlich, er war eine Bestie. Eine hungrige Bestie.
Auf Befehl einer hypnotischen Stimme war er durch den Wald gelaufen und hatte sich die Beute ausgesucht. Er erinnerte sich endlich. Es war Vollmond, und die Frau war ihm entgegengekommen. Ein Glas war zu Boden gefallen. Doch der Inhalt erinnerte ihn an das, was er eigentlich war. Er war keine Bestie. Jemand hatte ihn belogen. Wütend hatte er das Glas aufgehoben und von sich geschleudert. Dann hatte sein Gehirn ausgesetzt.
Und jetzt spürte er diese erbärmliche Kälte, die ihn zu zerfressen schien. Sein Magen schmerzte, der Schädel pochte. Hinter den Augen und der Stirn hatte sich ein eisiges Band in seinem Kopf zusammengezogen. Seine Lider flatterten. Bunte Flecken tanzten in der Dunkelheit vor seinen Augen. Nachbilder des überreizten Gehirns. Er versuchte, den Weg der Lichtflecken zu berechnen, spürte, wie sich seine Augäpfel kreisend unter den Lidern bewegten, und dann schlug er endgültig die Augen auf …
… er befand sich in einer Hütte mit Holzwänden.
Es dämmerte in dem winzigen Raum.
War es Morgen oder Abend?
Ratlos schaute er sich um. Nur eine Matratze und stinkende Exkremente in einer Ecke. Er kannte diese Hütte nicht. Hatte sie noch nie gesehen. Wie war er nur hierhergekommen? Warum war er hier? Und warum hatte er im Traum ein Herz in den Händen gehalten, ein blutendes schlagendes Herz, das plötzlich schwarz und kalt geworden war.
Er sah auf seine zitternden Hände, seine schmutzigen, schwarzen Fingernägel, die Krallen, und sein Magen krampfte ohne Vorwarnung.
In einer heftigen Woge kotzte er gegen die Wand. Blutige, unverdaute Brocken rutschten an den Holzbrettern hinab. Er beobachtete ihren zähen Verlauf und begann, sich zu beruhigen …
Ich bin ein Mensch , dachte er, keine Bestie .
Wer auch immer mir das angetan hat, er wird dafür büßen!
23
Ein Waldstück nahe der Charité, 17:00 Uhr
D er Himmel war bewölkt. Keine Chance auf ein wenig Mondlicht, stellte Eva schaudernd fest. Das diffuse Licht der Großstadt schien diesen Teil Berlins auszulassen. Siebzehn Uhr, und man sah kaum noch etwas in dem unbeleuchteten Waldstück. Ein Schauer rieselte ihr über den Rücken. Eine weitere Leiche war gefunden worden. Vermutlich war der Täter auch dieses Mal die gesuchte Bestie von Berlin . So schnell ändern sich die Schlagzeilen, dachte Eva. Gestern noch die Wölfin von Berlin , heute die Bestie !
Sie parkte hinter einer Reihe Streifenwagen. Weiter hinten stand ein blinkender Feuerwehrwagen quer und blockierte die Zufahrt von dieser Seite. Ein Nebenweg, der normalerweise nicht befahren war. Eva vermutete, die
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