Lupus - Ankunft der Woelfe
frei?«
»Frei jibt et nich. Dann mach ick zu. Aba am Wochenende unterstützt mir meene Gabi. Sonst schaff ick det nich alleene«, fiel er ins Berlinerische und stellte ihm wortlos ein alkoholfreies Bier in der Flasche hin. »Jeht aufs Haus.«
»Entschuldigung, haben Sie meinen Kaffee vergessen?« Cube blickte auf die Flasche.
»Jibt keenen Kaffee. Die Maschine ist kaputt. Sehnse ja selbst.«
Cube nickte, nahm die Flasche hoch, wischte mit dem Ärmel über den Flaschenhals und nahm einen Schluck. Das Bier schmeckte merkwürdig nach Blech und war zu warm. »Sind Sie immer so nett zu Ihren Gästen?«, fragte er und stellte das Bier auf den Tresen.
»Nee. Hier trinkt sonst keener alkoholfrei. Und die Flaschen hab ick von der Brauerei als Werbung.«
Cube hakte den Wirt innerlich als Täter ab. Sein Ermittlerinstinkt müsste ihn schon arg täuschen, wenn das ein eiskalter Frauenkiller war. Nein, der Mann war bestimmt nicht der Typ, der fünf Jahre nach der Scheidung seine Ex zerfleischte und zwei Tage später seelenruhig Bier in der Kneipe zapfte. Frieder hätte jetzt sicher ein paar Einwände, aber der Profiler war in seinem überheizten Büro und nicht hier.
Mit einem gemurmelten »Danke« verabschiedete er sich und ließ das angetrunkene Bier stehen.
Auf dem Weg zum Auto ging er die wenigen Fakten durch, die sie hatten: eine tote Krankenschwester, die ab und zu etwas hatte mitgehen lassen, eine tote Ärztin, die niemand vermisste, weil sie drei Tage freigehabt hatte, und eine Maus mit einem Ohr auf dem Rücken. Komischer Zufall oder steckte mehr dahinter?
Er machte einen Abstecher zu seinem Loft. Direkt vor dem Hochhaus war der Kurzzeitparkplatz frei. Der Rover durfte hier fünfzehn Minuten stehen, dann würde der Housekeeper klingeln und ihn ermahnen. Die Nachbarn schliefen bereits. Der Wachmann am Eingang erkannte ihn und grüßte. Cube betrat den gläsernen Lift und fuhr ganz nach oben.
Als er das leere Loft betrat, brach ihm vor Kummer fast das Herz. Die für ihn ungewohnte und unübliche Unordnung, die herumliegenden Sachen auf dem Boden, der Geruch seines Hundes, der noch immer vertraut in der Wohnung hing, die braune Hundeleine am Eingang, all das schmerzte, und Cube war plötzlich froh über die bevorstehenden Sonderschichten.
Seinem Kleiderschrank entnahm er einen schwarzen Bademantel und Badelatschen. Ohne sich weiter in seiner Wohnung aufzuhalten, fuhr er zur Charité, zog den Mantel sowie die Schuhe aus, warf sich den Bademantel über, stieg in die Badelatschen und steckte sich eine Zigarette in den Mund. Schlurfend näherte er sich dem Raucher-Eck. Wie erwartet standen dort zwei Patienten, die nicht schlafen konnten. Und, da Rauchen im Krankenhaus verboten war, störte es sie offensichtlich nicht, dass sich ein dritter Patient dazugesellte.
Sie redeten von ihren Krankheiten und blickten zu Cube, als hätte er die ganze Zeit bei ihnen gestanden. Er grüßte höflich und sagte, er hätte Blasensteine. »Unangenehm, der Katheter bei der Untersuchung. Dieser lange Weg bei Männern …«
Der ältere der beiden Patienten nickte mitfühlend. Offensichtlich wusste er aus Erfahrung, wovon Cube sprach. Dann warfen sie die Kippen fort, schüttelten sich frierend und gingen zusammen mit Cube rein. Er fragte die Männer, ob sie die Urologen auch als so wenig mitfühlend empfunden hätten.
»Ja, besonders die große Blonde. Frau Doktor Skadi Löv!«, sagte der jüngere Mann.
Cube nickte. »Ja, zum Beispiel die!«
»Die ist ein Drache«, stimmte der ältere Mann zu. »Hat mir den Katheter … ach, lassen wir das.« Er verzog das Gesicht schmerzvoll, um seine Worte zu untermalen. »Hauptsache, es nützt was. Heutzutage kann man ja froh sein, wenn man überhaupt untersucht wird. Die Wartezeiten überall, und das alles nur wegen der Grippe letzten Winter.«
Mit quietschenden Gummisohlen lief die Nachtschwester vorbei. »Meine Herren, Sie müssen jetzt leise sein«, ermahnte sie die Rauchergruppe. »Und schließen Sie die Tür. Da draußen läuft ein Mörder herum.« Die Männer lachten. »Wollen Sie uns eine Gutenachtgeschichte erzählen?«
Die Nachtschwester machte ein ernstes Gesicht und drohte mit dem Zeigefinger. »Die Tür muss immer eingerastet sein, sodass kein Unbefugter von draußen hereinkommen kann. Haben Sie mich verstanden, meine Herren?«
Cube warf seine ungerauchte Zigarette in den Mülleimer. Die beiden Männer verzogen sich auf ihre Krankenzimmer. Vielleicht konnte er sich trotzdem noch
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