Lupus - Ankunft der Woelfe
arbeiten! Das lenkt dich ab. Oder hast du doch irgendwelche Grippe-Symptome?«
»Nein. Ich habe nichts. Ich bin nur wegen Sören so verheult.«
Das Telefon unterbrach ihr Gespräch. Cube blickte auf die Anzeige und erkannte die Durchwahl von Schiller. »Der Chef. Ich muss leider rangehen.«
Kyra zog ein weiteres Taschentuch hervor und schnäuzte sich erneut die Nase. »Mach schon, ich muss sowieso los. Ich suche mir eine kleinere Wohnung.«
»Viel Glück«, sagte er und meldete sich am Telefon mit einem gedehnten »Jaaa«.
»Kommen Sie zu mir ins Büro. Wir müssen dringend etwas klären«, sagte Schiller.
Cube kannte seinen Chef gut genug, um zu erkennen, dass Ärger anstand. Er rieb sich über das stoppelige Kinn. Plötzlich kam ihm die Luft in dem Großraumbüro extrem heiß und verbraucht vor. Ein paar Kollegen hatten sich wie so oft, wenn sie intensiv an einem schwierigen Fall arbeiteten, vor die Digitalwand gestellt und diskutierten die Hinweise, die sie zum Fall hatten. Ein gemeinschaftliches Mindmap. Alle Informationen und Eingaben waren akribisch mit Datum versehen, so konnte jeder mitverfolgen, wer was wann herausgefunden hatte.
Im Gang begegnete er Frantz. »Sag mal, du glaubst mir nicht wegen Bella, oder? Seit wann traust du mir nicht mehr?«
Frantz sah zu Boden, steckte die Hände in die Hosentaschen und schwieg.
»Rede mit mir!« Alexander musterte seinen Kollegen.
»Wie konntest du deinen Hund nur erschießen? Bist du verrückt geworden?«
Eine Tür am Ende des Ganges öffnete sich. Schiller steckte den Kopf heraus. »Cube, wo bleiben Sie denn? Ich kann nicht ewig warten.«
»Ich komme schon.« Er ließ Frantz stehen und eilte ins Büro.
Schiller trat an seinen riesigen Schreibtisch und setzte sich mit einem gequälten Räuspern. »Schließen Sie die Tür. Das ist ein persönliches Gespräch.«
»Ich bin gespannt.« Cube setzte sich auf den Besucherstuhl.
»Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden. Sie haben Ihren Hund mit der Dienstwaffe erschossen. Solange Sie nicht mit Frieder über Ihre psychische Belastung geredet haben, bleiben Sie im Innendienst.«
»Sie können allen Ernstes auf mich verzichten?« Er verzog den Mund zu einem spöttischen Grinsen. »Das glaube ich jetzt nicht. Wir sind doch sowieso schon chronisch unterbesetzt.«
»Ach, Cube, lassen Sie das! Sie und ich wissen, dass psychischer Druck nicht selten in unserem Beruf ist. Gehen Sie zu Frieder, reden Sie mit ihm, und lassen Sie sich helfen! Sie werden sehen, in ein paar Tagen …«
»Bella hat mich nicht wiedererkannt«, unterbrach er ihn. »Mir blieb doch nichts anderes übrig.«
»Haben Sie das Tier zum Abdecker gebracht?«
»Das konnte ich nicht. Ich habe sie im Wald beerdigt, dort, wo sie am glücklichsten war.«
Schiller hob abwehrend die Hände. »Genau das meine ich. Sie stehen unter psychischem Druck. Solange Sie im Innendienst sind, übernimmt Ole Baum Ihre Arbeit am Tatort. Baum weiß bereits Bescheid. Und reden Sie mit Frieder.«
Cube spürte, wie ihm vor Ärger die Farbe aus dem Gesicht wich. Im letzten Moment biss er sich auf die Unterlippe, bevor ihm ein bissiger Kommentar herausrutschte. »Kann ich jetzt gehen?«, presste er hervor.
27
Rechtsmedizin, 19:45 Uhr
E r hatte zu Hause Ordnung geschaffen, sich eine halbe Stunde Schlaf gegönnt, geduscht und rasiert, einen schwarzen Anzug angezogen und einen ebenso schwarzen dreifachen Espresso getrunken.
Als er in die Einfahrt zur Rechtsmedizin bog, hellte sich seine Stimmung wieder auf. Er quetschte sich an den Straßenrand neben die Schranke. Es war stockdunkel. Die meisten Straßenlaternen waren zerschlagen. Nur im Parkplatzhäuschen brannte Licht. Bis zum Treffen mit Doktor Palmer blieb ihm noch eine Viertelstunde Zeit. Also stieg er aus, lehnte sich an die Autotür und sah sich um. Zwischen dem braunen matschigen Laub lagen Plastikbecher und Papierfetzen. Ein Mülleimer war halb aus der Verankerung gerissen, der Inhalt lag zerwühlt auf dem Gehweg.
Er drehte sich weg, um dem Gestank zu entgehen, und dachte an sein bevorstehendes Treffen mit der Ärztin. Zweifelsfrei, sie war eine schöne Frau mit aufmüpfigem Geist und einem kleinen Silberblick. Er musste sich eingestehen, dass er sie mochte. Sehr sogar! Doch seit er Bonny so brutal verloren hatte, hatte er sich immer rargemacht, wenn ihm eine Frau zu nahe kam. Es würde auch dieses Mal nicht anders sein.
Erneut blickte er auf die Uhr. Noch zehn Minuten! Die würde er nutzen. Der
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