Lupus - Ankunft der Woelfe
schmerzhaft. Aber ich brauche einen klaren Verstand. Ich muss schneller sein als die, die mich suchen und mir nach dem Leben trachten. Eins, zwei … Es ist Jagdzeit.
Er drehte sich in dem altmodisch eingerichteten Raum mit den Eichenholzstühlen und dem Perserteppich-Imitat um und sah in zwei hübsche grüne Augen, die ihn aus angstgeweiteten Pupillen anstarrten. Langsam trat er an die Frau heran, streichelte mit sanften Fingern ihr Gesicht, ihre feuerroten Haare. Tränen liefen über ihre Wangen. Er wischte sie sanft ab.
»Dir wird nichts geschehen, meine Hübsche. Vorerst nicht.«
Aber reize mich nicht …
49
BEA-Klinik, 10:00 Uhr
C ube registrierte die sterile Ordnung des Raumes und blickte prüfend in die grauen Augen des Professors. Jegliches Leuchten war in ihnen erloschen. Kein Zweifel, Palmer sorgte sich um seine Tochter. Doch Cube konnte förmlich spüren, nein riechen, dass der Mediziner ihm auch etwas verschwieg. Adrenalin machte den Schweiß des Professors scharf. Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Mechanisch knetete der Mann seine Hände.
»Wann genau haben Sie das Verschwinden Ihrer Tochter bemerkt?«
»Eva wollte mich heute Morgen vor der Arbeit anrufen. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber meine Tochter ist zuverlässig.«
»In welcher Angelegenheit wollten Sie denn telefonieren?«
»Es kann nichts mit ihrem Verschwinden zu tun haben.«
»Überlassen Sie die Schlussfolgerungen mir. Also, was gab es so Wichtiges, das Sie heute Morgen noch vor der Arbeit mit Ihrer Tochter bereden wollten?«
»Sie hat mir versprochen, noch einmal darüber nachzudenken, ob sie an meine Klinik wechselt. Die Rechtsmedizin ist doch nichts für sie. Diese schrecklich zugerichteten Toten. Ich brauche Eva hier.«
Cubes sechster Sinn sagte ihm, dass Palmer log. Eva hätte ihm gegenüber eine Andeutung gemacht. So gut kannte er sie mittlerweile. »Ist Ihre Tochter nicht alt genug, das selbst zu entscheiden? Außerdem macht sie einen hervorragenden Job in der Rechtsmedizin«, provozierte er den Mann.
Der Professor schüttelte den Kopf. »Das war doch nur eine ihrer Launen. Eva sollte nichts mit so etwas Hässlichem wie dem Tod zu tun haben. Bei mir sterben keine Menschen. Wir verschönern sie. Unsere Patienten sind voller Leben und Schönheit.«
»Und vor allem Geld. Darum geht es doch, oder?«
»Natürlich behandeln wir nur Privatpatienten. Aber ich weiß nicht, was diese Anspielung soll.«
»Behandeln Sie eigentlich Genveränderte?«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Nun, die Medien überschlagen sich ja bereits.«
»Mehr weiß ich auch nicht.«
»Ach, kommen Sie, verkaufen Sie mich nicht für dumm. Sie haben hier tagtäglich mit Menschen zu tun, deren äußeres Erscheinungsbild Sie korrigieren sollen.« Cube wurde ärgerlich. Er erinnerte sich an das Gespräch mit der Patientin Constanze Bund. Aber das konnte er nicht preisgeben. Palmer durfte nicht erfahren, dass Eva ihm die Liste gegeben hatte. »Wie viele Ihrer Patienten haben eigentlich unerklärliche Genveränderungen?«, preschte er vor, um den Professor endlich aus der Reserve zu locken.
Palmer schwitzte. Mit lautem Knacken löste er die verhakten Finger, zog ein Taschentuch aus der Hemdtasche und tupfte sich damit über die Stirn. »Natürlich gibt es Krankheitsbilder, die ihre Ursachen in Genschäden haben. Das ist doch nichts Neues. Was wollen Sie eigentlich? Suchen Sie meine Tochter, und hören Sie auf, mir solche Fragen zu stellen.« Der Professor sprang auf, verschränkte die Hände auf dem Rücken und lief hektisch hin und her.
»Sie setzen also Ihre Tochter unter Druck, damit sie in Ihrer Klinik arbeitet?«
»Was erlauben Sie sich? Das tue ich natürlich nicht. Eva sollte mir lediglich bis heute Morgen Bescheid geben, ob sie es sich noch einmal überlegt. Ich habe ihr ein hervorragendes Angebot gemacht.«
Cube spürte, dass der Arzt ihm wichtige Details verschwieg. »Genauer!«, blaffte er unwirsch.
»Sie wäre für drei Jahre Juniorpartnerin geworden. Danach hätte sie die Leitung des Beauty-Bereichs übernommen, und ich wäre zurückgetreten.«
»In Ihrem Alter?« Cube musterte den Professor überrascht, den er auf Mitte, höchstens Ende Fünfzig geschätzt hatte. Der Professor sah bei weitem nicht aus, als stünde er kurz vor der Rente.
»Da staunen Sie? Ich bin fünfundsiebzig. Wird Zeit, dass ich mich zur Ruhe setze.«
»Dann haben Sie Ihr einziges Kind recht spät bekommen.«
»Mit Mitte Vierzig ist es doch nicht zu
Weitere Kostenlose Bücher