Lupus - Ankunft der Woelfe
melde ich mich. Danke, Frau Doktor Gart, Sie haben mir schon sehr geholfen.«
»Eva taucht doch wieder auf?«
»Ich werde sie finden!«
Während sie die Tabletts zur Ablage brachten, redete die Chirurgin leise weiter: »Stellen Sie sich vor, Evas Vater hat Professor Steinmeier angerufen. Er wollte die Kündigung seiner Tochter rückgängig machen. Er hat den Professor allen Ernstes gebeten, sie zu entlassen. Wie finden Sie das?«
Cube hielt ihr die Tür auf.
»Da fällt mir noch etwas ein«, setzte sie erneut an. »Vielleicht fragen Sie da auch mal nach. Eva hat anfangs in der Gehirnchirurgie, am Institut für Neuropathologie, assistiert und ist dann zur Herz-OP gewechselt, weil sie mit Professor Becker nichts zu tun haben wollte.«
Cube stutzte. »Hat Becker damals auch an der Neuropathologie der Charité gearbeitet?«
»Nein. Er macht nur Auftragsforschung für die Neuropathologie. Testet Medikamente. Alzheimer und Leistungssteigerung. Da gibt es Gemeinsamkeiten mit der BEA-Klinik. Die Abteilung gibt Forschungsarbeit an Externe ab. Bei der Pandemie letzten Winter hatten wir nicht nur Komapatienten, sondern auch Hirngeschädigte. Das dringt kaum an die Öffentlichkeit.«
»Und was hatte Eva nun gegen Professor Becker?«
Auf Garts Nasenwurzel entstand eine steile Falte. »Eva sagte, Becker sei ihr zu ehrgeizig.«
»Wissen Sie, was sie damit meinte?«
»Nein, aber ich fand es ungewöhnlich. Denn sie und ihr Vater sind ebenfalls sehr ehrgeizig. In diesen Dingen ist sie ihrem Vater nicht unähnlich.«
»Und warum ist Eva nicht in der Herzchirurgie geblieben? Obwohl Sie beide miteinander befreundet waren.«
»Eva ging es an die Nieren, wenn Menschen unter ihren Händen starben. Wir können nicht alle retten.«
»Verstehe.« Cube bedankte sich und ging zurück zum Auto. Diesen Becker müsste er sich vorknöpfen. Zu ärgerlich, dass er ausgerechnet heute in London einen Vortrag hielt. Wenn Eva diesem Mann aus dem Weg ging, dann musste mehr dahinterstecken. Woran erinnerte ihn dieser Name eigentlich? Steffen Becker?
51
Berlin Mitte, 13:15 Uhr
D ie Frontwischer bewegten sich wie ein Metronom hektisch hin und her. Cube beugte sich vor und wischte die beschlagene Scheibe mit einem Tuch ab.
Mistwetter, nichts für die Spurensicherung , dachte er zornig. Die Spuren an der Mauer konnte er endgültig vergessen. Sollte da irgendetwas Brauchbares gewesen sein, so war es jetzt zu einem triefenden Spurenmatsch zerlaufen.
Das Handy summte. Er schaltete die Freisprechanlage ein. »Ja?«
Frantz meldete sich. »Ole sagte, du brauchst einen Termin mit Timo Zweiter. Der Student ist jetzt in seiner Wohnung zu erreichen. Er erwartet dich.«
»Danke.«
Frantz nannte ihm die Adresse und legte auf.
Eine rauchige, whiskeygetränkte Frauenstimme aus dem Navi gab ihm Anweisung: »Süßer, an der nächsten Kreuzung rechts abbiegen!«
Cube durchfuhr eine gepflegte Wohngegend. Gründerzeithäuser säumten die Straße. Mehrmals bog er ab. Die Häuser wurden schäbiger. Müll stapelte sich in den Gossen. Das typische Bild vieler Viertel in Berlin, seit die Viruskatastrophe die Stadt finanziell ruiniert hatte.
Vor einem Mehrfamilienhaus mit überquellenden Tonnen erreichte Cube das Ziel, wie ihm sein Navi fröhlich mitteilte. »Tiger, du bist am Ziel. Die Party kann beginnen.« Er schüttelte den Kopf. Das Navi war eine Fun-Version, die ihm Frantz zu seinem letzten Geburtstag geschenkt hatte. Die Erinnerung versetzte ihm einen Stich. Sie waren gute Freunde, waren oft mit den Hunden im Wald gewesen – und Bella hatte noch gelebt.
Er parkte und stieg aus. Ein rostiger Fahrradrahmen lehnte angekettet an einem Zaun. Reifen und Sattel fehlten.
Die Namen auf den Klingelschildern waren verwaschen oder überklebt. Timo Zweiter war der zweite von oben. Das passt ja , dachte Cube, drückte den Klingelknopf und wartete auf das Geräusch der Sprechanlage.
»Hallo, wer ist da?«
»Kripo Berlin. Ich wurde angekündigt.«
»Ich wohne ganz oben!«
Der elektrische Türöffner summte. Cube lief die Treppe hinauf. Im Treppenhaus roch es nach Putzmitteln und indischen Gewürzen. Die Treppenstufen glänzten frisch gewischt. Ein blasser Mann mit dunkler Hornbrille öffnete die Wohnungstür einen Spaltbreit.
»Sie wurden angekündigt, aber kann ich trotzdem Ihren Ausweis sehen? Es hätte ja jeder anrufen können.«
»Selbstverständlich.« Cube zog das Plastikkärtchen aus der Jackentasche. »Sie waren vermisst gemeldet, ich hätte dazu noch
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