Lust auf Lust: Intime Geständnisse
die mir eigentlich gar nicht leidtun.
Wir reden weiter und fangen wieder ganz von vorne an, er wütend, ich bettelnd. Wir kommen nicht voran. Ich kapiere nichts mehr, Worte werden verdreht, Sätze nicht verstanden, Fragen bleiben unbeantwortet. Ich weiß nicht mehr, worum es eigentlich geht, gerate in Verwirrung, verliere den Faden. Ich rudere zurück, weiß nicht mehr, ob die Prinzipien, die ich da preisgebe, wichtig für mich sind. Ich habe vergessen, was angemessen ist, was vernünftiges Verhalten ist, was geht und was nicht. Ich habe den Draht zu meinem Gerechtigkeitsgefühl verloren. Ich weiß nicht mehr, wer jetzt Recht hat, wer sich hier komisch verhält und woran das eigentlich liegt.
Er macht weiter, bleibt böse, und dann ist bei mir plötzlich auch der Ofen aus. Seine Sturheit fordert meine heraus. Meine Wut flammt wieder auf, vermischt mit einem scheußlichen Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Frust. Ich fange an zu schreien und flippe dabei völlig aus. Ich spüre, dass die Distanz größer wird, aber ich kann mich nicht mehr bremsen. Wir wollen nicht mehr zuhören, wir wollen nicht mehr verstehen, und wir wollen uns keine Mühe mehr geben. Während meiner Tirade frage ich mich verzweifelt, warum ich hier bin, was ich hier tue. Wenn ich ihn ansehe, spüre ich nur eine beängstigende, blinde Wut.
Er sagt jetzt überhaupt nichts mehr. Aus purer Erschöpfung bin ich auch kurz still. Ich lege den Kopf auf das Kissen. Auf einmal ist es völlig still. Wir starren alle beide mit leerem Blick zur Decke. Ich fühle, wie mein Zorn verfliegt. Es ist leer in meinem Kopf. Ich weiß beinahe schon nicht mehr, warum ich eigentlich wütend war. Warum es anfing. Ich sehe ihn an und spüre keine Wut mehr. Ich sehne mich nach ihm. Ganz schrecklich. Ich spüre es beinahe körperlich. Ich will ihn berühren. Ich will, dass er mich berührt. Ich will, dass er mich wieder lieb hat. Ich will bei ihm sein.
Vorsichtig und zögernd lege ich ihm die Hand auf den Arm. Keine Reaktion. Dann lege ich meinen Kopf auf seine Brust. Langsam merke ich, dass er sich entspannt. In der Stille ist auch sein Zorn verflogen. Seine Hand beginnt vorsichtig, mein Haar zu streicheln. Ich bin überwältigt von dem Gefühl von Freude und Glück, das mich bei dieser Bewegung durchströmt. So ist es gut. Wir sollten nicht miteinander reden, sondern uns nur streicheln.
Wir wärmen uns gegenseitig in der schönen, friedlichen Atmosphäre nach dem Streit. Es ist wieder gut. Besser denn je. Ich will spüren, dass wir zusammen sind, dass er das auch will. Ich kann es kaum glauben, dass ich gerade eben noch die Dinge gesagt und gedacht habe, die ich ausgesprochen und gefühlt habe. Aber ich weiß, dass das ›gerade eben‹ genauso wirklich war, wie es das ›jetzt‹ auch ist.
Dessous
G espannt schaut der Typ im Bett zu, wie ich mich ausziehe. Ich gebe mir zwar Mühe, mich der Textilien so anmutig wie möglich zu entledigen, probiere aber, keinesfalls meine Hüften im Takt der Musik zu bewegen - ich mache hier schließlich keinen Striptease. In dem Fall würde ich natürlich ein paar Tricks aus der Kiste holen. Aber plötzlich sehe ich, wie sich seine Miene verändert: von gespannter und anerkennender Erwartung zu Verblüffung und Enttäuschung. Ich blicke an mir hinunter. Ich habe tatsächlich mit großem Trara einen schwarzen wattierten Spitzen-BH und darunter große weiße Oma-Boxershorts enthüllt. Die Kombination hat eine verblüffend lächerliche Wirkung. Der sexy BH hebt sich scharf vom Weiß der biederen Unterhose ab. Ich kratze mit einiger Mühe meine Würde und meinen ganzen Sex-Appeal zusammen und springe schnell ins Bett. Unter der Decke sieht man es ja doch nicht mehr.
Ich kaufe aus Prinzip keine Dessous. Ich bin Dessous-Atheistin. Ich glaube nicht an Dessous. Der Grund: Man zieht sie ja doch wieder aus. Sie sind sündhaft teuer, und man zieht sie ja doch wieder aus. Sie sitzen nicht richtig bequem, also zieht man sie ja doch wieder aus. Die Farben lassen sich nur schwer kombinieren, aber man zieht sie ja doch wieder aus. Die Nutzlosigkeit des ganzen Produkts ist so überdeutlich, dass ich beschlossen habe: Das ist eine Marotte, bei der ich nicht mitmache. Mein Tag wird noch kommen, der Tag, an dem jeder sagen wird: »Dessous , that’s so two weeks ago.« An dem die kleinen Spitzen-Strings, die seegrünen Satin-BHs und die engen Pantherslips massenweise auf Halbmast gehängt werden und jeder befreit ist von dem Leid, das Dessous
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