Lust de LYX - Gesandter der Sinne (German Edition)
schaute sie sich mit großen, sehr wachsamen Augen im ganzen Raum um.
Er hob das Kleid vom Boden auf, wo sie es letzte Nacht hingeworfen hatte, und reichte es ihr, dabei versuchte er, sich seine eigene Furcht nicht anmerken zu lassen. »Ich werde heute kämpfen.«
Mit dem Kleid um ihren Hals hielt sie in ihren hektischen Bewegungen inne. »Was?« Ihr Blick zuckte zu der Wunde an seiner Seite, die noch immer gerötet und gereizt, aber dank ihr zum Glück geschlossen war. »Du bist noch geschwächt von deiner Verletzung. Sie können dich noch nicht dazu zwingen. Sie –«
»Können tun, was immer ihnen beliebt.« Nasir half ihr, das Kleid nach unten zu ziehen. »Ich bin nur ein Sklave, du erinnerst dich?«
»Aber –«
Er nahm ihre Hände, bevor sie aus dem Bett stürzen konnte. »Es ist mein Job, rouhi .«
Ihr Blick wurde hart, und Nasir beobachtete, wie sich wilde Entschlossenheit auf ihre makellosen Züge legte. »Dann bring sie um. Bring jeden einzelnen Mann um, den sie zu dir in die Arena schicken.«
Allah, wie er diese Frau liebte. Die Frage, ob , stellte sich noch nicht einmal mehr. Es spielte auch keine Rolle, dass sie Ghul und er Marid war, oder dass sie sich erst wenige Tage kannten. Nasir liebte sie mehr, als er je zuvor irgendjemanden geliebt hatte. Und er wusste ohne jeden Zweifel, dass er die richtige Entscheidung traf. »Du musst mir einen Gefallen tun.«
»Welchen?«, fragte sie leise.
Er atmete tief durch, in der Hoffnung, daraus Kraft zu schöpfen, doch in der Stille, die sie umfing, merkte er, dass das überflüssig war. Denn er hatte sie längst aus Kavin bezogen. »Sollte mir irgendetwas zustoßen, wird Malik den Feueropal an sich nehmen. Was immer auch danach geschieht, tu exakt das, was er dir sagt.«
»Ich verstehe nicht.«
Nein, natürlich nicht. Und Nasir konnte es ihr nicht erklären. Denn wenn er das täte, würde sie versuchen, ihn aufzuhalten. Er drückte ihre Hände. »Versprich mir einfach, dass du tun wirst, was er sagt.«
»Nasir –«
Schritte hallten durch den Korridor, dicht gefolgt von Stimmengewirr.
Nasirs Herzschlag beschleunigte sich. Ihm lief die Zeit davon. Der einzige Luxus, von dem er bisher überreichlich gehabt hatte.
Er beugte sich vor und küsste Kavin, als ihr furchtsamer Blick zur Tür huschte, dann legte er die Stirn an ihre. »Du hattest recht damit, dass ich es verabscheue zu töten. Es ist das, was ich hier am meisten hasse. Doch für dich will ich es tun. Für dich würde ich alles tun. Ich kann dir gar nicht genug dafür danken, dass du mich vom Rand des Abgrunds zurückgeholt hast.«
Tränen sammelten sich in ihren Augen, während die Stimmen draußen lauter wurden. Sie strich mit der Hand über seine Wange. »Oh, Nasir. Ich –«
Er ließ sie nicht aussprechen, sondern legte die Lippen auf ihre, als der Schlüssel in der Tür klimperte, und küsste sie ein letztes Mal. Saugte sie in seinen Geist, sein Herz und seine Seele, wo die Erinnerung an sie für immer weiterleben würde. Unter Aufbietung seiner ganzen Willenskraft stemmte er sich vom Bett hoch und durchquerte die Zelle. Brachte sich auf Abstand zu ihr, auf Abstand zu den neugierigen Blicken Dritter, denn er wollte ihren letzten gemeinsamen Moment mit niemandem teilen.
Nasir sah, wie sie sich die Tränen von den Wangen wischte, bevor sie die Schultern straffte und schweigend zur Tür starrte. Er erinnerte sich an das, was sie ihm letzte Nacht erzählt hatte: dass sie sich für das Sklavenmädchen geopfert hatte, das von diesem verrohten Hochgeborenen bedroht worden war.
Kavin war stärker, als Nasir ihr bei ihrer ersten Begegnung zugetraut hätte. Und in vielerlei Hinsicht – in jeder, auf die es ankam – sogar zäher als er, denn sie würde sich, was auch geschehen mochte, niemals auf die Weise verlieren, wie er es getan hatte.
Ehrfurcht erfüllte ihn. Ehrfurcht und Staunen und Stolz. Nasir musste lächeln. Er hatte ihr nichts zu bieten, und sie hatte keinen Grund, ihn zu lieben, trotzdem tat sie es. Er war ein glücklicher Mann, allein weil er sie kennengelernt hatte.
Die Tür ging auf, und sein Lächeln erstarb. Der Wärter trat beiseite, und andere Personen wurden hinter ihm sichtbar. Sein mu’allim . Die Sklavin, die Kavin mehrfach besucht hatte. Und schließlich dieses Arschloch von einem Hochgeborenen, dem sie gehörte.
Der harte Blick des Mannes flog von Nasir, der an der Wand neben dem Badebecken lehnte, zu Kavin. Als er ihr zerwühltes Haar und den Abdruck an ihrer Wange
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