Lust de LYX - Träume der Sehnsucht (German Edition)
loszulassen.
Geduld,
mahnte er sich,
noch nicht.
Es brauchte viel Beherrschung, aber er wartete ab. Der Spalt wurde größer, er konnte Keiths Gesicht dahinter erkennen, doch der blonde Mann hatte den Blick auf die Klinke gerichtet. Jetzt!
Mit aller Kraft warf er sich gegen die Tür, prallte gegen das kühle harte Material, und für einen Moment fürchtete er, dass er nicht stark genug war, um sie aufzustoßen. Dann aber spürte er endlich, wie der Widerstand schwand und die Tür nachgab. Keith hatte nicht mit einem solchen Angriff gerechnet, Nolan sah es deutlich in seinem Gesicht, als er sich durch den immer größer werdenden Spalt zwängte. Der Hüne hatte die Hand noch an der Klinke, aber der Stoß hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Es würde mindestens eine halbe Sekunde dauern, bis er es wiedergefunden hatte; nicht viel Zeit, aber genug, um aus der Zelle zu entkommen und vielleicht sogar etwas Abstand zwischen sie beide zu bringen.
Nolan stieß mit dem Arm noch einmal gegen die Tür, um den Spalt zu vergrößern – und plötzlich war er frei. Vor ihm lag ein Gang, dessen Wände, Boden und Decke aus kaltem, unbemaltem Beton bestanden. Die Wände waren schwarz – durch Feuchtigkeit oder etwas anderes, das Nolan nicht benennen konnte. Das wenige Licht der Deckenlampen wurde nahezu vollständig verschluckt. Nach dem grellen Licht in der Zelle hatte Nolan Schwierigkeiten, sich an das Halbdunkel zu gewöhnen, aber er vertraute einfach darauf, dass der Gang frei war. Ohne wirklich etwas zu sehen, stürmte er los, blindlings den Gang hinunter.
»Draoidh!«, hörte er Keith brüllen, und der Laut hallte von den kargen Wänden wider, verwandelte das Brüllen in das Heulen eines Wolfs. Nolan rannte schneller, einfach weiter den Gang hinunter, das Heulen und die Schritte seines Jägers im Ohr. Der Flur wies mehrere Knicke auf, und Nolan folgte ihnen, Haken schlagend wie ein Kaninchen. Seine Augen gewöhnten sich langsam an das schwache Licht, und er suchte fieberhaft nach einem Ausgang.
Immer näher kamen Keiths Schritte, und auch wenn Nolan durch seine langen Beine einen beträchtlichen Abstand zwischen sich und seinen Verfolger gebracht hatte, holte der Hüne unerbittlich auf. Nolan spürte seine geschundenen Knie, sein Kopf hämmerte, aber er konnte nicht langsamer werden.
Schließlich blieb sein Blick an einer dunklen Nische zu seiner Linken hängen. Er schlug einen weiteren Haken und sprang hinein. Sein Atem ging schnell, und er bemühte sich, möglichst flach zu atmen, in der Hoffnung, dass Keith an ihm vorbeilaufen würde.
»Ich finde dich, Draoidh!«, drohte Keith Stimme.
Durch den Hall vermochte Nolan nicht genau einzuschätzen, wie nah sein Jäger ihm schon war. Er konnte direkt vor der Nische stehen oder noch fünfzig Meter entfernt sein. Egal, wie … was war das?
Nolan hatte sich rücklings gegen die Wand gepresst und in seiner Panik nicht bemerkt, dass ihm etwas scharf in den Rücken drückte. Er wollte den Gang nicht aus den Augen lassen; sollte Keith ihn stellen, wollte er nicht wie ein Feigling mit dem Rücken zum Gegner überwältigt werden – also tastete er blind nach dem Gegenstand. Es fühlte sich an wie ein Kästchen mit scharfen Ecken und einer glatten Oberfläche, wie Glas. Hatte er womöglich endlich einen Ausgang gefunden? Nolan riskierte es, sich umzudrehen. Er streckte die Hand nach dem Kästchen aus, und die Glasoberfläche leuchtete auf, als er es berührte. Erstaunt hob er die flache Hand und presste sie versuchsweise auf das Glas. Ein leises Klicken ertönte, und das, was er bisher für eine Wand gehalten hatte, glitt zur Seite und offenbarte ihm einen Durchgang.
»Draoidh!«
Nolan wirbelte herum; Keith stand genau hinter ihm, und selbst im Halbdunkel konnte er durch das leuchtende Glaskästchen sein Gesicht erkennen. Mehr denn je glich Keith einem Raubtier, bereit anzugreifen.
Nolan drehte sich um und rannte los; Keith dicht auf den Fersen. Dessen Knurren verwandelte sich in wütende Flüche, und als Nolan es wagte, einen Blick über die Schulter zu werfen, sah er auch, wieso. Die Wand war wieder zurückgeglitten und versperrte Keith den Weg. Nolan konnte nur hoffen, dass die Tür geschlossen blieb, aber vorsichtshalber rannte er weiter. Erst als er auch nach einigen Metern nichts hörte, blieb er stehen. Der Gang hinter ihm war leer.
Er sank in die Knie und rang pfeifend nach Luft – er war tatsächlich entkommen. Keuchend fuhr er sich mit der Hand durch die kurzen
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