Lust und Gefahr
einsamen Insel? War sie vollkommen verrückt geworden?
In Charleston kam es zu einer weiteren Verspätung – diesmal witterungsbedingt. Schließlich sollte sie dann mit einem Hubschrauber auf die Insel gebracht werden. Gerard verabschiedete sich noch am Flughafen von ihr. »Mr. DeLuca erwartet Sie auf der Insel.«
Als der Abend dämmerte, landeten sie auf einem breiten Strandabschnitt. Ihr stockte der Atem, als sie Max erblickte.
Er war lässig gekleidet, trug eine abgetragene Jeans, ein Polohemd und abgelaufene Segelschuhe. Sein dunkles Haar war offen, und er hatte einen Bartschatten. Kurz gesagt: Er sah … gefährlich aus.
Er half ihr, von Bord zu klettern, zog sie an sich und hob ihre Hand an seinen Mund. Behutsam hauchte er einen Kuss auf ihre Fingerspitzen, hielt ihre Hand dann fest und strich mit dem Daumen leicht über ihre Haut. Sie spürte die Berührung wie einen elektrischen Schlag, der sie bis in die Zehenspitzen erfasste. »Wie geht es dir?«
»Mir geht es gut«, schwindelte sie. Tatsächlich bin ich kurz davor durchzudrehen, danke.
»Es tut mir leid, dass ich dich nicht früher treffen konnte. Mein Flug war schon unterwegs, als ich erfahren habe, dass du aufgehalten worden bist.«
Der Hubschrauber wirbelte Unmengen an Sand auf, als er abhob und sie allein ließ. Max hatte ihr Gepäck bereits auf einen Golfwagen geladen. Bevor sie etwas erwidern konnte, hob er sie auf die Sitzbank.
»Danke.« Es war ihr egal, ob es vielleicht altmodisch war, doch ihr gefiel es, wenn Max sie festhielt.
»War mir ein Vergnügen. Hat Gerard nicht gesagt, dass du deinen Fuß einen oder zwei Tage schonen solltest?«
»Das habe ich gestern schon getan.«
»Komm, mir zuliebe.«
Die breiten Reifen des Fahrzeugs hatten keine Schwierigkeiten im Sand, als Max den Wagen an der südlichen Spitze der Insel entlanglenkte. Im schwächer werdenden Licht der Abenddämmerung war es schwierig, etwas zu erkennen. Die vielen Bäume überraschten sie. Soweit sie es sehen konnte, schützten dichte Kiefern den größten Teil des Besitzes. »Das Haupthaus liegt direkt vor uns«, sagte Max. »Gegenüber vom Bootsanleger.«
Am Anleger war auf der einen Seite ein großes Schnellboot vertäut, auf der anderen lag ein Segelboot.
»Wie viele Häuser gibt es auf der Insel?«
»Vier. Das große und drei kleinere. Zwei davon sind Gästehäuser, die am anderen Ende der Insel liegen. Sie stehen im Augenblick leer. Wir haben die ganze Insel für uns allein – wenn man einmal von Tyler, unserem Verwalter, und seiner Frau Maria absieht. Sie leben im dritten Haus. Maria hält das Haus in Ordnung und kocht. Du wirst sie vermutlich trotzdem kaum zu Gesicht bekommen. Unsere Familie hat die beiden schon vor Jahren eingestellt – ich vertraue ihnen blind.« Max blickte sie an. »Ich möchte, dass du weißt, dass du dich hier sicher fühlen kannst.«
Seine Worte und seine Ehrlichkeit berührten sie. Aber interpretiere nicht zu viel hinein, ermahnte sie sich selbst. Das Haupthaus war ein zweigeschossiges Cape-Cod-Holzhaus mit einer Veranda und einer Terrasse, die sich an das Erdgeschoss anschlossen. Da Max darauf bestand, besichtigte Ellie zuerst das Erdgeschoss, während er sich um ihr Gepäck kümmerte. Was sie sah, überraschte sie. Sie hatte eine geschmacklose, einem Bordell ähnliche Macho-Höhle inklusive nackter Skulpturen und verspiegelter Wände erwartet. Doch stattdessen war das Haus, tja … gemütlich.
Farne und duftende Orchideen standen überall. Eine Flügeltür führte in eine Bibliothek. Dieser Raum – ein langes Rechteck – besaß an einer Seite eine Glastür und einen Zugang zum Hof. Ihr fielen die sachkundigen Details auf – der wertvolle Teppich, die Aquarelle, bei denen es sich offensichtlich um Originale handelte.
Die Aussicht war spektakulär: das offene Meer. Ein riesiger Mahagonischreibtisch dominierte das eine Ende des Raumes. Ein Aktenkoffer und ein Laptop standen auf der glänzenden Oberfläche. Gehörten sie Max? Hinter dem Schreibtisch war noch eine Glastür, die zu einem Swimmingpool führte. Durch die Gestaltung des Arbeitsbereiches konnte man auf den Ozean und zum Pool blicken. Eine Wand des Raumes wurde vollkommen von Bücherregalen eingenommen. Sie überflog die Titel. Es war eine Sammlung von wertvollen, in Leder gebundenen Klassikern. Wieder etwas, das sie so nicht erwartet hätte. Die Buchrücken waren jedoch makellos. Offensichtlich also alles nur Show, dachte sie bei sich. Wie schade.
Sie ging zu einem
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