Lust und Gefahr
stillen, während Sie mit den Polizisten reden.« Es dauerte nicht lange, bis Ellie ihre Aussage zu Protokoll gegeben hatte. Es war ernüchternd zu sehen, dass der Vorfall nur wenige Minuten gedauert hatte. Die Erinnerung, die Angst aber würde sie niemals vergessen. Unsicherheit nagte an ihr. Was hätte sie getan, wenn Max heute Nacht nicht aufgetaucht wäre? Wäre ihr die Flucht gelungen? Sie wollte es gern glauben, doch zu hören, wie der Polizist die Geschehnisse zusammenfasste, hatte sie verstört. Der Strom im Haus war mit Hilfe des Hauptschalters abgestellt worden.
»Die Alarmanlage außer Gefecht zu setzen war keine Schwierigkeit, da es sich um ein älteres Modell handelt«, erklärte der Polizist. »Der Mann hat sich die Werkzeuge, um das zu bewerkstelligen, vermutlich übers Internet beschafft. Sie sollten die Alarmanlage auswechseln lassen.«
Sie nickte. »Glauben Sie mir, nach dieser Nacht werde ich alles auf den neuesten Stand bringen lassen.«
»Nach dem, was Sie uns erzählt haben, gehe ich davon aus, dass Ihnen jemand von New York hierher gefolgt ist«, fuhr der Polizist fort. »Wenn Sie nach Hause kommen, sollten Sie die dortige Polizei verständigen. Sagen Sie ihnen, was geschehen ist.«
Max trat zum Sofa, nickte dem Polizisten zu und setzte sich dann zu Ellie auf die Couch. »Wie geht es deinem Fuß?«
»Er pocht.« Wie ihr Kopf. »Könnte aber schlimmer sein.«
»Warum fährst du nicht mit Gerard zurück nach Boston? Wenn die Polizei hier fertig ist, werde ich das Haus abschließen und ebenfalls nach Boston kommen.«
Sie wollte etwas erwidern, hielt dann jedoch inne und blickte sich um.
Hierzubleiben stand nicht mehr zur Diskussion. Und wenn sie schon ins Penthouse zurückkehrte, wollte sie lieber vor Max dort eintreffen, um ein bisschen Zeit zu haben und sich zu sammeln.
»Ich sehe dich dann in Boston.«
Als sie zurück im Penthouse war, rollte Ellie sich auf dem Sofa zusammen. Sie war körperlich und seelisch vollkommen erschöpft. Ich schließe nur kurz meine Augen und warte auf Max …
Als sie wieder aufwachte, fiel helles Sonnenlicht durch die Terrassentür. Sie wollte ihren Fuß auf den Boden setzen, doch ein dumpfer Schmerz durchzuckte ihr Bein. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es bereits nach zehn war. Enttäuschung durchströmte sie, als sie spürte, dass Max noch nicht zurückgekehrt war. War irgendetwas schiefgelaufen? Oder hatte er es sich wegen ihres Deals noch einmal anders überlegt?
Oder hatte sie selbst Zweifel?
Nein. Nicht wirklich.
Ihre Gründe, warum sie sich wünschte, Max wäre da, waren vielschichtig. Verworren. In der vergangenen Nacht hatte sie sich bei ihm geborgen gefühlt – und sie war sich nicht sicher, ob ihr das gefiel. Sie hatte sich bewusst dazu entschlossen, allein zu leben, und die Ereignisse im Strandhaus hatten ihr gezeigt, wie selbstverständlich für sie ihre persönliche Freiheit und Sicherheit bisher gewesen waren. Verdammt, sie würde nicht zulassen, dass irgendein Mistkerl ihr das nahm!
Und dann war da noch diese andere Sache. Max wollte eine Woche. Zuerst hatte sie sich geschmeichelt gefühlt, weil er einen Tag offenbar für zu kurz hielt. Doch sieben Tage reichten ihm? Sie runzelte die Stirn.
Ein Piepen riss sie aus ihren Grübeleien. Im ersten Moment wusste sie nicht, was es war. Ach, ihr Handy. Aber wo war es bloß? Sie erhob sich vom Sofa, doch ihr verletzter Fuß behinderte sie. Als sie das Telefon schließlich gefunden hatte, hatte sie den Anruf längst verpasst.
Das Display blinkte und zeigte an, dass sie eine Nachricht auf ihrer Mailbox hatte.
Zunächst prüfte sie die Telefonnummer des Anrufers. Es war Max. Sie hörte sich seine Nachricht an. Er klang müde.
»Ich bin zurück in New York. Eine dringende geschäftliche Angelegenheit ist mir dazwischengekommen, und ich bin direkt zum Flughafen gefahren. Gerard hat die Anweisung, dich nicht aus den Augen zu lassen. Wenn du ein Problem damit haben solltest, sag es mir. Nicht ihm. Ich rufe später noch mal an.« Sie wollte gerade auflegen, als sie hörte, dass Max’ Nachricht noch weiterging. »Ich freue mich wirklich auf unsere gemeinsame Woche, El.«
Diese letzten Worte ließen die Verärgerung dahinschmelzen, die sie angesichts seiner Eigenmächtigkeit überkommen hatte. Dennoch war sie enttäuscht, dass er ihr nicht verraten hatte, wie lange er in New York sein würde. Letzte Nacht hatte er ihr versprochen, dass sie die Details ihres Deals später besprechen würden.
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