Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
das Schweigen anscheinend zu bunt
wurde.
Büttner schnaufte. „Was wir
dürfen und was nicht, muss ich mir von Ihnen nicht sagen lassen, Herr
Fehnkamp.“ Er sah sein Gegenüber aus zusammengekniffenen Augen an. „Überhaupt
werden Sie in Zukunft nicht mehr allzu viel zu sagen haben. Wissen Sie, im
Knast gibt es ganz klare Hierarchien. Als Mörder eines jungen Musiklehrers
würden Sie bei Ihren Kollegen vielleicht einen gar nicht so schlechten Stand
haben. Aber ich bezweifle, dass sie Ihnen durchgehen lassen, dass Sie Frau und
Tochter geprügelt haben. Denn Gewalt gegen Frauen und Kinder, hm, das kommt bei
diesen Herren eigentlich gar nicht gut an.“ Büttner lehnte sich zurück und
verschränkte die Arme. „Ihrer Frau und Ihrer Tochter gönne ich das ja von
Herzen. Sie werden endlich ihr eigenes Leben leben, ohne sich von Ihnen und
Ihren Minderwertigkeitskomplexen tyrannisieren lassen zu müssen. Magdalena ist
da bereits auf einem wunderbaren Weg. Es ist ganz unglaublich, welch positive
Entwicklung sie in den letzten Tagen und Wochen gemacht hat.“
„Lassen Sie meine Tochter aus dem
Spiel!“, donnerte Fehnkamp und ließ seine Faust krachend auf den Tisch
niederfahren, was ihm eine erhöhte Aufmerksamkeit des an der Tür stehenden
Polizisten einbrachte. Büttner aber blieb ganz entspannt.
„ Sie haben Ihre Tochter
gerade erst durch Ihr absolut inakzeptables Verhalten ins Spiel gebracht“,
sagte er gleichmütig. „Sie könnten jetzt längst zuhause sitzen und in Ruhe eine
Tasse Tee trinken.“ Büttner beugte sich vor und fuhr dann leise fort: „Sie
haben’s vermasselt, Fehnkamp, Sie ganz allein.“ Er klopfte sich einen
imaginären Fussel vom Ärmel seines Jacketts. „Interessiert Sie eigentlich gar
nicht, wie es Ihrer Frau geht? Sie haben noch nicht ein einziges Mal nach ihr
gefragt.“
„Wie geht es ihr?“, brummte
Fehnkamp.
„Sie erholt sich gerade von den
Prügelattacken ihres Mannes. Es geht ihr den Umständen entsprechend gut. Danke
der Nachfrage.“
Büttner beschloss, dass jetzt der
Zeitpunkt gekommen war, sein Gegenüber mit den neu aufgetretenen Fakten zu
konfrontieren. Er warf Sebastian Hasenkrug einen schnellen Blick zu, der ihm
bedeuten sollte, jetzt besonders wachsam zu sein. Dann schob er Fehnkamp den
Zeitungsausschnitt hinüber, den er bis zu diesem Zeitpunkt verdeckt unter einer
Akte hatte liegen lassen.
„Sagt Ihnen dieser Artikel irgendwas?“,
fragte er lauernd.
Onno Fehnkamp nahm den
Zeitungsausschnitt in die Hand und schaute ihn teilnahmslos an. Dann zuckte er
mit den Schultern. „Keine Ahnung, was das mit mir zu tun hat.“
„Sie erkennen aber den jungen
Mann, der auf dem Foto abgebildet ist.“
„Natürlich. Das ist dieser
Raffael Winter, dieser, dieser ...“ Fehnkamp verstummte.
„Ganz richtig. Der Artikel
erschien zum einjährigen Bestehen seiner Musikschule. Und haben Sie auch
gelesen, was da am Rand steht, mit roter Tinte geschrieben?“
Fehnkamp schaute noch einmal hin
und sagte verächtlich: „ Mann meiner Träume steht da. Mit einem albernen
Herzen daneben. Pah! Jungmädchenquatsch! Aber nun ist dieser Saukerl ja tot und
Magdalena wird wieder zur Vernunft kommen.“ Er schob den Artikel zu Büttner
zurück.
„Das ist kein Jungmädchenquatsch,
wie sie es ausdrücken, Fehnkamp.“ Büttner lächelte genüsslich, bevor er sagte:
„Es sei denn, Sie bezeichnen Ihre Frau als junges Mädchen. Das steht Ihnen als
Ehemann natürlich frei.“
Volltreffer! Onno Fehnkamp war
angesichts dieser Bemerkung so perplex, dass er sogar vergaß zu schreien und
den Tisch mit seiner Faust zu bearbeiten. Er saß lediglich mit offenem Mund da,
was ihn nicht eben intelligenter aussehen ließ.
„So. Und nun zeige ich Ihnen noch
das Tagebuch Ihrer Frau. Hm“, Büttner drehte das kleine, rot gemusterte
Notizbuch in den Händen, „oder sagen wir lieber, den Kummerkasten Ihrer Frau.“
„Meine Frau hat kein Tagebuch
geführt!“ Onno Fehnkamp hatte sich allem Anschein nach von der Überraschung
erholt, seine Stimme hatte wieder ihren gewohnt autoritären Klang angenommen.
„Es freut mich ja zu hören, dass
es Ihrer Frau trotz Ihres Kontrollwahns gelungen ist, etwas vor Ihnen geheim zu
halten.“ Mit diesen Worten legte Büttner seinem Verdächtigen das Notizbuch vor
die Nase. „Lesen Sie die letzten zwei Seiten, das reicht“, wiederholte er
Magdalenas Worte.
Der Effekt war beeindruckend. Mit
jedem Satz, den Fehnkamp las, fiel nicht nur sein Unterkiefer tiefer
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