Lustbeweise
ihn setzen wollten. Marcs Beförderung zum Marketing-Chef hatte ich einfach nicht nachvollziehen können. Dies lag allerdings nicht zuletzt daran, dass ich mir selbst Hoffnung auf diesen Job gemacht hatte. Was hatte dieser eingebildete Affe schon vorzuweisen außer einem zugegeben recht attraktivem Äußeren?
In diesem Moment rissen mich die Worte meines direkten Vorgesetzten aus meinen bitteren Gedanken.
„Danke Alina für diese Zusammenfassung. In der letzten Zeit haben wir es in der Tat versäumt, uns darum zu kümmern, neue Kunden zu akquirieren. Ich darf euch jedoch eine freudige Nachricht überbringen: Marc Richter ist es gelungen, einen neuen Auftrag an Land zu ziehen.“
Herr Schäfer machte eine bedeutungsvolle Pause und alle Blicke waren auf Marc gerichtet. Der blickte gelassen in die Runde, strahlte und zeigte dabei sein makelloses Perlweiß-Lächeln.
Herr Schäfer fuhr fort: „Marc, vielleicht möchten Sie unser neues Projekt kurz selber vorstellen.“
Marc erhob sich betont langsam und lässig aus seinem Stuhl und stellte sich vorne neben unseren Chef an ein kleines Pult. Dann ergriff er das Wort.
„Unser neue Kunde ist der Besitzer eines Swingerclubs. Bevor euch jetzt aber irgendwelche wirren Fantasien von schmuddeligen Billig-Puffs in euren Köpfen herumspuken, lasst mich noch einige wichtige Details zu diesem Club erläutern. Das „Lustspiel“ ist ein europaweit bekanntes Etablissement, in dem auch viele Promis ein und aus gehen. Monsieur LaMode möchte expandieren und weitere Clubs in Paris und London eröffnen. Vor etwa vier Wochen hat bereits ein neues „Lustpiel“ hier bei uns in Düsseldorf seine Pforten für die exklusive Kundschaft geöffnet und LaMode hat uns damit beauftragt, eine umfangreiche Werbekampagne zu starten, die sowohl Print - als auch Web-Projekte beinhaltet.“
An dieser Stelle wurde Marcs Redefluss ein wenig abrupt von Herrn Schäfer unterbrochen.
„Danke, Marc für die kurze Zusammenfassung. Ich habe mir in den letzten Tagen überlegt, wie wir dieses sehr umfangreiche und vor allem heikle Projekt angehen werden. Die beste Lösung erschien mir, Kreativ-Teams zu bilden, die zunächst gemeinsam an verschiedenen Schwerpunktthemen arbeiten sollen.“
Erstaunt sah ich meinen Chef an. Diese Vorgehensweise sah im nicht sehr ähnlich. Vermutlich glaubte er jedoch, dass ungewöhnliche Projekte auch ungewöhnliche Arbeitsmethoden rechtfertigen würden.
Herr Richter zückte jetzt einen Zettel und verkündete, wer mit wem zusammenarbeiten sollte. Meinen Namen nannte er erst ganz am Schluss.
„Alina? Alina, wo sind Sie?“
Ich hob die Hand.
„Ach ja, dort. Also, Alina, Sie arbeiten gemeinsam mit Marc an der Web-Kampagne. Sie beide sind ein kreatives Gespann, welches sich bestimmt gut ergänzen wird.“
Ich musste Herrn Schäfer wohl ziemlich fassungslos angestarrt haben, denn er kam freudestrahlend auf mich zu und wünschte mir viel Erfolg und gute Ideen. Bevor er sich abwandte, fügte er noch hinzu:
„Es war Marcs Wunsch, mit Ihnen zusammenarbeiten zu dürfen. Ich bin schon gespannt auf Ihre ersten Arbeitsergebnisse.“
Ich bebte innerlich. Dieser Scheißkerl! Der wusste ganz genau, dass ich ihn nicht ausstehen konnte. Sicher wollte er nur mit mir zusammenarbeiten, um mir bei jeder sich bietenden Gelegenheit unter die Nase zu reiben, welch tollen Auftrag er an Land gezogen hatte.
Na warte, Freundchen, dachte ich, nicht mit mir! Ich würde diesem arroganten Kerl schon zeigen, was in mir steckte. Der sollte nicht glauben, dass er diesen Auftrag so einfach an sich reißen konnte.
Mein Ehrgeiz war geweckt. Notfalls würde ich Nachtschichten einlegen, um Schäfer in zwei Wochen brauchbare Zwischenergebnisse zu liefern. Es war an der Zeit für mich, beruflich Akzente zu setzen und davon würde mich ein Marc Richter ganz bestimmt nicht abhalten können.
Unser erstes Treffen war für den nächsten Tag angesetzt. Da ich noch ein vorheriges Projekt abschließen musste, hatte ich Marc über eine Kollegin ausrichten lassen, dass ich ihn erst um 18.00 Uhr in einem unserer kleineren Konferenzräume treffen würde. Ich musste schließlich nicht alles stehen und liegen lassen, nur weil Marc Richter unbedingt mit mir zusammenarbeiten wollte.
Als ich mich schließlich auf den Weg zum Arbeitsraum machte, hatten fast alle anderen Mitarbeiter bereits Feierabend gemacht. Ich betrat den Raum und musste feststellen, dass Marc noch nicht da war. Typisch, dachte ich. Der Herr hat
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