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Lustig, lustig, tralalalala

Lustig, lustig, tralalalala

Titel: Lustig, lustig, tralalalala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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hinwegtröstete und die ihm drei Kinder gebar, von denen ich als letztes das Licht der Welt erblickte.
    Als meine Geschwister und ich noch sehr klein waren, haben wir die Ferien immer zu Hause verbracht. Erstens, weil meine Eltern uns eine so anstrengende und lange Reise nicht zumuten wollten, vor allem aber, weil wir unmöglich zu fünft auf die Vespa passten, die sich mein Vater inzwischen wieder zugelegt hatte. Denn, sowenig man das auch im ersten Moment glauben mag: So eine Fahrt hinunter nach Sizilien mit fünf Personen auf einem gebrauchten Roller kann sich ganz schön ziehen. Sobald es unsere finanzielle Situation jedoch zuließ, schaffte sichmein Vater ein Automobil an, selbstverständlich einen Italiener, selbstverständlich einen Fiat. Ich weiß gar nicht mehr genau, um welches Modell es sich dabei handelte, aber es war auf alle Fälle ein Kombi. Und in dem ging es dann hinunter nach Sizilien, genauer gesagt in ein kleines Dörfchen namens Balordo, nicht weit entfernt von der Metropole Palermo gelegen. Denn aus Balordo stammte mein Vater, und in Balordo lebte damals noch immer der gesamte italienische Zweig unserer Verwandtschaft. Und diesen Zweig wiederum hatte meine Großmutter, meine
nonna
, unter ihren Fittichen. Meine Großmutter hieß Maria, weil alle Großmütter in Sizilien Maria heißen. Und meine Großmutter sah so aus, wie Großmütter in Sizilien aussehen müssen: Sie war stämmig, trug ihr grauweißes Haar zu einem Dutt hochgeflochten, ihre Kleider waren immer schwarz, die Haut ihres Gesichts erzählte die Geschichte eines einfachen, von Arbeit geprägten Lebens auf dem Lande, und ihre Hände waren ebenfalls so rau, dass sie den Parmesan an ihren bloßen Handflächen über die Pasta reiben konnte, was sie mitunter aus Bequemlichkeit auch tat. Kurzum: Sie war vielleicht keine Schönheit im klassischen Sinn, aber sie war meine
nonna,
und sie hatte ein Herz aus Gold. Das klingt jetzt vielleicht etwas schmalzig, aber schließlich ist das ja auch eine Weihnachtsgeschichte, und da darf man so was.
     
    Die Fahrt hinunter nach Balordo war für uns Kinder kein Zuckerschlecken. Vor allem die erste Tour habe ich in schlechter Erinnerung, weil wir dabei alle touristisches Lehrgeld zahlen mussten. Gameboys oder so etwas gab es ja damals noch nicht. Generell kann man wahrscheinlich sogar sagen, dass das Freizeitangebot im Fond eines Fiat Kombi insgesamt recht überschaubar war. Es beschränkte sich für uns Kinder imWesentlichen auf Schlafen und Prügeln. Mein Vater verzichtete zumindest während der Fahrt aufs Prügeln. Die Sache mit dem Schlaf hatte er leider nicht ganz so gut im Griff. Zum Glück war der Verkehr damals noch nicht besonders dicht, sodass seine Ruhephasen während der Fahrt, die meine Mutter immer bis kurz vor den Herzstillstand trieben, gottlob ohne Folgen blieben. Aber zumindest was den Lärm auf der Rückbank anging, zeigten sich meine Eltern gelehrig und verabreichten uns Jungs fortan vor Fahrtantritt immer ein wirksames Schlafmittel, das ihnen von einem befreundeten Landtierarzt zur Verfügung gestellt wurde und das sie uns traditionell mit einem Glas schweren Rotweins durch einen Trichter servierten. So kam es, dass meine Mutter zeitweise die einzig wache Person im Wagen war, was im Endeffekt dazu führte, dass sie endlich auch ihren Führerschein machte.
     
    Für meine
nonna
war es das Größte, wenn wir sie zu Weihnachten besuchten. Auf meine Mutter hätte sie dabei getrost verzichten können, weil sie schließlich eine Fremde war, und auch auf meinen Vater war der Rest der
famiglia
nicht gut zu sprechen, seit er eine Deutsche geheiratet hatte. Aber bei den
bambini
war ihr das egal. Sobald wir mit dem Auto auf den kleinen Hof vor ihrem Haus fuhren, stürmte sie aus der Tür heraus, klopfte sich dabei im Laufen das Mehl von den Händen an ihrer schwarzen Schürze ab, riss eine der Hintertüren des noch immer langsam fahrenden Fiats auf, zerrte einen von uns zappelnden Jungs heraus und drückte ihn mit beiden Armen an ihren gewaltigen Busen. Und sie löste ihren Griff erst in dem Moment, als das letzte schwache Zucken eines Knabenbeines, das direkt aus ihrem bebenden Brustkorb herauszuwachsen schien, davon zeugte, dass der Erstickungstod unmittelbar bevorstand. Daswar aber bloß der Auftakt zum zweiten Teil des Schauspiels. Denn während sie einen von uns, ich sage der Einfachheit halber einmal: mich, während sie also mich aus meiner lebensbedrohlichen Lage befreite und von sich

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