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Lustig, lustig, tralalalala

Lustig, lustig, tralalalala

Titel: Lustig, lustig, tralalalala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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Deutsch zwar, aber immerhin schriftlich – den Direktor davon in Kenntnis gesetzt, dass plötzlich und unerwartet vierzehn seiner Brüder verstorben seien, bei deren Begräbnis die Anwesenheit der gesamten Familie unbedingt erforderlich sei. Im Antwortschreiben wurde uns mitgeteilt, dass die Schule im Gegenzug ab dem neuen Halbjahr großzügig auf unsere Anwesenheit verzichte. Daraufhin ging mein Vater nach unserer Rückkehr erneut zum Direktor, diesmal allerdings ohne Geld, und erzählte ihm von unserer sizilianischen Verwandtschaft, von meinem Onkel Luigi und dessen zumindest halbseidenem Umfeld und wie wenig den Barbaren da unten ein Menschenleben wert sei – und vor allem, dass mein Onkel in Kürze zum Gegenbesuch in Isny erwartet und es sicher nicht besonders wohlwollend aufnehmen werde, wenn seine drei Neffen dann an einer für sie völlig fremden Lehranstalt untergebracht seien.
    Zumindest sinngemäß hat mein Vater dem Direktor das sicher so erzählt, allerdings eher auf die ihm eigene, geraffte Art: «Eh,
preside
, eh. Komme morge meine Bruder Don Luigi aus
Sicilia
. Aber komme nix die alleine, sonder bringe noch seine zwei Brudere mit: die Smithe und die Wessone. Und komme die drei auch
direttamente
zu du, falls meine Junge dann nix mehr sinde an deine kleine Schule,
capito

    Und ja, das hat er verstanden, blöd war er ja nicht. Ab da gab es nie wieder Probleme.
     
    Als wir damals in Balordo ankamen, war die Krippe schon aufgebaut. Wir Kinder kannten das daheim aus dem Allgäu nicht, meine Mutter hatte sich immer dagegen gesträubt, sie wollte lieber einen Weihnachtsbaum. Und deshalb hatte sie meinen Vater auch überredet, quasi als kleines Gastgeschenk einen teutonischen Christbaum in Form einer Nordmanntanne mitzubringen. Viele Deutsche mögen diesen Baum wegen seiner Robustheit, aber man darf es natürlich auch nicht auf die Spitze treiben, erst recht nicht auf die Tannenspitze. Denn selbst ein noch so robuster Nordmann reagiert arg verschnupft, wenn man ihn in einen Kombi steckt, in den er nicht komplett hineinpasst. Konsequenz: Heckklappe von Isny im Allgäu bis Balordo auf Sizilien sperrangelweit offen, Nordmann bei Ankunft ohne Nadeln, Kinder ohne Gefühl im Gesicht. Und die Sizilianer ohne Dank:
    «Oh, was iste das, eh?», spottete Onkel Luigi in Richtung meines Vaters. «Habe du so langsame gefahre, dass die hasseliche Baume ist in deine Fiate gesprunge, eh? Oder habe du noch die viel langsamere gefahre unde die hasseliche Baume iste gewachse auf die Fahrt bis zu die Balordo, eh? Was du wolle mit die?»
    Das rief meine Mutter auf den Plan:
    «Weißt du, das ist wieder typisch für dich, Luigi! Da transportieren wir für euch einen Tannenbaum durch halb Europa und nehmen dabei billigend Erfrierungen verschiedenen Grades in Kauf, und anstatt dich über unser Gastgeschenk zu freuen, machst du dich darüber lustig!»
    Mein Vater legte ihr bereits beschwichtigend seine Hand auf den Unterarm, aber Onkel Luigi gab schon klein bei:
    «Ah, komme du, ware doch nur die kleine von die Spassele, eh?
Naturalmente
wir freue uns uber die wundersone Baume.Iste sehr sone. Iste sogar viel zu sone fur nur in die Hause zu stehe. Solle die ganze Dorfe sehe die Baume aus die deutse Lande. Werde ich, Onkel Luigi hochestepersoneliche, die Baum drauße platziere.»
    Und damit zog er mit einem einzigen gewaltigen Ruck den Baum aus dem Auto, natürlich nicht ohne dabei die halbe Deckenverkleidung des Kombis mit herauszureißen, was ihn jedoch nicht im Geringsten scherte. Er schleifte den Baum hinter sich her, was ihm endgültig den Rest gab, zog ihn um das Haus herum und legte den schwer ramponierten Baum dahinter ab. Nach wenigen Augenblicken tauchte er wieder auf, klatschte sich nach getaner Arbeit in die Hände und sagte:
    «So, nach alte sizilianische Sitte die Baum lege hinter die Hause. Und da bleibe bis zu die Siebete von die Januare, unde dann die Onkel Luigi komme mit seine allermachtigste von die Kettesage und mache aus die deutsche Baume die Holze fur die italienische Ofe.»
    Schon damals war Globalisierung für meinen Onkel gelebte Realität.
     
    Sowenig Respekt Onkel Luigi unserem Baum zukommen ließ, so stolz waren er und die ganze Familie auf die Krippe, die
presepio
, die sie im Wohnzimmer meiner Großmutter aufgebaut hatten. Es gab in ganz Balordo keinen einzigen Haushalt, der krippenlos war. Es war gute Tradition, von Haus zu Haus zu gehen, um die Krippen der anderen anzuschauen und natürlich

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