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Lustschreie

Lustschreie

Titel: Lustschreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Rueckert
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dazu noch gut aussehende und junge Männer in eines der exquisiten Restaurants am rive gauche einladen würden, suchten wir quietschend vor Vergnügen nach einem passenden Kleid für mich. Als Kontrast zu ihrem blauen Samt wählte meine Freundin für mich einen roten, glockigen Rock mit passendem Top, dazu einen breiten Gürtel und halbhohe Stiefel. Um fünf vor acht saßen wir brav nebeneinander und warteten darauf, versetzt zu werden.
     
Um acht klopfte es an der Tür.
     
Ich ließ die beiden geschniegelten Männer ein, kurze Vorstellung, und dann ging’s los zu einem eleganten Restaurant am Quai de la Tournelle. Erst dort hatte ich Gelegenheit, die beiden so unterschiedlichen Brüder eingehender zu betrachten, während ein tuntiger Kellner seine abendliche Show abzog. Es war ein herrliches Ambiente inklusive schwülstiger Dekoration mit viel Kristall, Silber und Damast. Wir speisten Chateaubriand, tranken schweren Rotwein und fühlten uns unsterblich. Die beiden Männer waren jeder auf seine Art schön. Der eine elegant und höflich, der andere sportlich und verspielt. Jonas, der Ältere, mimte den Gastgeber, Charmeur, Gentilhomme. Frederic, der bezaubernde Bruder, blieb lässig, unschuldig, versteckt hinter einer spielerischen Unbefangenheit.
     
Nach dem Dessert war ich berauscht vom Wein und der ungeteilten Aufmerksamkeit dieser nordischen Heroen.
     
Meine Freundin genoss das Schauspiel mit feiner Ironie und wohlwollendem Lächeln. Sie war die Diskrete und ich die Laszive.
     
Noch vor Mitternacht wurden wir von unseren Kavalieren bis vor die Haustür begleitet und mit artiger Verbeugung verabschiedet. Sie nannten uns ihre Adresse und Telefonnummer und bestanden darauf, uns am nächsten Morgen zu einem späten Frühstück in ihre Wohnung auf der Ile St. Louis einzuladen. Man stelle sich das vor: Sie wohnten in der Wiege dieser herrlichen Stadt, auf der Insel, die an Notre Dame angrenzt und trotz der Touristenströme immer noch als eines der bezauberndsten Viertel von Paris gilt. Und dort waren wir eingeladen – von zwei attraktiven, offenbar wohlhabenden und zurückhaltenden Männern!
     
So viel Glück – ich hielt es für unvorstellbar. Dem Frühstück am nächsten Morgen folgte eine Einladung zum gemeinsamen Kochen am darauf folgenden Tag. Wir wohnten nur zwei Straßen voneinander entfernt, und bald sahen wir uns täglich, zumindest auf einen grand café crème. Es war eine herrlich unbeschwerte Zeit. Jonas, der Ältere, und ich kamen uns langsam näher. So behutsam, wie ich es noch nie kennen gelernt hatte.
     
An einem Donnerstag war ich bei amerikanischen Freunden zum Thanksgiving eingeladen. Ich war in Eile, aber als Jonas mich anrief und darum bat, mich noch kurz sehen zu dürfen, stürmte mein Herz ihm entgegen. Ein zaghaftes Lächeln trennte uns wie immer von einer Berührung, aber das Strahlen seiner Augen war unübersehbar. Wir spazierten gemeinsam über die Pont de la Tournelle, genossen den Anblick der Notre Dame von hinten und vergaßen für einen Augenblick die Zeit. Unvermittelt wandte er sich mir zu.
     
«Ma petite chate, ich bin so glücklich in deiner Nähe.»
     
Ich betrachtete ihn aufmerksam. Würde er es endlich wagen, mich zu küssen? Nein, er tat es nicht. Er nahm stattdessen meine Hand in die seine, umfing sie mit Wärme, drückte sie an sein Herz.
     
Ich war verwirrt, gerührt, selig.
     
«Jonas, es ist der schönste Moment meines Lebens, mit dir hier auf dieser Brücke zu stehen und in deine blauen Augen zu schauen … Aber ich muss jetzt los. Wenn du willst, dann hol mich morgen Mittag vom Institut ab, dann habe ich etwas mehr Zeit.»
     
Er nickte, ich lächelte noch einmal, dann rannte ich davon, zur Métro.
     
Ich flüchtete vor diesem überwältigenden Gefühl seiner Nähe, rannte weg vor dem Wunsch, mich in seine Arme zu werfen, seinen Duft einzuatmen.
     
Ich schwebte durch die Stunden bis zum nächsten Tag. Der Unterricht im Institut Catholique rauschte an mir vorbei. Und als ich die Stufen der altehrwürdigen Abtei zur Rue d’Assas hinunterschritt, gerade gegen den plötzlich in mir aufsteigenden Zweifel ankämpfend, entdeckte ich ihn an eine Säule gelehnt, umwerfend lässig im Anzug mit seinem blonden, streng nach hinten gekämmten Haar, dem markanten Gesicht, auf dem das Lächeln eines Eroberers aufflackerte.
     
Er war meine Fleisch gewordene Sehnsucht, mein Traum von einem zarten, starken Mann.
     
Ich schritt auf ihn zu, versuchte, Anmut und Stolz in meine

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