Lustschreie
zu ermöglichen schien.
Ich hatte ein auberginefarbenes Ensemble aus Rock und Oberteil an, als ich auszog, meinen Pianisten zu erobern. Es war aus dünnem T-Shirt-Stoff, der meinen mädchenhaften Körper umschmeichelte. Darüber trug ich einen feinen Wollmantel mit langer Schärpe, in dem ich mich wie eine Prinzessin fühlte.
Mit langen Schritten und wiegenden Hüften wanderte ich den Boulevard St. Germain entlang, bog rechts in den Boul’Mich ein und folgte den kleinen Gassen des Quartier Latin bis zu der Bar Aux trois Maillets, einem Kellergewölbe, in dem sich nach dem Krieg schon die Existenzialisten getroffen hatten. Ich schritt durch die Menge, mein Publikum, und platzierte mich dekorativ an der Bar. Man kannte mich hier schon und servierte mir ungefragt einen Kir, während ich entspannt zurückgelehnt auf meine Beute lauerte.
Ich hielt mich tatsächlich für die Jägerin.
Auf die Idee, dass er sich schon lange über meine Annäherungsversuche amüsierte und sich schließlich entschloss, sich meiner zu erbarmen, kam ich nicht.
In seiner Pause setzte er sich zu mir. Einfach so. Für einen Pianisten hatte er ungewöhnlich kräftige Hände. Mit dem schlecht sitzenden Anzug, der um seinen sehnigen Körper schlotterte, und den wirren, halblangen Haaren wirkte er wie ein ewiger Student. Er lächelte verschwörerisch und sprach mich mit einer Selbstverständlichkeit an, die nicht verriet, dass wir noch kein Wort miteinander gewechselt hatten: «Wo gehen wir denn nachher hin? Ich bin noch mit einem Freund verabredet. Der wird dir gefallen. Warte auf mich, ich nehme dich mit.» Bevor ich etwas antworten konnte, spielte er bereits wieder alte Jazz-Songs und überließ mich meiner Überraschung. Er hatte mir die Show vermasselt. Ich wollte doch ihn verführen. Er sollte sich mir voller Lust ergeben und mich nicht einfach mit zu irgendeiner langweiligen Verabredung mitschleppen. Und auf gar keinen Fall würde ich allein mit zwei wildfremden Kerlen die Nacht verbringen. Also rief ich vom téléphone au cabinet meine Freundin an, die wie ein Schutzengel nach zweimaligem Klingeln am Telefon war, nichts mehr vorhatte und sich gern mit mir in der Bar treffen wollte.
Der Pianist amüsierte sich köstlich über das Auftauchen meiner Anstandsdame und erklärte lachend, dass diese seinem Freund mit Sicherheit gefallen würde. Blondinen wären für ihn ganz besondere Trophäen.
So landeten wir schließlich in einem schäbigen Café an der ebenso schäbigen rue Jussieu und wurden dort von besagtem Freund erwartet, Fabrice, glänzend schwarz, mit großen Zahnlücken und einem unbefangenen Lachen.
Wir tranken viel in dieser Nacht und endeten zu viert in meinem winzigen chambre de bonne, das im siebten Stock zum Hinterhof lag.
Wir zogen uns aus, schlüpften unter die Decken – ich besaß tatsächlich mehrere – und begannen zu fummeln. Der Pianist widmete sich mir so gut es in seinem Zustand noch ging. Meine Freundin wurde Fabrice zugewiesen. Die Aktionen waren peinlich unkoordiniert, hier und da von einem undeutlichen «Nein, so nicht!» oder «Hör auf damit!» unterbrochen, aber das schien niemanden wirklich zu stören. Wir waren alle zu betrunken, als dass wir noch ernsthaft hätten Sex haben können. Nur der Klavierspieler gab seine Bemühungen nicht auf. Als wir schon aufgehört hatten, zu reden und zu lachen, und als ich schon dabei war einzuschlafen, nahm er meine Hand und führte sie den Körper meiner Freundin hinab. Ich spürte ihre Brüste, klein und fest, ihren gewölbten Bauch, ihre drahtige Scham. Seine Hand versuchte mit der meinen, ihre Schenkel zu spreizen. Sie gab ein wenig nach und ließ uns die feuchte Wärme ihrer Möse spüren. Doch als ich mit meinen Fingern in sie hineinschlüpfen wollte, presste sie ihre Schenkel kraftvoll aneinander und zwang mich zum Rückzug. Hätte sie vielleicht anders reagiert, wenn sie meine Finger erkannt hätte?
Doch so verebbten im aufkommenden Morgengrauen alle Bemühungen, bis wir schließlich erschöpft, eng aneinander geschmiegt zur Ruhe kamen, als draußen die ersten Vögel ihr Lied anstimmten – im herrlichen Sing-Sang von Paris.
Die Hände eines Mannes
Er sitzt bequem auf einem breiten Sessel und lässt den Blick schweifen. Computergeräusche, die Stimme einer Frau, das leise Klappern der Jalousien im Wind, der durch das geöffnete Fenster streicht.
Seine Gedanken schweifen ab.
Er sieht ein tief ausgeschnittenes Dekolleté
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