Lusttropfen (German Edition)
fremde Welt. Von den schweren Düften, die mir von überall her entgegenschlugen und den exotischen Menschen, die sich hier tummelten, war ich wie erschlagen. Zum Glück hatte ich mehr als genug Filme für den Fotoapparat dabei, sodass ich die Erinnerungen festhalten konnte. Jetzt saß ich nervös auf einer Holzbank am Bahnhof. Es war unerträglich heiß, sodass ich auf Hut und Mantel verzichten konnte. Ich schoss ein paar Bilder von türkischen Frauen, die gänzlich verhüllt und laut keifend an mir vorbei liefen.
Und während ich den Auslöser drückte, sah ich sie .
Wie eine Erscheinung tauchte sie urplötzlich aus dem Nichts auf, und ich hatte nur noch Augen für dieses Geschöpf, das mir schier den Atem verschlug. Ihr Auftreten war von einer arroganten Selbstsicherheit, dennoch lag in ihrem Blick ein Hauch von Einsamkeit. Mondän zog sie an einer Zigarette, die in einer Zigarettenverlängerung steckte. Sie erinnerte mich ein wenig an Sophia Loren, die ich kurz zuvor in dem Film Hausboot gesehen hatte. Ihre braunen Augen hatten etwas Katzenhaftes und wurden von dichten, schwarz getuschten Wimpern eingehüllt. Die vollen Lippen erinnerten mich unwillkürlich an süße, rote Erdbeeren. Beinahe zärtlich umschloss sie damit das Mundstück der Zigarettenverlängerung. Ihr dunkelbraunes Haar war zu einem lockeren Knoten aufgesteckt und einige vorwitzige Strähnen umrahmten das fein geschnittene Gesicht, mit den hohen Wangenknochen. Sie besaß einen wohlgeformten, üppigen Körper, der in einem hellblauen Petticoatkleid steckte und ihre Rundungen perfekt zur Geltung brachte. Mein Blick glitt über ihre gebräunten, scheinbar endlos langen Beine bis zu ihren zierlichen Füßen, die von weißen Pumps umschlossen wurden. Mir trat der Schweiß auf die Stirn, als ich den Ansatz ihrer prallen Brüste betrachtete. Sie musste gespürt haben, dass ich sie anstarrte, denn unvermittelt drehte sie den Kopf in meine Richtung und sah mir direkt in die Augen. Ihr Blick schoss mir in alle Eingeweide und hinterließ eine Spur feurigen Verlangens. Ich merkte, wie meine Hose zu kneifen begann, denn mein Penis war dabei, sich verräterisch aufzurichten. Mir blieb nichts anders übrig, als beschämt nach meinem Mantel zu greifen und ihn mir über den Schoß zu legen. Demonstrativ schaute ich in eine andere Richtung. Wenn ich die Fremde weiterhin beobachtete, würde ich mit einer Beule in der Hose den Zug besteigen müssen. Mir kam es vor, als sei die Temperatur binnen Sekunden um einhundert Grad gestiegen. Aus jeder Pore meines Körpers tropfte der Schweiß.
Als die Eisenbahn mit lautem Tuten ihr Eintreffen ankündigte, trafen sich unsere Blicke erneut. Ein leichtes Lächeln lag auf ihrem Gesicht, was sie umso anziehender machte. Ich würde diese Frau kennenlernen müssen, koste es, was es wolle.
Verschwitzt und müde begann ich, mich in meinem Schlafabteil häuslich einzurichten, denn der beengte Raum würde in den nächsten Tagen meine Unterkunft sein. Das Bett war nicht sehr komfortabel, ja man könnte sagen, für einen ausgewachsenen Mann meiner Größe, war es sogar etwas zu klein. Aber das störte mich wenig, denn ich war nicht wegen des Bettes hier. Als ich meine Anzüge in den Schrank gehängt und meinen Fotoapparat kontrolliert hatte, schweifte mein Blick aus dem Fenster. Ich dachte an meine Arbeitskollegen in München, die jetzt in ihren Büros ackerten. Die spärlich bewachsene Landschaft, die an meinen Augen vorbeizog, brachte mir unendliche Befriedigung. Das hatte ich mir immer gewünscht. Ein Leben voller Reisen und Abenteuer und ich überlegte schon jetzt, wo ich als nächstes hinfahren könnte. Während ich meinen Gedanken nachhing, vernahm ich plötzlich aus dem Nachbarabteil ein wütendes „Merde“, welches von einer Frau stammte. Die Wände waren dünn wie Papier und ich konnte nur hoffen, dass meine Reisebegleiter keine Schnarcher waren, die mir nachts den Schlaf raubten. Als ich an Schlaf dachte, wurden meine Augen unwillkürlich immer träger. Die Hitze machte mich unsagbar müde, doch es war noch zu früh, um sich jetzt schon hinzulegen. Also erhob ich mich schwerfällig, suchte mir ein frisches Hemd aus dem Schrank und wusch mich mit eiskaltem Wasser. Belebt zog ich mich an und beschloss, mir einen Kaffee zu besorgen. In Istanbul hatte ich die Vorzüge von türkischem Mokka kennengelernt und mich dürstete nach dem starken Getränk. Bevor ich ging, versuchte ich, mein Abteil zu fotografieren. Ich wollte mich
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