Luther. Die Drohung
Denkt darüber nach.
»Also ist die Verkündung der Schwangerschaft das, was sie getötet hat? Er hat
darauf gewartet .«
Benny sagt nichts. Weiß, dass es nichts zu sagen gibt.
»Können wir den Benutzer zurückverfolgen?«, fragt Luther. »›Ruby
Douglas‹ – ihn auf diese Art finden?«
»Wer immer es war, hat eine kostenlose Webmail-Adresse benutzt, um
sich anzumelden. Nicht zurückzuverfolgen. Hat sich über verschiedene
öffentliche Netzwerke eingeloggt.«
»Sind die Netzwerke irgendwie von Nutzen?«
»Eins ist ein öffentlicher W-LAN-Hotspot. Das andere ist ein Café im
Osten Londons.«
»Irgendwelche Chancen, Aufnahmen von Überwachungskameras zu
bekommen?«
»Nach all den Monaten? Ziemlich gering.«
»Aber einen Versuch wert. Ich werde jemanden beauftragen.«
Aber es kommt noch mehr. Er kann es in Bennys Augen sehen.
Er zwingt sich, still zu sitzen.
Benny sagt: »Das Problem beim Cyber-Stalken ist, es ist nicht wie
das Pendant in der Realität. Für so jemanden ist das Internet wie ein
Dessertwagen. Er kann beliebig viele Leute beobachten. Ich meine, er kann Dutzende von Leuten beobachten. Oder Hunderte. Er wüsste, wann sie krank sind oder
gesund. Wann sie im Urlaub sind. Wann sie bei Meetings sind, verreist. Er
wüsste, wie ihre Kinder aussehen, wie ihre Haustiere heißen, was sie im
Fernsehen schauen. Er könnte genauso gut in ihrem Haus sein.«
Luther stellt sich Pete Black vor, da draußen, allwissend, voller
Neid und Hass.
Wie er auf das nächste Kind wartet. Und das Kind danach.
Dann steht Teller in der Tür.
»Boss?«, sagt er.
»Der Tag wird nicht besser«, kündigt sie an.
Sie gehen in ihr Büro, auf dem Computer laufen die Nachrichten.
Auf einem 24-Stunden-Nachrichtensender wird Maggie Reilly von einer
schlanken, jungen Angloinderin in einem Armani-Kostüm und Killer High Heels
interviewt.
Maggie sieht ernst und konzentriert aus, völlig gefasst – keineswegs
so, als hätte sie eine schlaflose Nacht damit verbracht, auf den Anruf eines
Irren zu warten, der sie wieder berühmt machen würde.
»Wie immer die Tatsachen in dem Fall auch liegen mögen«, sagt sie,
»der Mann, der sich Pete Black nennt, der mutmaßliche Mörder von Tom Lambert,
Sarah Lambert und nun auch dem Baby Emma Lambert, gibt ganz eindeutig der
Polizei die Schuld an der Tragödie, die letzte Nacht stattgefunden hat.«
Die Interviewerin lehnt sich nach vorne. Sie hat einen dünnen Stapel
Blätter in der Hand. »Aber sicherlich kann doch niemand der Polizei einen
Vorwurf machen, dass sie ihre Arbeit getan hat?«
»Niemand macht der Polizei einen Vorwurf«, sagt Maggie. »Sie hatte
eine schwierige Aufgabe unter eindeutig sehr schwierigen Bedingungen zu
erfüllen. Es ist nur so, dass es dieses eine Mal vielleicht nicht die optimale
Vorgehensweise war, blind den Vorschriften zu folgen.«
»Wollen Sie damit andeuten, die Polizei hätte auf ›Pete Blacks‹
Forderungen eingehen und zusichern sollen, die Krankenhäuser nicht zu
umstellen?«
»Das hängt natürlich von den Prioritäten innerhalb ihrer Strategie
ab: einen Mörder zu schnappen oder das Kind zu retten. Ich meine nur, dass es
vielleicht eine Option ist, die sie hätte in Betracht ziehen können.«
»Aber wie Sie wissen, weigert sich die Polizei, strategische Fragen
zu kommentieren. Sie will einfach nicht sagen, ob sie Beamte an Krankenhäusern
und Kirchen postiert hatte oder nicht.«
Maggie Reilly lacht. »Ich bin schon zu lange Journalistin, um einem
›kein Kommentar‹ der Polizei zu trauen, egal wie hübsch es verpackt ist.«
»Maggie Reilly, wir belassen es dabei. Vielen Dank.«
Luther reibt sich mit der Handfläche in langsamen Kreisen über den
Schädel.
Er sagt: »Das ist alles solcher Schwachsinn. Das Baby war längst
tot. Sie ist seit gestern tot. Das ärgert ihn. Dass das Baby stirbt, war nicht
Teil seines Plans, was auch immer sein Plan war. Er kann sich sein Versagen
nicht eingestehen, also muss jemand anders den Fehler gemacht haben. Er wälzt
die Last der Schuld auf uns ab.«
»Ich weiß das, und Sie wissen das. Ob die Leute da draußen«, sie
deutet mit der Hand auf den Rest der Welt, »das wirklich glauben wollen, das
ist eine andere Frage.«
Luther zupft an seinem Ohr, während er nachdenkt. Er sagt: »Ich
glaube nicht, dass ich das kann.«
»Was können Sie nicht?«
»Das hier.«
Sie sieht ihn mit dem Herzogin-Blick an.
»Es läuft nicht gut«, sagt er. »Zu Hause. Zwischen mir und Zoe.«
»Ich verstehe. Sie spielt die
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