Lux Aeterna (German Edition)
geschehen?“ fragte er die beiden und zeigte auf die Waffen. Eine lag auf dem Tisch.
„Ich weiß es nicht, wir können sie nicht vernichten. Vielleicht sollten wir sie nur verborgen halten, bis die Menschheit eines Tages unsere Geschichte versteht“, sagte Jason.
„Werden sie nicht“, behauptete der Halbengel. „Die sind nach zweitausend Jahren Christenheit nicht schlauer. Die haben nicht einmal ihren eigenen Glauben verstanden und lassen sich fröhlich weiterhin manipulieren.“ Da war etwas Wahres dran.
„Wir manipulieren sie allerdings auch“, gab Miriam zu bedenken.
„Aber nur, um zu überleben“, warf Jason ein. „Das ganze Philosophieren bringt uns nicht weiter. Was sollen wir tun?“
Es blieb eine Weile still in dem gemütlichen, großzügigen Wohnraum mit den altenglischen, schweren Möbeln. Fast hätte man vermuten können, dass jeden Augenblick ein Butler den Raum betreten und nach den Wünschen der Gäste fragen würde. Doch die einzigen Laute verursachte der Wind, der um das einsam gelegene Haus fegte. Leander legte seine Waffe zu der anderen auf den Tisch.
„Die gehören seit alters her zu einem Fürstenpaar und das seid ihr beide jetzt. Behaltet sie. Damit habt ihr auch gleichzeitig eure eigene Erlösung in der Hand.“
Das war wieder eine Anspielung auf das Schicksal von Nolan und Rabea. Auch Miriam kannte diese Geschichte mittlerweile, die sich für die Menschen anhören musste wie eine alte Legende. Doch sie gehörte zu der Vergangenheit der Vampirrasse auf dieser Welt.
„Die einzige Alternative, euch zu töten“ Leander hielt inne, bevor er fortfuhr. „Wäre es, mein Blut zu trinken.“ Er sah sich suchend im Raum um und nahm eine Schere von dem antiken Sekretär aus Walnussholz. Mit dieser fügte er sich einen kleinen Schnitt am Unterarm zu. Sein Blut hatte die Farbe von flüssigem Silber. „Es tötet jeden Vampir“, sagte er leise. „Aber der Preis ist hoch.“
Die beiden Vampire sahen ihn erstaunt an. Sie wussten nicht, was er ihnen damit sagen wollte, doch dann erzählte er ihnen, was er damals mit Jasons fehlender Blutprobe gemacht hatte, um eine Wandlung seines Fluchs als Atlanter herbeizuführen.. Die Vampirfürsten verstanden immer noch nicht.
„Es gab eine Verwandlung“, erläuterte Leander seine These, „aber eine, mit der ich nicht gerechnet hatte. Das Schicksal wandelte meine Bestimmung. Jeder Vampir, der nach Erlösung aus seinem Dasein strebt, darf von diesem Blut trinken, doch er muss dafür eine unschuldige Seele bringen, die freiwillig an seine Stelle tritt und wiederum von mir gewandelt wird.“ Dabei entblößte er die mittlerweile länger gewordenen Eckzähne. Miriam erschrak. Leander senkte den Kopf. „Ich weiß, ich hätte es nicht tun dürfen und weiterhin mein Schicksal erdulden sollen. Doch wir alle – auch wir Verdammten – haben einen freien Willen. Das habe ich nicht bedacht. Als Engel schuldete ich Gott Gehorsam, als Mensch wollte ich mein Schicksal ändern.“ Seine dunkle, sonst so melodische Stimme klang verzweifelt. Jetzt verstand auch Jason Dawn, was da geschehen sein musste, als der Atlanter sein Blut getrunken hatte. Er erhob sich und ging zu seinem früheren Mentor, der aus dem Fenster in den Regen hineinstarrte.
„Du bist ein Engel der Vampire geworden“, sagte er leise und legte Leander die Hand auf die Schulter. „Wohl der einzige, den es gibt und je gegeben hat“, gab dieser zu. „Nun lastet mein Schicksal noch schwerer. Ich möchte nicht einmal daran denken, wie mir zumute sein wird, wenn der Fall jemals eintreten sollte und ich einen Menschen wandeln muss. Aber welcher Mensch wird sich schon freiwillig opfern, um einen Vampir zu erlösen?“, fragte er dann zynisch.
Nun erhob sich auch Miriam von dem Ledersofa in der Mitte des Raumes und ging zu den beiden Männern hinüber. „Jemand, der liebt“, sagte sie leise und sah Jason dabei an.
Leander wandte sich zu ihr. „Es darf keine durch eure Macht und Verführungskünste hervorgerufene Liebe sein, sie muss aus freiem Willen entstehen. Aber diese Liebe wird niemals Erfüllung finden wie die eure. Der Vampir stirbt – wenn auch mit einer Seele – und der Mensch tritt an seine Stelle. Das ist ein ewiger Kreislauf, ein Fluch, der niemals gelöst werden kann.“ Wieder diese Verzweiflung in seiner Stimme.
„Bis zu jenem Tage, da wir alle gerichtet werden“, murmelte Jason. Wenn Vampire so etwas wie Mitleid empfinden konnten, dann empfand er dies jetzt für den
Weitere Kostenlose Bücher