Lux Aeterna (German Edition)
schnell reifen.
Als Leander auf seinem Schimmel wieder auf den Hof einritt, wartete Jason Dawn bereits auf ihn. Der Atlanter war überrascht. Mit diesem Besuch hatte er nicht gerechnet. Maria, die rundliche Haushälterin, hatte in ihrer mütterlichen Art eine Karaffe mit Wein und einen Korb Brot auf den Tisch der Veranda gestellt. Sie konnte nicht wissen, dass ihr unerwarteter junger Gast anderer Nahrung bedurfte. In englischer Sprache, die Maria nicht verstand, berichtete Jason von dem Vorfall im Club. Leander machte ein besorgtes Gesicht.
„Was hast du jetzt vor?“, fragte er seinen ehemaligen Schützling.
„Ich werde mit Adrian reden müssen. Er bringt wieder unsere ganze Rasse in Gefahr“, erwiderte Jason. Bei dem Gedanken fühlte er sich nicht wohl.
„Warum hält er sich nicht an den Plan?“, überlegte der Halbengel.
„Machtgier“, mutmaßte der Vampirfürst. Er nahm kurz die Sonnenbrille ab und sah in die grüngoldene Landschaft vor ihm, die eine schläfrige Ruhe ausstrahlte. „Es ist schön hier“, meinte er dann und setzte die Brille wieder auf. Das grelle Licht schadete ihm zwar nicht, doch es störte ihn.
Leander nickte und nahm einen Schluck Wein. „Ja, es erinnert mich irgendwie an ein verlorenes Paradies“, sagte er zynisch. „Aber wir müssen ja alle sehen, wo wir bleiben.“
„Stimmt. Und ich werde meinen Leuten nicht vorschreiben können, wie sie zu leben haben“, meinte Jason jetzt.
„Rebellen wird es immer geben“, antwortete Leander. „Aber du bist der einzige, der Adrians Machenschaften stoppen kann. Hast du schon mit Miriam darüber gesprochen?“
Jason schüttelte den Kopf. „Nein. Ich will sie nicht beunruhigen. Außerdem haben wir noch etwas Zeit bis zum nächsten Vollmond.“
„Verstehe.“ Dann, nach einer Weile: „Ich werde dich nach London begleiten. Vielleicht kann ich helfen.“ Jason blickte ihn verblüfft an. „Wie sollte ein Engel uns helfen können?“
Leander grinste. Der Schalk sprach aus seinen dunkelblauen Augen. „Ein gefallener Engel, wenn schon. Aber immerhin unsterblich und Gift für jeden Vampir, der mich angreift.“
Damit hatte er Recht.
* * *
Quentin Hamilton war in seiner Firma die ewige Nummer Zwei. Sein Vorgesetzter, Donovan Hensley, verstand es vorzüglich, sich beim Konzernchef einzuschleimen. Er hatte auf diese Weise nicht nur Quentins Job, sondern auch dessen Freundin Bianca erobert und der unterschwellige Hass, den Quentin inzwischen auf Donovan entwickelt hatte, schien diesen nur zu weiteren Schikanen anzustacheln. So waren Überstunden für Quentin an der Tagesordnung. Der hochintelligente, aber eher schüchtern wirkende stellvertretende Leiter der Schadensregulierung einer großen Versicherungsgesellschaft hatte sich nach der Trennung von Bianca sowieso in die Arbeit vergraben und genoss die Ruhe in den abendlichen Büros. Außer seinen Goldfischen erwartete ihn niemand zuhause. Roberta Jones, seine dunkelhäutige Kollegin aus der Schadensabteilung, war an diesem Abend ebenfalls noch im Büro und steckte gerade den Kopf zur Türe hinein.
„Kommst du noch mit ins Cube ?“, fragte sie den erschöpft aussehenden Quentin. „Du könntest einen Drink gebrauchen, so, wie du aussiehst.“
Ihr Kollege überlegte kurz. „Warum nicht“, meinte er, griff nach seinem Jackett über dem Stuhl und schaltete die Schreibtischlampe aus. „Der Rest kann bis morgen warten.“
„Der Laden ist ein echter Geheimtipp. Da kommt nicht jeder rein“, schwärmte Roberta und hakte sich bei Quentin unter.
Einmal im Monat durfte jeder ins Cube . Das war der Tag, an dem die Vampire ihre neuen Clubmitglieder auswählten. Doch das wusste keiner der zahlreichen Gäste, die die Tanzfläche und die Bar belagerten. Auch Quentin und Roberta waren dabei. Die hübsche Roberta hatte schnell Anschluss gefunden und war bereits auf der Tanzfläche. Quentin hockte an der Bar vor dem dritten Tequila. Leila überreichte ihm gerade einen Werbeflyer für den Club.
Sie trug ein schwarzes Satinkostüm und ebenfalls schwarze Handschuhe. All das betonte ihre blasse Haut und das helle Haar noch mehr. Ein Blick in Quentins gequältes Gesicht hatte ihr genügt, um ein potentielles Opfer zu erkennen. Außerdem konnte sie als Vampirin seine Gedanken lesen – und seinen Hass.
„Wir erfüllen hier jeden Wunsch“, versprach sie und strich mit ihrer Hand über seine Wange. Quentin schnaubte verächtlich. Er hatte schon etwas getrunken. „Das glaube
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