Lux Aeterna (German Edition)
Haushälterin Maria zu verdanken. Die war es gewohnt, keine Fragen zu stellen bei den seltsamen Gästen, die hier manchmal ein und ausgingen. Doch den jungen Mann, der jetzt im Hause ihres Signore wohnte, kannte sie bereits. Er war schweigsam, nachdenklich und dann diese magnetischen Augen… Maria bekreuzigte sich immer rasch, wenn sie im Haus auf Jason Dawn traf. An den vielen weiteren Tagen, die folgten, berichtete Leander dem jungen Fürsten der Neuzeitvampire über die Lage seines Volkes und die Geschehnisse während seiner „Abwesenheit“. Aber noch wollten die beiden die Grenzgängervampire nicht über Jasons Rückkehr informieren, denn der Atlanter verfolgte noch einen anderen Plan. Leander zeigte dem Vampirfürsten die verbleibende Phiole mit dem Blut des Vampirgottes der Maya. Erst jetzt vermisste er das Reagenzröhrchen mit der Probe, doch zunächst dachte er nur, dass seine Haushälterin es wohl entsorgt haben musste.
Also öffneten sie die zweite Phiole und entnahmen eine weitere Probe des seltenen Blutes. In seinem Weinkeller hatte Leander ein kleines Labor, das der Qualitätsprüfung seiner Weine diente, aber in diesem Falle für einen anderen Zweck Verwendung fand. Ein Gedanke hatte sich vor einiger Zeit in ihm festgesetzt. Fieberhaft baute er seinen Versuchsablauf auf und bereits das erste Experiment zeigte Erfolg: Das Blut von Camazotz machte die Vampire immun gegen die Chemikalie Engelsblut ! Wenn es nun gelang, ein Gegengift für die Vampire zu entwickeln, hatten die Menschen nichts mehr gegen sie in der Hand. Sie würden sich wieder mit ihnen einigen müssen! Leander und Jason sahen sich an. Sie verstanden sich auch ohne Worte.
Doch da war noch etwas.
„Der Rest aus der Phiole könnte deine Fürstin zurückholen“, gab Leander zu bedenken.
Jason schüttelte den Kopf. „Hier zählen keine persönlichen Wünsche. Wir haben genug gelitten.“, sagte er dann leise. Dann blickte er Leander in die Augen. „Außerdem haben wir kein menschliches Opfer für Azrael, und ein zweites Mal wirst du ihn nicht austricksen können.“
Ohne weitere Worte zu verlieren machten die beiden sich ans Werk.
* * *
Xavier Dantes genoss seine Macht. Er liebte es, seine Opfer zu quälen, sie vom Höhepunkt der Lust in ein Tal der Verzweiflung zu stürzen. Er liebte ihr Blut und ihre Tränen. Was Menschen nicht alles taten, um am Leben zu bleiben. Sein tödliches Spiel trieb er oft über mehrere Tage, bis es ihn langweilte. So wie jetzt. Auf der riesigen Mülldeponie vor der Stadt hatte er dann Renés mit Bisswunden übersäte Leiche versteckt.
Im Augenblick bedauerte er sich wieder selbst wegen seiner Einsamkeit, verkroch sich in Selbstmitleid, bis ihn das Jagdfieber und die Lust an der Zerstörung eines unschuldigen Wesens erneut packten und er sich auf die Suche nach neuen Abgründen begab. Dieser hübsche Teufel hätte gut in die Zeit der römischen Kaiser gepasst, deren Dekadenz durch nichts zu überbieten gewesen war. Zurzeit war Xavier wieder einmal gelangweilt von den Menschen und während er sich im Spiegel betrachtete – der seine Gestalt geisterhaft durchscheinend wiedergab -, überlegte er gleichzeitig, wie er sich ein erneutes Vergnügen verschaffen konnte. Doch er kannte nur ein Wesen, was den Reiz der Jagd für ihn noch erhöhen würde, nachdem die Menschen so wenig Durchhaltevermögen zeigten. Er kannte nur einen Engel hier auf der Erde, und der war nur ein halber… aber immerhin. Xavier lächelte sich im Spiegel zu. Welche Mühen würde es wohl kosten, diesen attraktiven Mann zu verführen, und wäre sein Blut wirklich tödlich für ihn, oder würde das Blut des alten Mayagottes stärker sein? Diese Idee faszinierte ihn auf einmal und ließ den jungen Mann nicht mehr los.
Wenige Wochen später rief Leander Knight erneut die Grenzgängervampire zusammen. Er berichtete ihnen von seiner Entdeckung, verschwieg jedoch aus unerklärlichen Gründen die Wiedererweckung von Jason Dawn. Irgendetwas in ihm warnte ihn vor der frühzeitigen Bekanntgabe dieser Tatsache. Und irgendetwas war anders… Doch auch so gab es genug zu diskutieren. Die Menge des hergestellten Gegengiftes war gering, also erhielt jeder der Grenzgänger außer für sich selbst eine abgezählte Anzahl von Glasfläschchen zur Weitergabe an die Hybridenvampire. Sie sollten selbst entscheiden, wer von denen das Serum bekam. Diese Wahl wollte Leander nicht treffen müssen. Diskussionen darüber blieben nicht aus und
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