Lux Aeterna (German Edition)
die ganze Zeit gespürt hatte! Und deshalb hatte er die Fesseln nicht mit seiner Kraft sprengen können. „Du…“
Xavier nickte stolz. „Ja, ich habe es getrunken, das Blut des alten Mayagottes. Ich bin nun jedem alten Fürsten ebenbürtig und gesegnet mit den Vorteilen unserer Evolution. Wer oder was sollte mich wohl noch aufhalten?“
Jetzt ahnte der Atlanter, warum es dem viel jüngeren Vampir gelungen war, ihn zu überwältigen. Die Kräfte eines so alten Meisters überstiegen selbst die seinen.
„Na, dann denk mal nach.“ Leanders Stimme war leise und gefährlich geworden.
Xavier hob die Augenbrauen.
„Wie wäre es mit deinem Erschaffer?“, schlug der Halbengel herausfordernd vor.
„Dann hast du es also geschafft? Schau an…“, bemerkte Xavier verblüfft. Damit hatte er nicht gerechnet. Er kam ins Grübeln. Der Fürst der Neuzeitvampire konnte ihm tatsächlich gefährlich werden, doch er hatte noch einen weiteren Trumpf in der Hand. Warum nicht seine Pläne kurzfristig ändern?
* * *
Xaviers Apartment in Paris war penibel sauber und aufgeräumt. Jason durchsuchte die großzügig angelegte Wohnung, die an ein Loft erinnerte. Der dicke weiche Teppich schluckte jedes Geräusch. Durch die Spalten der Lamellenvorhänge drang ein trübes Winterlicht von draußen herein. Nichts deutete darauf hin, dass hier ein Vampir wohnte - bis auf die halbe Flasche Blut im Kühlschrank. Jason wollte gar nicht erst wissen, welchen Ursprung dieses Blut hatte. Er konnte beileibe nichts entdecken, was ihm weiterhelfen konnte, Leander zu finden. Nachdenklich blickte er sich um, als er plötzlich eine mächtige Gedankenkraft empfing.
„Hallo, Jason! Schön, dich wieder zu sehen“, klang eine schmeichelnde Stimme aus der Dunkelheit. Xaviers Gestalt löste sich aus den Schatten. Jason Dawn betrachtete sein Geschöpf, für das er nichts mehr empfand. Die beiden jungen Männer waren etwa gleich alt. Doch das hier war nicht mehr der zurückhaltende Junge, den er gekannt hatte. Die dunkle Macht eines alten Meisters ging von diesem Vampir aus, eines sehr alten Meisters.
„Xavier. Ich hätte es mir denken können.“ Jasons Stimme klang kühl und emotionslos.
Der Franzose ließ sich lässig auf das weiße Sofa im Wohnzimmer fallen.
„Leander hat mir schon von deiner Wiederauferstehung erzählt. Nun, wenn du deinen Freund suchst, den kannst du gerne zurückhaben. Allerdings unter einer Bedingung.“
„Und die wäre?“
„Du garantierst mir mein eigenes Fürstentum. Sagen wir… den Kontinent Europa und du behältst die Insel.“ Dabei grinste er.
„Du musst größenwahnsinnig sein“, zischte Jason zornig.
Xavier ließ das kalt. „Sehen wir es mal so: Unsere Evolution ist immer noch im vollen Gange. Ich habe das Blut des Vampirgottes getrunken. Also bin ich gegen diese verfluchte Chemikalie immun – du übrigens auch – und alle meine Geschöpfe werden es wohl ebenfalls sein. Im Gegensatz zu dir, Vater-“ Dieses Wort klang besonders zynisch. „- habe ich aber keine Bedenken, neue Vampire zu erschaffen.“
Es blieb eine Weile still. Jasons Gedanken rasten. Damit würde er Xavier Dantes als gleichrangig anerkennen. „Und wenn ich darauf eingehe, lässt du Leander frei?“
Xavier nickte. „Darauf hast du mein Wort. Als Spielzeug taugt er sowieso nicht viel!“ Bei diesen Worten betrachtete der junge Mann seine gepflegten Fingernägel. Dann blickte er wieder zu dem Fürsten der Neuzeitvampire hinüber. „Also? Schließlich hatte ich damals auch keine große Wohl, entweder den Tod oder – deine Welt! Allerdings…“ Der junge Vampir zögerte kurz. „…mit dir an meiner Seite…“
Jasons Lachen klang bitter. „Vergiss es. Du warst eine einmalige Angelegenheit, und ich bin nicht gerade stolz auf das, was ich getan habe!“
Xavier verzog beleidigt das Gesicht. „Bring Leander unverzüglich wieder zurück nach Italien. Dann sehen wir weiter!“, forderte Jason jetzt. Er wollte sich auf keine weitere Diskussion einlassen.
* * *
Leander war wütend – auf sich selbst. Seit seiner Rückkehr auf das Weingut schimpfte er ununterbrochen vor sich hin. Er fühlte sich gedemütigt. Die kleinen, oberflächlichen Kratzwunden auf seiner Brust waren schon im Abheilen begriffen. Immer noch konnte er nicht glauben, dass der junge Bursche ihn hatte überwältigen können.
Jason beobachtete amüsiert seinen zornigen Freund, der jetzt so wenig Engelhaftes an sich hatte. „Beruhige
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