Lux Aeterna (German Edition)
gewesen. Aber ihre Schönheit war bereits im Begriff zu verblühen, als sie der alte Vampirmeister Orsini zur Vampirin wandelte und damit unsterblich machte. Noch immer war die Bühne ihre Leidenschaft, nur ihre Namen wechselten im Laufe der Jahrhunderte.
Umso erstaunter war die Grenzgängerin, als Jason Dawn sie in ihrer Garderobe in dem kleinen zweitklassigen Theater in Paris besuchte.
„Was ist gestern bei der Versammlung geschehen?“, fragte Jason sie in einem resoluten Tonfall. Isabella hatte sich schon gefasst und wandte sich ungerührt wieder ihrem Spiegelbild zu, um sich weiter abzuschminken. „Ich weiß nicht, was du meinst. Ich nehme an, Leander hat dir von dem Serum erzählt. Wir haben darüber diskutiert, wie wir es an die Hybriden verteilen sollen. Das ist alles.“
Jason glaubte ihr. „Und weiter?“
„Was weiter? Nichts weiter! Wir haben uns im Morgengrauen verabschiedet und drei von uns wollten noch einen Tag bleiben. Zum Nachdenken sozusagen.“
Der junge Vampirfürst überlegte, während er die Tänzerin weiter beobachtete. „Wer von euch ist noch geblieben?“, fragte er dann in ihren Spiegel hinein.
Sie blickte ihm geradewegs in die tiefbraunen Augen, zuckte die Schultern. „Einer von den Amerikanern, eine Russin und ein junger Franzose namens Xavier.“
Dieser Name sagte ihm was, doch Jason kam nicht darauf. „Wo kann ich diese Grenzgänger finden?“
Isabella seufzte genervt, zog ihr Handy aus der kleinen Handtasche und suchte ihrem ungebetenen Besucher die Adressen heraus. Jason notierte diese mit Kajalstift auf einem der Abschminktücher. „Danke“, meinte er dann nur. Im Gehen wandte er sich noch einmal um. „Noch was. Niemand darf erfahren, dass du mich gesehen hast. Verstanden?“ Seine Stimme hatte jetzt einen drohenden Unterton. Isabella wurde noch bleicher. Sie nickte.
Arthur Henson und die Russin waren ein Fehlschlag. Sie waren bereits zur Mittagszeit wieder aus Italien abgereist. Blieb nur noch dieser Xavier und der ging nicht ans Telefon. Jasons Unruhe wuchs. Seine telepathischen Fähigkeiten konnte er nicht einsetzen, sonst wäre sein Dasein rasch entdeckt und bekannt geworden unter den Neuzeitvampiren. Davor hatte Leander ihn gewarnt. Blieb also nur ein persönlicher Besuch in Paris.
Pandoras Pakt
„Was soll das? Mein Blut ist hochgiftig für dich“, sagte Leander Knight und versuchte vergeblich die Fesseln abzuschütteln.
Es hatte Xavier Mühe gekostet, den Atlanter zu überwältigen. Doch eine hohe Dosis Chloroform hatte ihn, oder besser seine menschliche Seite, soweit geschwächt, dass es dem Vampir schließlich gelungen war, ihn aus dem Haus in Italien zu entführen. Auf dem verlassenen Hof seiner Großmutter in der Bretagne hielt Xavier den Halbengel gefangen und gefesselt an den Metallrahmen eines alten Bettes. Er hatte ihm die Augen verbunden.
„Mag sein“, antwortete der Grenzgänger jetzt und neigte sich zu seinem Gefangenen. „Aber vielleicht sollst du mich ja beißen…“ Mit diesen leisen Worten strich er sanft mit dem Zeigefinger über Leanders halb entblößte Brust.
„Niemals. Wenn du deine Seele erlösen willst, brauchst du einen Menschen, der an deine Stelle in die Verdammnis geht.“
Xavier seufzte. „Nicht doch. Mein Dasein gefällt mir ganz gut.“ Er nahm dem Halbengel die Augenbinde ab. Dieser betrachtete wütend den jungen Mann, der ihn so dreist angegriffen und entführt hatte.
„Sieh mich ruhig an. Ich bin der Sohn meines Vaters“, begann Xavier die Unterhaltung erneut. Und als Leander nicht darauf einging: „Jason Dawn ist mein Erschaffer!“
Leander schüttelte den Kopf. „Jason hätte so was wie dich niemals angerührt.“
Xavier grinste. „Hat er doch und es hat ihm sogar Spaß gemacht! Ich bin seine dunkle Seite!“
„Fahr zur Hölle!“, zischte Leander.
Xavier lachte laut auf. „Das tue ich wirklich – eines Tages – aber vorher will ich meine Macht soweit wie möglich auskosten! - Was ich schon immer wissen wollte: Wie stehen Engel eigentlich zum Thema Schmerz?“ Dabei gruben sich seine Fingernägel in die Herzseite des Halbengels. Leander verzog keine Miene.
„Du bist ein Grenzgänger, kein Fürst!“, forderte er seinen Peiniger heraus. Der junge Vampir kam jetzt gefährlich nahe an Leanders Gesicht, seine blaugrünen Augen hatten eine intensive Farbe angenommen. „Falsch, mein Freund! Sag mal, hast du nichts vermisst?“
Leander starrte ihn an. Das also war die Macht, die er
Weitere Kostenlose Bücher