Lux Aeterna (German Edition)
Falle“, schlug Carolus vor und nahm wieder einen kräftigen Schluck aus dem goldenen Becher vor ihm. „Geht auf seinen Vorschlag ein uns auszuliefern und holt ihn hierher. Die englischen Schlösser sind voll von Folterkellern.“
Der Gedanke daran bereitete selbst Leander eine recht irdische Genugtuung, denn er hatte sich selbst einmal in Xaviers Gewalt befunden, um als Druckmittel für Jason zu dienen.
* * *
„Ich werde Euch bestimmt nicht beide Fürsten in die Hände spielen“, knurrte Leander Knight am Telefon. „Lady Alderley hat sich zum Tausch bereit erklärt gegen Jasons Asche. Aber keine Tricks!“ Xavier amüsierte sich insgeheim über Leanders Vorschlag.
Der stolze Engel aus Atlantis beugte sich doch noch vor ihm. Dabei hatte dieser ihm erst zu einer solchen Macht verholfen, indem er das Blut des Vampirgottes aus den Gewölben unter dem Vatikan gestohlen hatte.
„Wenn ich nicht so nett wäre“, lachte er immer noch, „dann würde ich dir dafür nur die Hälfte der Asche mitbringen! Was schlägst du also vor?“
„Lady Alderley fühlt sich in England heimisch. Ich werde sie nicht nach Paris bringen können. Aber Ihr seid jung und unabhängig vom Tageslicht. Ich möchte ein Treffen auf Glenmore Castle in Schottland vorschlagen. Es ist um diese Zeit unbewohnt, und kein Tourist verirrt sich hierher.“
Xavier überlegte kurz, dann stimmte er zu. „Nun gut. Treffen wir uns also dort. Allerdings bestehe ich darauf, dass sie allein kommt. Ich habe ja gehört, dass die Lady eine hinreißende Schönheit sein soll. So etwas fehlt mir noch in meiner Sammlung. Wir sehen uns nächsten Samstag nach Einbruch der Dunkelheit.“ Xavier wusste, dass die alten Meister nur bei Dunkelheit aktiv waren. Ihnen waren die Segnungen der neuen Zeit fremd und ungewohnt geblieben.
Für Xavier war das alles nur ein kleines Machtspiel, das seiner Eitelkeit diente. Noch in derselben Nacht traf er auf Glenmore Castle ein. Er war ganz in Schwarz gekleidet; ein lässiges, langes Seidenhemd über einer schwarzen Wildlederhose. Nur das hellblonde, leicht gewellte Haar bildete einen fast engelhaften Kontrast zu seiner dunklen Erscheinung.
Das Schloss war tatsächlich menschenleer und lag in nachtschlafender Ruhe. Die meisten Möbel waren mit weißen Tüchern abgedeckt, um sie vor Staub zu schützen. Gleichzeitig vermittelten sie den großen Räumen mit den hohen Decken eine gespenstische Atmosphäre. Kostbare Gemälde hingen überall an den Wänden. Xavier spürte die elektrischen Schwingungen einer Alarmanlage, die mit Sicherheit mit der nächsten Polizeistation verbunden war. „Wie kindisch“ , dachte er. Für einen Vampir waren die menschlichen Sicherheitsvorkehrungen nicht mehr als Spielzeuge.
Vorsichtig stellte er die versiegelte Urne mit Jasons Asche auf den großen Tisch im Speisesaal und blickte sich weiter um. Es war kalt innerhalb der starken Mauern, aber Temperaturen waren für Untote denkbar unwichtig. Ein Mensch hätte sicherlich gefroren. Xavier glaubte nicht, dass Leander ihm eine Falle gestellt hatte, soweit traute er dem Halbengel. Allerdings konnte es nicht schaden, auf der Hut zu sein.
In seiner Überheblichkeit hatte ihn der Gedanke, eine echte Fürstin an seiner Seite zu haben, nicht mehr losgelassen. Das würde seinen Einfluss auf die Hybriden stärken. Sein Machthunger war genauso gewachsen wie sein Hunger nach Blut und Abwechslung bei der Jagd.
Lange brauchte der Franzose nicht zu warten, dann spürte er die Anwesenheit eines mächtigen Vampirs im Schloss. Schon öffnete sich die Tür zum Saal und Lady Alderley trat herein. Xavier stockte der Atem.
Mit einer solchen schneewittchenhaften, zerbrechlichen Schönheit hatte er nicht gerechnet. Sie trug ein purpurnes langes Samtkleid im Stil der Renaissance. Die langen lackschwarzen Haare waren zu einer kunstvollen Frisur hochgesteckt und die leuchtend veilchenblauen Augen unter den dichten schwarzen Wimpern in dem porzellanweißen Gesicht blickten den Gast jetzt unverwandt an.
Im ersten Augenblick war Xavier versucht sich zu verneigen, doch sein eigener Stolz kämpfte dagegen an. Die englische Dame bemerkte seinen inneren Zwiespalt und erleichterte ihm die Begrüßung.
„Nun, Mylord“, dabei erwies sie ihm die Ehre, ihn als gleichgestellt anzusprechen, „hier bin ich. Ich freue mich, dass auch Ihr Euer Versprechen gehalten habt.“
Damit deutete sie mit dem Kopf auf das schlichte schwarze Grabgefäß auf dem weißen Tischtuch.
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