Lux Aeterna (German Edition)
hoffe, Sie sprechen Englisch!“
Welsch schüttelte den Kopf. „Nicht gut genug für eine Befragung dieser Art. Ich schätze, hier werden Sie jetzt die Hauptarbeit leisten müssen.“
* * *
Rita Hold überlegte, dass sie selbst im Teenageralter wohl auch auf diesen Typen gestanden hatte. Damit meinte sie Jason Dawn, den Leadsänger, der sie gerade neugierig ansah und irgendwie in Verlegenheit brachte. Sie und Kommissar Welsch hatten die Bandmitglieder von „The Damned“ zu einer Befragung in die Hotellounge gebeten. Auf dem Tisch vor ihnen lagen die Fotos der beiden Mädchen Marita und Karin.
Rita hatte vor dem Polizeidienst eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin gemacht und fungierte jetzt als Dolmetscherin für den Kommissar. Dieser blickte die vier jungen Musiker in den schwarzen Klamotten an wie exotische Insekten. Sie alle waren zudem noch geschminkt, wobei das bei dem androgyn wirkenden Sänger gar nicht schlecht aussah. Im Gegensatz zu den drei anderen wirkte er authentisch und nicht wie eine Kunstfigur.
Jason war Anfang Zwanzig, sehr schlank und hochgewachsen mit mädchenhaft weichen Gesichtszügen. Die großen dunklen Augen waren mit schwarzem Kajal betont und wurden von langen Wimpern umrahmt. Sein Teint war auch ohne Schminke blass, und der sinnliche Mund lächelte jetzt Rita an.
Der Kommissar stieß seine Assistentin leicht mit dem Ellbogen an, um sie in den Alltag zurückzuholen.
„Oh ja, also, die Vier kennen die Mädchen nicht, zumindest haben sie gestern im Zuschauerraum nicht auf sie geachtet.“
Der Kommissar war damit nicht zufrieden. „Die treten in einem übersichtlichen Club auf und nicht in riesigen Hallen“, knurrte er.
Rita sah ihn an. „Stimmt, Chef, aber die Gothicszene kleidet sich nun mal in Schwarz und bei einem Konzert sehen die Zuschauer von der Bühne aus gesehen wahrscheinlich alle gleich aus.“
„Fragen Sie die komischen Knaben mal, wo sie als nächstes auftreten.“
„Hab ich schon, in Bremen.“
„Das ist ja nicht so weit entfernt. Wir werden uns das mal anschauen.“ Damit verabschiedete sich der Kommissar von den Musikern, die sich desinteressiert in den Loungesesseln lümmelten.
In der Aladin Music Hall in Bremen brannte die Luft. Ein Meer schwarz gekleideter Gestalten hüpfte im Takt auf und nieder. Die Bühne lag im Nebel, der von farbigen Scheinwerfern angestrahlt wurde. Die Band war nur schemenhaft zu erkennen. Die Bassboxen dröhnten und versetzten alles in Schwingung, was nicht standfest war.
Kommissar Welsch hielt sich die Ohren zu. Seine Assistentin hatte dagegen Spaß an dem fetzigen Rocktitel mit dem düsteren Text, den die Band gerade zum Besten gab.
Nach einer halben Stunde hielt der Kommissar es nicht mehr aus und flüchtete, nicht ohne zuvor Rita ins Ohr gebrüllt zu haben, sie solle die Jungs da vorne im Auge behalten.
Rita traf die Musiker wieder in der VIP-Lounge des Hotels, wo sie die Bar gestürmt hatten. Einige Mädchen aus dem Konzert waren wohl eingeladen worden. Die Mittdreißigerin beobachtete das ausgelassene Treiben aus der Distanz. Jason hatte sich mit einem blutjungen, langhaarigen Mädchen in Gothic-Kleidung an einen Tisch zurückgezogen. Ungeniert flirtete er mit ihr. Das Mädchen schien eher verlegen.
‚Typisch Showbiz’ , dachte Rita. Es war kurz nach Mitternacht, als die kleine Blonde die Party verließ. Kurze Zeit saß Jason alleine am Tisch vor einem leeren Glas, dann blickte er abrupt zu der Polizeiassistentin herüber. Ihre Blicke trafen sich. Er nickte ihr zu und winkte sie an den Tisch. Rita folgte der Aufforderung, obwohl sie längst müde war und eigentlich gehen wollte.
Trotzdem setzte sie sich zu dem jungen Sänger. Jason bestellte ein Bier für sie.
„Wie kommen Sie eigentlich an Ihre Songtexte?“, fragte sie in perfektem Englisch. Warum nicht die Gelegenheit nutzen und mit einem vielleicht zukünftigen Star plaudern.
Jason fühlte sich geschmeichelt. „Lebenserfahrung“, meinte er nur.
Rita hob die Augenbrauen. „Dafür sind Sie doch viel zu jung.“
Der hübsche Bengel grinste wieder. „Wer sagt das?“, fragte er. „Manchmal sind die Dinge nicht so, wie sie scheinen.“ Jason rückte näher an die hübsche, vollschlanke Frau heran. Der Blick aus seinen dunkelbraunen Augen war hypnotisch.
Sie atmete tief durch. Wow, dieses Kribbeln im Bauch hatte Rita zuletzt in ihrer Schulzeit verspürt.
Der Sänger beugte sich zu ihr. „Ich kann Ihre Lebensenergie
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