Lux Aeterna (German Edition)
Verschwinden der Artisten zu tun?“
Tanja kam näher. „Es ist sicher nicht ungewöhnlich, dass Künstler verschwinden und unter anderem Namen wieder auftauchen. Ich kann leider kein Geständnis ablegen. Dann würde ich Sie in Gefahr bringen.“
„Und Holly?“ Kommissar Welsch wurde langsam mulmig zumute.
„Holly hat sich in Robert, oder besser gesagt Richard, verliebt. Das ist immer tödlich!“ Jetzt lächelte sie. Doch dieses Lächeln war nicht herzlich, sondern grausam.
„Also hat Robert sie getötet?“
Tanja nickte. „Er hatte Hunger.“
Die Augen des Kommissars wurden größer. Dafür verlor sein Gesicht an Farbe. „Hunger?“, fragte er.
„Ja, wir brauchen Blut, um zu überleben.“
„Wer, wir?“
Tanja verlor die Geduld. „Oh, hören Sie auf, Herr Kommissar, sagen Sie bloß, Sie haben noch nie etwas von Vampiren gehört!“
Jetzt war Welsch wirklich sprachlos.
Tanja beugte sich über ihn. Ihr Gesicht kam dem Seinen ganz nah. Dann entblößte sie die Lippen, und er konnte sehen, wie die Eckzähne in ihrem Mund zum Vorschein kamen, wie die Fangzähne einer Schlange, die langsam erschienen. War das ein Alptraum?
* * *
Welsch erwachte auf seinem Zimmer in der Pension. Der Regen plätscherte gegen sein Fenster. Er sah auf die Uhr. Viertel vor Zehn. Kein Wunder, dass er Hunger hatte. Zeit zum Frühstück. Im Badezimmer nickte er dem unrasierten Fremden in seinem Spiegel freundlich zu. Was für einen blöden Traum hatte er da gehabt? Dann fiel ihm ein, dass der Zirkus ja heute in Köln eintreffen würde. Dort würde er seine Assistentin Rita abholen und mit ihr zusammen zurück nach Hamburg fahren. Fast freute er sich auf sein Büro. Dieser Fall hatte ihn genug Nerven gekostet. Aber die Mörderin des Clowns war tot. Trotzdem stimmte irgendetwas nicht.
„Au!“ Welsch hatte sich beim Rasieren geschnitten. Ein kleiner Blutstropfen lief an seinem Kinn hinunter. Blut… Da war doch was? Er wischte sein halbrasiertes Gesicht ab und fischte seine unordentlich hin gehängten Klamotten auf. Er musste sofort in dieses Hotel im Phantasialand und dann Rita abholen. Sein Magen knurrte immer noch. Keine Zeit! Im Hotel hetzte er zum Empfang. Als er nach den Zauberkünstlern fragte, schüttelte der Portier bedauernd den Kopf.
„Es tut mir leid. Die beiden haben schon ausgecheckt.“
Welsch hetzte zurück zum Wagen und fuhr zur Zirkuswiese. Die ersten Wagen waren bereits da. „Wo ist der Direktor?“ Er fragte im Vorbeilaufen die Arbeiter, und die wiesen auf einen der Zirkuswagen. Welsch stürmte ohne anzuklopfen hinein.
Direktor Holzmeier fuhr erschocken herum.
„Wo sind dieser Townsend und seine Assistentin?“
„Oh, die. Die haben mir ein Telegramm mit ihrer Kündigung geschickt und sind auf und davon. Ich glaube, zurück nach Hamburg. Dort liegt ein Schiff nach Südamerika, wo sie auf Tournee gehen wollten. Falls ich das richtig verstanden habe.“
Welsch seufzte und ließ sich auf einen Stuhl fallen. ‚Südamerika’ , dachte er, ‚Keine Auslieferung. Die beiden sind entwischt.’
Holzmeier sah den durchnässten Kommissar mit dem Blick eines Irrenarztes an, der seinen Patienten betrachtet.
„Trinken Sie erstmal einen Kaffee. Dann geht es Ihnen gleich besser.“
Rita betrat den Wohnwagen. Sie hatte den Kommissar über den Platz eilen sehen und war ihm gefolgt. Mit kurzen Sätzen erzählte Welsch seiner Assistentin von den Geschehnissen der letzten Tage. Dann hatten beide die gleiche Idee. Ein Griff zum Telefon und schon war ein Flug nach Hamburg gebucht.
Der Luxuskreuzer „Queen of Sheba“ lag noch im Hafen vor Anker. Die meisten Passagiere befanden sich bereits an Bord. Die Zuschauer und Begleitpersonen der Passagiere verursachten am Pier ein Getümmel wie auf einem Jahrmarkt. Mittendrin wurde das Gepäck verladen.
Kommissar Welsch und Rita Hold eilten die Gangway hinauf zum Zahlmeister. Nach Vorlage ihrer Polizeiausweise erhielten sie Einblick in die Passagierliste, aber die Namen Townsend und Helmbrandt waren dort nicht zu finden.
„Entweder haben sie sich wieder eine neue Identität zugelegt oder das hier ist nur eine falsche Fährte“, dachte Kommissar Welsch laut vor sich hin. Oben von der Reling aus hatten die beiden Beamten einen Überblick über den gesamten Platz vor dem Schiff. Doch es gab nichts Auffälliges zu entdecken. Welsch und seine Assistentin gingen die Gangway wieder hinunter.
Die letzten Gepäckstücke wurden gerade in den Frachtraum verladen, zwei
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