Lux Aeterna (German Edition)
Schreibtisch zu sortieren.
Dieses Mal war Rita gut vorbereitet zu dem Treffen der Rollenspieler gekommen. Unter der Bluse trug sie einen Sender, draußen gegenüber dem Lokal stand ein getarnter Kleinbus mit Kommissar Welsch und einem Techniker, der alles aufzeichnete. Mehrere Kollegen waren in den umliegenden Straßen verteilt. Trotzdem fühlte sich die Ermittlerin nicht gerade wohl. Den langen Rock hatte sie gegen ein Paar dunkle Stoffhosen getauscht, über denen sie eine lange Bluse mit einer geblümten Weste trug. Auch jetzt hatte sie die Haare hochgebunden, das betonte nicht nur ihre schöne Nackenpartie. Nein, dieses Mal diente ihr Hals als Köder, das wusste sie genau.
Rita hatte Jason nichts von ihrem Vorhaben erzählt, weil sie befürchtete, dass er sie wieder nur ablenken würde. Allerdings waren ihm ihre Gedanken nicht verborgen geblieben. Vom gegenüberliegenden Hausdach beobachtete er den Eingang des Lokals, und dazu brauchte er nicht einmal ein Fernglas.
Christian Hansen erkannte die hübsche Brünette sofort wieder. Er trug das gleiche Gewand wie beim letzten Mal.
„Heute nicht in Begleitung?“, fragte er und reichte ihr einen der silbernen Becher, nachdem er sich kurz vorgestellt hatte.
Rita versuchte, freundlich zu lächeln.
„Nein, wir haben uns getrennt“, bemerkte sie nur kurz.
„Darf ich Ihnen dann heute Abend Gesellschaft leisten?“, lächelte der junge, blonde Mann. „Vielleicht haben Sie ja auch Interesse mehr über uns zu erfahren. Wie ich sehe, sind Sie noch Neuling in unserer Community.“ Dabei wies er auf ihre wenig mittelalterliche Kleidung.
„Oh ja, ich habe Sie im Internet entdeckt und würde gern mehr über Ihre ‚Spiele’ wissen“, erwiderte Rita und brauchte ihr Interesse nicht einmal zu heucheln. Christian nahm sie am Arm.
„Ich möchte Ihnen gerne einen unserer beliebtesten Spielorte zeigen. Aber der liegt etwas außerhalb.“
„Keine Sorge, ich passe gut auf Sie auf“, sagte er noch, als er ihr leichtes Zögern bemerkte. Rita folgte ihm aus dem Lokal.
* * *
Ohlsdorf. Der Friedhof lag im geheimnisvollen Schein des Vollmondes, der eine mystische Landschaft vor ihren Augen erschuf. Steinmonumente wechselten sich mit schlichten Gräbern, hohen Bäumen und verschlungenen Wegen ab. Ritas und Christians Schritte waren die einzigen Geräusche in der Nacht. Sie sprachen kein Wort miteinander. Rita hoffte, dass ihre Kollegen ihr gefolgt waren und ließ sich von ihrem Begleiter immer tiefer auf das Gelände führen. Die kleinen, roten Augen der Ewigen Lichter auf den Gräbern blinzelten sie an. So langsam schlich die Panik in ihr hoch.
„Warte hier“, sagte Christian plötzlich bei einem der großen, auf Säulen getragenen Monumente. „Ich bin gleich zurück.“
Rita ahnte, dass sie ihn nicht wieder sehen würde.
Kaum war Christian Hansen hinter dem Stamm einer riesigen Eiche verschwunden, von wo aus er die Situation beobachten konnte, grub sich eine Hand in seinen Nacken.
„Hör zu, du weißt, wie sich Vampirzähne anfühlen. Sollte meiner Freundin dort drüben was passieren, befördere ich dich umgehend ins Jenseits!“, zischte Jason in das Ohr das Mannes, der genauso groß war wie er. Trotzdem war der Vampir ihm kräftemäßig überlegen. Christian war erstarrt.
„Wer ist in diesem Revier aktiv?“, wollte Jason wissen und packte noch kräftiger zu.
„Fürstin di Marco“, gab der junge Mann keuchend zu Antwort.
Wie Jason gedacht hatte, eine Fürstin der Sangue Ombra, die gerne eigene Wege ging. Gegen sie hätte ein Hybridenvampir wie er keine Chance. Die Situation wurde langsam brenzlig. Sein feines Gehör nahm die ankommenden Wagen am Friedhofseingang war. Kommissar Welsch war also auch bereits auf dem Weg. Er schaute auf das Monument, wo eben Rita noch gestanden hatte. Wo, zum Teufel, war sie hingelaufen?
„Hör zu, die Polizei ist bereits auf dem Gelände. Du wirst dem Kommissar brav alles berichten und die Morde auf dich nehmen. Hörst du?“
„Aber… ich war das nicht“, die Stimme des jungen Mannes klang jetzt fast weinerlich.
„Spielt keine Rolle. Entweder lebenslänglich ins Gefängnis oder die Fürstin oder sogar ich werden dich zur Strecke bringen. Im Knast bist du in Sicherheit und hast unserer Rasse sogar noch einen Dienst erwiesen. Also, was ist?“ Jason duldete keinen Widerspruch.
Christian Hansen nickte.
„Geh zum Eingang, von dort kommen die Polizisten. Beeil dich, Mensch!“ Jason schubste ihn in
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