Lux Aeterna (German Edition)
Bank.
‚Das verdient man nicht allein als Kapitän eines Frachters’ , dachte Welsch. Da musste mehr dahinter stecken. Aber welche Nebenjobs konnte ein Kapitän auf hoher See schon ausüben?
* * *
Rita Hold schlenderte derweil durch den Containerhafen. Der Himmel hatte sich zugezogen, aber es war immer noch brütendheiß. Die gelbliche Färbung deutete auf ein drohendes Gewitter hin. Nach sechzehn Uhr waren die meisten Arbeiter schon gegangen. Die bunten Container bildeten riesige Schluchten, durch die man bequem mit dem Auto hätte fahren können. Rita überlegte, was Menschen wohl dazu bringen konnte, in diese gigantischen Särge zu steigen. ‚Wie riesige Mausefallen’ , dachte sie. ‚Vor allem ohne Nahrung und Wasser.’
Gedankenverloren strich sie mit der Hand über eine der verplombten Riesenkisten. Dann erstarrte sie, ein wahnwitziger Gedanke war ihr durch den Kopf geschossen. Wenn das Fallen waren mit menschlichen Ködern, für wen waren diese Fallen dann bestimmt? ‚Ich fange schon an zu fantasieren. Das muss die Hitze sein’ , dachte sie wieder und ging weiter.
Dr. David kam mit einer Überraschung zurück. „Die Leute im Container waren alle mit Tollwut infiziert. Daher dieses blutige Ende, sie haben sich gegenseitig angefallen“, sagte er und präsentierte Kommissar Welsch seinen Bericht über die illegalen Toten.
„Tollwut?“, fragte der Kommissar nach.
Dr. David nickte. „Inkubationszeit ab zehn Tagen bis unbestimmt. Entweder war einer von ihnen bereits Träger als er an Bord ging oder….“
Welsch blickte fragend zu ihm.
„Na ja, es könnten Ratten an Bord sein, die den Erreger übertragen. Allerdings...“, gab er zu bedenken, „waren die Container verplombt.“
Welsch griff zum Telefon und rief seine Partnerin an. „Rita, Sie sind doch noch am Hafen. Bitte sehen Sie sich noch mal den Container an, in dem wir die Leichen gefunden haben und stellen Sie fest, ob der ein Loch hat, durch das eine Ratte hindurchpassen würde. Aber achten Sie darauf, dass Sie sich nirgendwo verletzen. Es besteht Verdacht auf Tollwut!“ Dann wandte er sich wieder an den Gerichtsmediziner.
„Wir untersuchen gerade die Besatzung auf Tollwut“, sagte Dr. David und verschwand wieder.
Welsch gab dem Hafenmeister Bescheid, dass das Schiff und dessen bereits gelöschte Fracht vorläufig unter Quarantäne gestellt werden sollte. Die Pier, an der der Frachter lag, wurde daraufhin abgeriegelt und unter Bewachung gestellt.
Das Verhör der Besatzung der „Skywalker“ hatte nichts ergeben. Die Leute stellten sich dumm. Nur einer – ein kleiner, polnischer Maat, gerade mal Anfang Zwanzig – schien sehr ängstlich zu sein. Kommissar Welsch beschloss, sich den Knaben später noch mal vorzunehmen. In seiner Aussage hatte dieser den Begriff „Todesschiff“ erwähnt. Da wollte er mal nachhaken.
Kurz darauf stellte Dr. David fest, dass die Mannschaft wohl frei von Tollwut war, überstellte jedoch alle zur Beobachtung ins Krankenhaus.
Rita Hold begutachtete den Container von innen und von außen. Sie trug Schutzhandschuhe. Der Geruch des Todes klebte trotz der Reinigung immer noch an dem Metall. Was ihr auffiel war, dass in eine der Längsseiten offenbar kreisrunde kleine Löcher gesägt worden waren, die man auf den ersten Blick leicht übersehen konnte. Oben in den beiden hinteren Ecken der Container waren wiederum kleinere Löcher hineingebohrt worden.
‚Das hier ist kein Rostfraß’ , dachte sie. ‚Dazu sind die viel zu gleichmäßig.’ Aus einer Ahnung heraus sah sie sich auch den zweiten Container an, in dem man weitere Reste von Blutspuren gefunden hatte. Sie fand die gleichen kreisrunden Löcher an den gleichen Stellen. Vorsichtshalber machte sie ein paar Fotos mit ihrem Handy und fuhr dann zurück ins Kommissariat. Aus der Ferne war bereits Donnergrollen zu hören. Das Gewitter war im Anzug.
* * *
Inzwischen war auch Jason Dawn auf der Suche. Auf der Suche nach einem der Grenzgänger unter den Vampiren. Diese Unterart war selten und der einzige, den er bisher gefunden hatte, schlief auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris. Es wäre keine gute Basis für ein Blutsbündnis mit einem Grenzgänger, wenn man diesen vor seiner gewählten Zeit erweckte, und das konnte erst in ein paar Jahrzehnten oder Jahrhunderten sein. Daher war der junge Unsterbliche gezwungen, weiter zu suchen. Der einzige Grenzgänger, der Rita und ihm noch bekannt war, war Richard Tabatha, von dem
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