Lux Aeterna (German Edition)
Deutsche Rote Kreuz sammelt“, murmelte sie vor sich hin.
„Wie bitte?“
„Äh, nichts. Ich habe nur laut gedacht.“
„Gut. Ihr Zynismus ist hier wirklich nicht angebracht. Der Kerl reist kreuz und quer und nicht eine einzige Beschreibung von ihm haben wir vorzuweisen.“
„Ich mach mich gleich an die Liste mit den Hotelgästen.“ Tamara goss sich einen Kaffee ein, bevor sie sich an ihren Schreibtisch setzte.
„Gut, sobald ich die aus Berlin habe, bekommen Sie die auch noch.“
„Da vergeht einem doch glatt das Frühstücken.“ Welsch betrachtete die Fotos auf seinem Computer. Wieder eine schöne, junge Frau mit langen, diesmal schwarzen Haaren und bleichem Gesicht. Wieder die gleichen Merkmale an dem rechten Handgelenk. Wieder blutleer. Wieder Rosenblüten und eine Perlenkette aus schwarzglänzendem Hämatit. Wieder keine Spur und keine Zeugenaussagen.
„Vielleicht habe ich ja was. Aber ich bin mir nicht sicher.“ Tamara hatte die Namenslisten der Gäste aus den Nobelhotels aus Kopenhagen, Moskau, Hamburg und Berlin vor sich liegen. Ein oder zwei Namen hatte sie Gelb markiert. „In Kopenhagen und hier in Hamburg taucht der Name Stefan Schwarz auf. Ein Medienberater, der für internationale Fernsehsender arbeitet. Aber in allen vier Städten finde ich nur einen Namen, den von Richard Tabatha.“
„Der Künstler?“, fragte Welsch.
„Genau, er befindet sich zurzeit auf Europatournee und tritt in nahezu allen großen Konzerthallen auf.“
„Der Typ ist doch weltbekannt. Wenn man den mit den Opfern gesehen hätte, das wäre sofort in der Presse gewesen. Lassen Sie sich von seinem Management mal den Tourplan geben.“ Kommissar Welsch runzelte die Stirn. Irgendwie schien das nicht zusammen zu passen.
Das Gesicht von Richard Tabatha prangte von allen Konzertplakaten in diesen Städten, ganz zu schweigen von seinen TV-Auftritten. Der Pianist war eine weltmännische Persönlichkeit mit einer umwerfenden Ausstrahlung auf Frauen.
„Naja, wir könnten ihn uns ja mal anschauen“, meinte Welsch.
„Das dürfte schwierig werden. Der nächste Auftritt ist in Wien“, antwortete Tamara.
„Und wir können nicht warten, bis dort ein weiterer Mord geschieht. Buchen Sie uns einen Flug. Wir gehen in ein Konzert!“
Tamara schaute erstaunt von ihren Papieren auf. So bestimmt kannte sie ihren Chef nur, wenn dieser eine Witterung aufgenommen hatte.
„Ach ja, und informieren Sie unsere Kollegen in Österreich. Ich möchte nicht, dass es dort Kompetenzschwierigkeiten gibt.“
Tamara griff zum Telefon.
Der Kursalon Wien in der Johannesgasse war ausgebucht. Die Kollegen in Österreich hatten dafür gesorgt, dass Tamara und ihr Chef Plätze in der ersten Reihe bekamen und auch, dass sie nach dem Konzert den Künstler ungehindert besuchen konnten.
Das Orchester, das den heutigen Pianoabend begleiten sollte, stimmte gerade seine Instrumente. Ein Raunen und Tuscheln erfüllte den Raum. Die gut gekleideten Gäste waren voll spannungsgeladener Erwartung. Genauso ging es Tamara. Dagegen hatte ihr Chef, der neben ihr saß, einige Probleme mit dem eleganten Anzug, der ihn überall zu kneifen schien.
Am liebsten wäre Kommissar Welsch wieder gegangen, denn er hasste solche gesellschaftlichen Auftritte. Nervös rutschte er auf seinem Sitz hin und her. Für seine hübsche Assistentin hatte er keine Augen. Diese fühlte sich dagegen recht wohl in dem eng anliegenden schwarzen Abendkleid mit dem tiefen Rückenausschnitt und der perlenbestickten Seidenstola. Die blonden, langen Haare waren hochgesteckt und mit zwei Strasskämmen gehalten. Sie sah bezaubernd aus und genoss die bewundernden Blicke der anwesenden Herren.
Endlich! Richard Tabatha betrat die Bühne im obligatorischen Frack. Er verbeugte sich vor dem applaudierenden Publikum und nahm auf dem Hocker vor dem imposanten Bösendorfer Flügel Platz. Tabathas Hände flogen über die schwarz-weißen Tasten und erweckten die Noten vor ihm zum Leben. Melodien schwebten durch den Raum, hoben und senkten sich wie zarte Schleifer um die Zuhörer. Der Künstler selbst schien verloren in der Musik, weit weg von den Menschen und ihren Alltagssorgen. Über neunzig Minuten lang hielt der Pianist sein Publikum in seinem Bann. Ein tosender Applaus beendete seine Vorstellung.
Noch ganz erfüllt von der Musik machte Tamara sich nach dem Konzert auf den Weg zur Künstlergarderobe. Der Security brauchte sie nur ihren Polizeiausweis zu zeigen. Ihr Chef wollte
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