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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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herangeritten.
    »Was den Weg anbelangt«, erwiderte er lakonisch, wobei er Reynevan in die Augen sah, »so hast du absolut recht. Was alles
     andere anbelangt, nicht. Alles ist in Ordnung und so, wie es sein soll.«
    »Prokop hat gesagt
. . .
«
    »Dir hat er das gesagt«, unterbrach ihn Bedřich. »Mir aber hat er seine Befehle erteilt. Ich habe die Leitung bei dieser Mission.
     Hast du vielleicht ein Problem damit?«
    »Vielleicht sollte er das«, ließ sich Scharley vernehmen, der seinen schönen Rappen auf ihn zu lenkte, »denn ich habe eins.«
    »Vielleicht«, Samson kam auf seinem großen Schlachtross von der rechten Seite auf Bedřich zu, »vielleicht wäre etwas mehr
     Ehrlichkeit angebracht, Herr ze Strážnice? Etwas mehr Ehrlichkeit und Vertrauen? Oder ist das zu viel verlangt?«
    Sollte Samsons Frage Bedřich aus der Fassung gebracht haben, dann jedenfalls nur kurz. Er wich dem Blick des Riesen aus. Schielte
     schräg hinüber zu Scharley. Mit dem nächsten Blick gab er seinen vier Untergebenen, Mähren mit finsteren Mienen und knorrigen
     Händen, ein Zeichen. Dieser Blick genügte, die Mähren ließen wie auf Kommando die Zügel los und legten die Hände auf den Stiel
     ihrer am Sattel hängenden Streitaxt.
    »Etwas mehr Ehrlichkeit, oder?«, wiederholte er und verzog den Mund. »Schön. Dann ihr zuerst. Du als Erster, du Riese. Wer
     bist du wirklich?«
    » Ego sum qui sum.
«
    »Wir kommen vom Thema ab.« Scharley zügelte sein Pferd. »Wirst du Reynevan jetzt erklären, was vor sich geht? Oder soll ich
     das tun?«
    »Lieber du. Ich höre dir gern zu.«
    »Wir haben plötzlich die Richtung geändert«, erläuterte der Demerit, ohne zu zögern, »um Spione, die Schergen des Bischofs
     und die Inquisition in die Irre zu führen. Wir befinden uns auf der Straße nach Ratibor, und sie warten sicher bei Jägerndorf
     auf uns und haben uns dort gewiss eine Falle gestellt.Weil man ihnen zugeflüstert hat, dass wir dort durchkämen. Du wirst ihnen das zugeflüstert haben, Reinmar.«
    »Na klar.« Reynevan zog seine Handschuhe aus und rieb sich die Stirn. »Alles klar. Mein Schwur auf das Kruzifix hat Prokop
     anscheinend nicht genügt. Er stellt mich immer noch auf die Probe.«
    »Zum Teufel noch mal!« Bedřich ze Strážnice beugte sich im Sattel vor und spuckte auf den Boden. »Wundert dich das? Würdest
     du an seiner Stelle denn anders handeln?«
    »Hat er mich nur deshalb nach Schlesien geschickt? Um mich auf die Probe zu stellen? Haben wir nur deswegen einen so weiten
     Weg zurückgelegt und uns mitten in feindliches Gebiet begeben? Einzig und allein deswegen?«
    »Nicht ganz.« Bedřich richtete sich im Sattel auf. »Nicht nur deswegen. Aber genug davon. Die Zeit drängt, lasst uns weiterreiten.«
    »Wohin? Ich frage nur, weil ich es den Schergen des Bischofs hinterbringen möchte.«
    »Übertreib es nicht, Reynevan. Lasst uns reiten.«
     
    Sie ritten, nun schon sehr viel langsamer, auf feuchten Wegen durch die Wälder. Vornweg zwei Mähren, hinter ihnen Bedřich
     und Reynevan, dahinter Scharley und Samson und am Schluss die beiden anderen Mähren. Sie waren vorsichtig, befanden sie sich
     doch noch immer auf feindlichem Territorium, auf dem Gebiet, das zum Herzogtum Ratibor gehörte. Der junge Herzog Nikolaus
     war ein entschiedener Gegner der Hussiten, ein noch entschiedenerer als sein erst vor kurzem verstorbener Vater, der berühmte
     Herzog Johann II. der Eiserne. Herzog Johann war nicht davor zurückgeschreckt, sich mit dem mächtigen Polen und dessen König
     anzulegen, nur um den Hussiten zu schaden. 1421 hatte er einen schweren diplomatischen Konflikt verursacht: Er hatte eine
     böhmische Gesandtschaft, die auf dem Weg nach Krakau war, abgefangen und eingesperrt, die Gesandten – mit dem hochwohlgeborenen
     Vilém KostkazPostupic an der Spitze – ins Loch geworfen, sie bis aufs Hemd ausgeraubt und sie dann gegen Lösegeld dem Luxemburger übergeben,
     der sie erst freiließ, nachdem Jagiełło vehement protestiert hatte und mit Zawisza dem Schwarzen von Garbowo verhandelt worden
     war. Vorsicht war also durchaus angebracht. Wenn die Ratiborer sie erwischten, würden ihnen weder diplomatischer Schriftverkehr
     noch Verhandlungen helfen, sie würden ruck, zuck am Strick baumeln.
    Sie ritten weiter. Bedřich schielte zu Reynevan hinüber, Reynevan schielte verdrossen zu Bedřich hinüber. Es sah nicht gerade
     aus, als würden sie am Beginn einer wunderbaren Freundschaft stehen.
    Bedřich

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