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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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versprochen
     hast!«
    »Durch Holz und Eisen wirst du sterben, zweiter Sohn deines Vaters«, erwiderte der Geist mit eisiger Stimme. »Dein Los erfüllt
     sich am
dies Jovis,
vierzehn Tage vor dem
aequinoctium autumnalis.
Wenn du dich am heiligen Fluss mit dem Wolf misst. Dies ist dein Horoskop. Ich hätte dir ja was Besseres prophezeit, aber
     du hast mir die Zehe abgesäbelt. Nun hast du das, was du verdienst.«
    »Was soll denn das heißen?« Der Prinz sprang auf. »SprichKlartext, aber sofort! Was denkst du dir eigentlich? Du bist ein Toter! Eine Leiche! Du wirst mir hier nicht
. . .
«
    »Mein Prinz«, unterbrach ihn Reynevan und schloss das Grimuar, »der Geist ist nicht mehr da. Er ist gegangen. Er ist dorthin
     geflogen, wohin er wollte.«
     
    Die Landkarte, die auf dem Tisch lag, war mit vielen Markierungen versehen. Linien und Striche waren darauf eingezeichnet,
     die Böhmen mit der Lausitz, mit Zittau, Bautzen und Görlitz verbanden. Eine führte auch nach Troppau und nach Schlesien, nach
     Ratibor und Cosel. Eine andere führte das Elbtal entlang nach Sachsen, eine weitere, die dickste, direkt nach Breslau. Mehr
     konnte Reynevan nicht sehen, Prokop der Kahle bedeckte die Karte mit einem Bogen Papier. Dann hob er den Kopf. Lange sahen
     sie sich in die Augen.
    »Man hat mir berichtet«, sagte Prokop schließlich, »dass du dich mit Zygmunt Korybut angefreundet hast. Dass ihr viel Zeit
     miteinander verbringt und euch mit Magie und Astrologie beschäftigt. Ich würde zu gerne wissen, ob ihr euch noch mit etwas
     anderem beschäftigt.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Du verstehst sehr gut. Aber da du eine deutliche Sprache bevorzugst, bitte schön. Korybut ist ein Verräter. Er sich hat mit
     dem Papst verbündet, er hat sich mit Jan z Příbrami verbündet, mit Rožmberk, mit Heinrich von Plauen und mit den Pilsener
     Katholiken. Er behauptet, den Frieden angestrebt und das Vergießen von Christenblut beklagt zu haben. Ich aber behaupte, dass
     dies Märchen sind, er ist nicht so dumm, um nicht zu kapieren, worum es dem Papst und den Katholiken in Wirklichkeit ging.
     Frieden? Kompromisse? Verträge? Blödsinn! Sie wollten uns auseinanderdividieren, uns dazu bringen, dass wir uns gegenseitig
     bekämpfen und erschlagen, dann hätten sie nur noch die paar Übriggebliebenen erledigen müssen. Korybut musste dies wissen,
     daher hat er Verrat begangen und ist für diesen Verrat ins Gefängnis gewandert. Er hatte noch Glück, dass sie ihnnicht umgebracht haben. Und er hätte bis zum Jüngsten Tag auf Schloss Wallenstein gesessen, wären nicht Jagiełłos Intervention
     gewesen und das stattliche Lösegeld, das er gezahlt hat.«
    »Hier sind wir allerdings zu einer Einigung gelangt. Seit sie hier in Odrau sind, haben sich Korybut und Puchała als nützlich
     für Tábor erwiesen, das gebe ich zu; dank dieser beiden halten wir die Mährische Pforte fest in unseren Händen, eine Bastion
     gegen das Bündnis des Luxemburgers mit Albrecht von Österreich und die Verbindung nach Polen. Wir sind uns einig geworden
     und haben uns miteinander verbündet, ein Abkommen geschlossen. Korybut besitzt in meinen Augen zwei Qualitäten.
Primo
: Er hat die Hoffnung, den böhmischen Thron zu besteigen, definitiv aufgegeben.
Secundo
: Er hasst die Prager Altstadt. Dies sind Interessen, die uns verbinden. Solange diese gewahrt bleiben, wird Korybut mein
     Verbündeter und Waffenbruder sein. Aber nur so lange. Hast du mich verstanden?«
    »Ich habe verstanden. Aber
. . .
Wenn ich darauf aufmerksam machen darf
. . .
«
    »Sprich.«
    »Vielleicht verfügt Korybut noch über eine weitere Qualität. Das Treffen in Luck hat Jagiełło und Witold zu Feinden gemacht,
     und da der Luxemburger die Rolle des Aufwieglers übernommen hat, sucht Jagiełło jetzt nach einer Möglichkeit, wie er ihm dies
     heimzahlen kann. Möglicherweise stellt Prinz Korybut diese Möglichkeit dar. Dann würden Korybuts Aktien sprunghaft steigen.
     Vielleicht wäre es gar nicht so verkehrt, auf diese Karte zu setzen?«
    Prokop kaute ein Weilchen auf seinem Schnurrbart herum.
    »Es wäre gar nicht so verkehrt, sagst du«, sagte er schließlich, Reynevans Worte wiederholend. »Auf diese Karte zu setzen,
     sagst du. Du sagst, dass seine Aktien nach oben gehen. Seit wann bist du denn so ein gewiefter Taktierer und Politiker? Bisher
     hast du auf diesem Gebiet keinerlei Talent bewiesen. Du warst entschieden besser als Medicus und Magier. Sollte daetwa die Magie

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