Lux perpetua
Sachsen und die Brandenburger stehen mit ihrer ganzen Armee an der Furt bei Dornau, zehn Meilen von hier, und warten auf
uns. Und vom Übersetzen bei Dornau habe ich nur ihm erzählt.«
Er deutete auf ihn. Reynevan sah einen Mann, der gefesselt zwischen zwei Pferden ging. Er erkannte ihn, obwohl es schwierig
war, ihn zu erkennen. Er hatte kein Gesicht mehr, nur noch eine Maske aus geronnenem Blut. Es war Prokops Leibbarbier. Der
mit der italienischen Seife.
»Er war auch kein besonders guter Bartscherer.« Prokop sah ihn verächtlich an. »Bruder Kroměšín, kümmere dich darum, dass
er alles gesteht. Komplizen, Kontakte und so weiter.«
»Er hat schon alles gestanden.«
»Ich denke, nicht. Er hat immer noch Beine, auf denen er stehen kann. Also haltet euch dran.«
»Zu Befehl.«
Prokop sprang in den Sattel, ließ sein Pferd tänzeln und blickte zum Fluss hinüber, wo das Übersetzen immer noch andauerte.
Fünfhundert Reiter unter Mikuláš Sokol z Lamberka waren schon übergesetzt und machten sich nun daran, den Brückenkopf zu sichern.
Aus den Wassern der Mulde tauchteneiner nach dem anderen die Wagen auf, die in Einzelteile zerlegte Belagerungsmaschinen, also Trébuchets und Bliden, transportierten,
sowie Kanonen unterschiedlichster Konstruktion und unterschiedlichsten Kalibers. Moderne Hinterlader auf hölzernen Gestellen.
Leichte, sechs Pfund schwere Bombarden, schlanke Kartaunen und Feldschlangen. Mittlere Bombarden, die Geschosse von der Größe
eines Kopfes schleudern konnten. Zum Schluss wurden drei schwere Kanonen aus dem Fluss gezogen, Fünfzigpfünder. Letzteren
hatten die Prediger die Namen »Freiheit«, »Gleichheit« und »Brüderlichkeit« verliehen, aber die Artilleristen nannten sie
nur »Kaspar«, Melchior« und »Balthasar«.
»Ich sehe, der Kredit von den Fuggern ist gut investiert worden«, brummte Scharley, der mit Kennermiene die Kanonen betrachtete.
»Jetzt weiß ich, wozu ich die Bergwerke bei Marienberg und Freital zerstört habe
. . .
«
»Leiser. Prokop sieht her.«
»Reynevan«, der
director operationum Taboritarum
begann sich ihnen erneut zuzuwenden, »ich sehe, dass du nicht nur wirksam heilen kannst, sondern auch tapfer kämpfst. Du hast
dir Verdienste erworben, du bist würdig, ausgezeichnet zu werden. Sag, womit ich dich belohnen kann. Oder wenigstens zufriedenstellen.«
»Wie üblich«, antwortete ihm Scharley sorglos. »Wie vor zwei Jahren bei Kolín. Gib uns Urlaub vom Heer, Hetman. Wir haben
eine lebenswichtige persönliche Angelegenheit zu erledigen. Wir erledigen sie und kommen zurück, um unseren Pflichten gegenüber
Gott und Vaterland nachzukommen.«
»Deine Worte klingen überhaupt nicht patriotisch, Bruder Scharley.« Prokops Stirn umwölkte sich.
»Ein Patriotismus, der nur das Wort kennt«, konterte der Demerit, »ist etwas, hinter dem sich Lumpen und Schufte verstecken.«
Prokop wandte den Kopf ab. Er blickte zum Fluss hinüber,in dem Otíka z Lozy die Wagenlenker antrieb, die gerade übersetzten. Dann machte er sich mit seinem Pferd auf den Weg.
» Bene«
, warf er ihnen kurz im Fortreiten zu. »Ihr habt euren Urlaub.«
Tábor sammelte sich unmittelbar nach dem Übersetzen und bildete Abteilungen, deren Flanken von Pavesenträgern geschützt wurden.
Von der Furt aus marschierte singend das Fußvolk los, die Dreschflegelkämpfer und die Schützen.
Jezu Kriste, štědrý kněže ,
s Otcem , Duchem jeden Bože ,
tvoje štědrost naše zboži .
Kyrieleison!
»Eines Tages«, ließ sich Rixa Cartaphila de Fonseca vernehmen, die sich ihnen, ohne dass sie es merkten, von hinten genähert
hatte, »eines Tages werden sie auch mich das fragen. Womit sollen wir dich belohnen, werden sie fragen, für deine Mühen und
deine Opferbereitschaft. Du dienst treu, werden sie sagen, du bittest um nichts, weder um Ehren noch um Auszeichnungen. Bitte,
werden sie sagen, und all das, worum du bittest, wird dir gewährt werden. Ich habe schon eine Antwort auf diese Frage parat,
weißt du? Ich will bis an mein Lebensende nur noch Frauenkleider tragen, werde ich ihnen sagen. Ich will Feuer nur noch in
meinem Küchenherd sehen und nur noch Angst davor haben, dass der Weihnachtsstollen beim Backen anbrennt. Ich will einen Ehemann,
einen anständigen Juden, reicher Witwer bevorzugt. Das werde ich ihnen antworten, wenn sie mich fragen.«
»Du hast Bożyczko getötet.«
»Ich habe es nicht geschafft. Ich konnte ihn nicht
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