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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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sich die Armee nicht gerade. Tábors Feldarmee, die in der Lage
     war, acht Meilen am Tag zurückzulegen, kroch wie eine Schildkröte durch das Coseler Gebiet und erreichte erst am dreißigsten
     März die vier Meilen entfernte Stadt Cosel. Unterwegs ausgesandte Patrouillen raubten Dörfer und kleine Städte aus und brannten
     sie nieder.
    Cosel wurde zunächst mit einem fünfzig Pfund schwerenStein aus der Oppelner Bombarde bedacht, der, überaus gezielt, geradewegs ins Dach der Pfarrkirche einschlug. Das genügte,
     damit die Stadt sich ergab und sogleich von Bolko Wołoszek besetzt wurde. Die Anführer stritten sich deswegen, denn auf Cosel
     hatte, wie sich zeigte, auch Korybut Appetit gehabt. Der Streit wurde beigelegt, indem man sich das von den Einwohnern von
     Cosel gezahlte Lösegeld teilte. Angesichts ihrer neuen Einigkeit starteten Wołoszek und Korybut ein gemeinsames Unternehmen:
     Sie jagten nach Norden, nach Krappitz, Ottmuth und Oberwitz. Die Burgen und Ländereien dort gehörten Herzog Bernhard von Falkenberg,
     Wołoszeks Oheim. Der Überfall sollte, wie sich der junge Hussitenherzog auszudrücken beliebte, den Ohm erschrecken und ihm
     zeigen, wer wirklich im Lande Oppeln herrschte.
    In der Zwischenzeit plünderten Pardus und Puchała nach wie vor die Besitzungen Herzog Konrads und vernichteten sie durch Feuer
     und Schwert. Aber nicht alle Besitzungen. Kroměšíns Stabssitz bei Cosel verwandelt sich in eine Art Handelskontor, in dem
     sich Tag für Tag eine ganze Reihe von Kunden einfand. Ritter, Bürger, Priester, Nonnen, Müller und reichere Bauern aus der
     Umgegend kamen hierher, um zu bezahlen. Wer bezahlte, rettete seine Güter und seine Habe vor dem Feuer. Kroměšín verhandelte
     wie ein erfahrener Kaufmann, und seine Truhen barsten fast vor Geld.
    Reynevan war nicht der Einzige, der dies mit Abscheu sah.
     
    Am Dienstag nach
Judica
stießen unverhofft Polen zum Hussitenheer, eine aus zweihundert Berittenen bestehende Abteilung Freiwilliger aus Kleinpolen.
     Unterwegs waren sie durch Teschener Gebiet gezogen und hatten gebrandschatzt, geraubt und geplündert. Herzog Bolko von Teschen,
     der noch bis vor Kurzem klug die Neutralität gewahrt hatte, war auf seine alten Tage verblödet und hatte sich durch den Luxemburger
     verführen lassen und den Hussiten den Krieg erklärt. Nun hatte er ihn also, den Krieg, er und sein Land.
    Die Kleinpolen, die meisten von ihnen einfache Leute ohne Wappen, wurden von einem Ritter in voller Rüstung mit abgezehrtem
     Gesicht und starren Mörderaugen angeführt. Er stellte sich Kroměšín als Rynard Jursza vor und händigte ihm einen Brief aus.
     Kroměšín las, sein Gesicht hellte sich auf.
    »Von Piotr Szafraniec«, erklärte er Puchała und Korybut. »Er schreibt, dass Siestrzeniec in Będzin eine bewaffnete Abteilung
     um sich gesammelt hat. Und dass die regulären polnischen Truppen bereitstehen. Er schreibt aber nicht, wann sie einmarschieren
. . .
Herr Jursza! Hat Euch der Krakauer Unterkämmerer nicht befohlen, mir etwas mitzuteilen?«
    »Nein, nur den Brief hat er mitgegeben.«
    Nebenan zogen die Kleinpolen in Formation vorbei. Und mit Gesang.
    Wenn ich nur Flügel hätt’
    so wie ein Gänschen,
    flög’ ich nach Schlesien hin
    zu meinem Hänschen.
    »Was ist denn das für ein idiotischer Gesang? Das ist genauso verflucht rührselig wie das Aufsetzen der Hauben am Hochzeitstag.
     Was soll denn das?«
    »Der Krakauer Unterkämmerer hat zu singen befohlen«, Rynard Jursza blinzelte. »Angeblich zu Propagandazwecken. Oberschlesien.
     Dass wir in altes Stammesland zurückkehren, ins Mutterland.«
    »Mutterland, Mutterland«, brummte Puchała widerwillig. »Von mir aus. Aber wenn es schon sein muss, dann singt wenigstens die
Bogurodzica.
«
     
    Mit den Kleinpolen waren zwei Wagen angekommen. Einer war über und über mit Beute beladen, im anderen lagen Verwundete. Schrecklich
     zugerichtet. Zwei von ihnen starben gleich nach der Ankunft, zwei weitere kämpften um ihr Leben,und auch der Zustand der restlichen vier war besorgniserregend. Reynevan und die Feldschere hatten alle Hände voll zu tun.
    Die Verwundeten gehörten zu Scharleys Abteilung.
     
    »Je nun, wenn du unbedingt drauf bestehst«, Bedřich ze Strážnice hob die Arme, »werde ich dich nicht zurückhalten. Ich sehe
     es nicht gern, wenn du auf Streifzügen in der Fremde dein Leben riskierst; aber was soll’s, ich verstehe schon, dass du deinen
     Freund treffen willst. Ich habe

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