Lux perpetua
Einen Brand mehr oder weniger? Worum geht es?«
»Um eine Bleimine, um Galenit, um Erz, das zum Bleischmelzen gebraucht wird. Die Grube heißt Bleiberg und befindet sich in
der südlichen Vorstadt von Beuthen.«
»Deine Vermutung war richtig.« Der Demerit sah Reynevan an. »Sie ist das Eigentum Konrads des Weißen. Auf das Wołoszek Anspruch
erhebt. Und das er bestimmt zusammen mit den anderen erschlossenen Gruben einsacken möchte.«
»Die Grube in Bleiberg wird momentan nicht betrieben.« Der Faktor der Fugger zupfte seine Manschette zurecht. »Aus ihr wird
kein Galenit mehr gefördert, weil unterirdische Wasseradern die Schächte überflutet haben. Eigens dazu angeworbene Bergleute
aus Flandern, Fachleute auf diesem Gebiet, arbeiten daran, das Wasser aus diesen Schächten zu leiten. Ihr verjagt sie, brennt
die Windmühlen nieder und zerstört die Pumpenanlagen.«
»Und dann füllt das Wasser die ganze Grube aus«, fügte Scharley hinzu, »und sie wird nie wieder in Betrieb gehen. Ist das
alles?«
»Nein«, entgegnete der Faktor. »Es gibt noch ein weiteres Objekt. Das Dorf Rudki an der Klodnitz. An seinem Westrand liegt
eine
officina ferraria.
Eine Eisenschmiede, eine Frischhütte und ein Kalkofen. Ihr brennt alles nieder. Bis zum nackten Erdboden.«
»Um zu den genannten Ortschaften zu gelangen«, bemerkte Scharley, »muss man eine weite Strecke zurücklegen, der Weg führt
tief hinein in Feindesland, an ihren Stellungen und Patrouillen vorbei. Das ist ein großes Risiko. Ein sehr großes.«
»Das wurde in das versprochene
lucrum
miteinbezogen. Und ich meine, proportional.«
»Das wird sich zeigen. Wenn Ihr uns die Proportion nennt.«»Diese Angelegenheit bemisst sich nicht nach Proportionen.«
»Ha! Wie dann?«
»Das
lucrum,
von dem die Rede ist, wird von einem schwarzen Wagen transportiert. Wer weiß, vielleicht sogar in demselben wie damals.«
»Sagt das noch einmal!«
»Das Geld«, der Faktor der Handelsgesellschaft der Fugger verschränkte die Arme vor der Brust, »gehört der Person, die damals,
im September 1425, den Überfall auf den Steuereinnehmer und den Raub der Steuereinnahmen angeordnet hat. Derselbe schwarze
Wagen, den man euch damals unter der Nase weggestohlen hat, befördert jetzt einen Schatz nach Ottmachau, zur Festung, deren
Mauern Sicherheit garantieren und ihn vor Raub schützen sollen. Ich weiß, welchen Weg der Wagen nehmen wird, ich weiß, dass
ihm zur Tarnung nur eine kleine Eskorte beigegeben wird. Was sagt Ihr dazu, Herr Scharley? Wäre das nicht eine nette Gelegenheit,
sich zu revanchieren? Wäre das nicht schicksalhafte Gerechtigkeit und moralische Entschädigung, einem Räuber das zu rauben,
was er geraubt hat? Wenn Ihr die Ausführung der vorgeschlagenen Aktionen übernehmt, wird der Wagen Euch gehören. Ich lege
ihn in Eure Hände, noch bevor er an sein Ziel gelangen kann. Ihr müsst Euch nur schnell entscheiden. Irgendetwas sagt mir,
dass ich schon weiß, wie Ihr Euch entscheiden werdet.«
Die Glocken von Beuthen schlugen Alarm. Alle Gebäude, die zur Grube Bleiberg gehörten, brannten, Rauch bedeckte den Himmel.
Das Feuer fraß die Schuppen, die brennende Windmühle für die Entwässerung sank in einer Explosion aus Funken in sich zusammen.
Durch die Brände jagten Reiter, die zerstörten und anzündeten, was sich gerade anbot. Die Feuerleger, Scharleys Saboteur-
und Sturmabteilung, eine Elite von polnischen und mährischen Reitern.
»Was tue ich hier?«, dachte Reynevan. »Was tue ich hier?«Die Glocken läuteten, das Feuer wütete, die Grube versank in Flammen. Reynevan und der Faktor des Handelshauses der Fugger
schauten vom Hang einer Anhöhe am Waldrand aus zu.
»Beuthen wird durch diesen schweren Schlag vollends geschwächt.« Reynevan nickte.
»Darum geht es doch gerade«, der Faktor sah ihn ein wenig verwundert an, »dass es geschwächt bleibt.«
»Wem gehörten die Schächte?«
»Was hast du davon, wenn du es weißt? Lass uns reiten. Wir müssen hier nicht bleiben.«
»Lass uns reiten«, Reynevan drehte sich im Sattel um, »lass uns reiten, Samso
. . .
«
Er erstarrte, die Stimme erstarb ihm in der Kehle. Neben ihm war kein riesiger Reiter auf einem gewaltigen Pferd, aber er
hätte schwören können, dass er da gewesen war, dass er vor einem Moment noch rechts neben ihm stand. Aber da war niemand.
»Hast du etwas gesagt?«, wollte der Faktor wissen. »Reinmar?«
»Lass uns reiten.«
Sie ritten
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