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Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Titel: Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Ich hatte es geschafft! Und ich wollte es wieder tun, am liebsten sofort. Von einem Haus aufs andere springen. Mit oder ohne Salto – Hauptsache, Parkour. Oh, ich hatte es so vermisst.
    »Autsch!«, schrie ich empört. Bevor ich mich wehren konnte, hatte Seppo mich am rechten Ohr in die Höhe gezogen.
    »Luzie …«, sagte er drohend. »Ich hab dir gesagt, du sollst nicht springen.« Doch er strahlte immer noch. Mit einem Ruck riss ich mich von ihm los.
    Neben uns gab es einen kurzen Schlag und Serdan rollte uns vor die Füße. Auch er grinste. Seine weißen Zähne blitzten.
    »Cooool«, sagte er zufrieden und schloss die Augen. Nachdenklich betrachtete ich seine Bartstoppeln am Kinn, während ich mein schmerzendes Ohr rieb.
    »Luzie, was war das denn wieder?«, setzte er träge hinterher.
    »Luzie spezial«, antwortete ich trocken.
    »Leander spezial«, korrigierte Leander mich spitz.
    Luzie und Leander spezial, dachte ich glücklich. Ja, ich war glücklich. Wir hatten wieder Parkour gemacht, alle zusammen. Gut, Billy hatte nur gefilmt und rannte jetzt die Feuerleitern des anderen Hauses hinunter, um uns hier auf dem Dach zu treffen und die Aufnahmen zu zeigen. Aber er war dabei gewesen. Wie Leander – ohne mich zu blockieren oder sich an meine Beine zu hängen, wie er es früher so oft getan hatte, damit ich nicht einmal losrennen konnte. Nein, er hatte sogar dafür gesorgt, dass ich noch einen draufgesetzt hatte. Ich war nicht nur gesprungen. Ich hatte im Sprung einen Salto gedreht!
    Eine Weile blieben wir stumm auf dem Dach sitzen und hingen unseren Gedanken nach. Vielleicht war es der letzte friedliche Moment für heute. Denn heute Abend schlug die Stunde der Wahrheit. Dann würde es ungemütlich werden. Wir würden unsere Eltern in der Pizzeria Lombardi zusammentrommeln und endlich sagen, was Sache war. Mit einer Ausnahme: Billy. Er wollte es seinen Eltern erst sagen, wenn er wieder Parkour machte. Vielleicht also niemals. Aber wir anderen wollten und mussten es tun. Endlich würde Mama erfahren, dass ich niemals ganz alleine Parkour betrieben hatte. Sondern dass die Jungs immer dabei gewesen waren. Oh, sie würde trotzdem krakeelen und schreien und weinen und toben und …
    »Das wird die Hölle«, sprach Seppo aus, was ich gerade dachte. Wir seufzten alle im selben Atemzug. Sogar Leander seufzte feierlich mit, um noch im Seufzen Joe le Taxi anzustimmen. Ja, es würde die Hölle werden. Aber manchmal musste man eben durch die Hölle gehen, um in den Himmel zu kommen.
    Und mein Himmel hieß Parkour.

Andere Umstände
    »Günstige Situation. Günstiger geht’s nicht!«, zischelte Leander in mein Ohr.
    Mir leuchtete nicht ein, was an dieser Situation günstig sein sollte. Mama und Papa saßen in der Küche, vor sich einen Stapel Prospekte, und stritten mal wieder über unseren Sommerurlaub. Papa wollte am liebsten gar nicht weg. Schließlich mache der Tod auch keinen Urlaub und er wolle keine potenziellen Kunden vergraulen, weil er nicht da sei, wenn sie ihn am dringendsten bräuchten. Das widerspreche seinem Slogan. Wir helfen Ihnen immer.
    »Aber der Keller muss sowieso renoviert werden! Du kannst gar nicht arbeiten!«, blökte Mama dann in greller Verzweiflung, doch auf diesem Ohr war Papa taub (wenn Mama weiterhin so blökte, würde er irgendwann auf beiden Ohren taub sein). Er meinte, im Falle des Falles würde sich da schon was machen lassen; zur Not könne man die Handwerker ja für ein, zwei Stunden nach draußen schicken. Oder sie sollten eben in Gottes Namen weiterarbeiten, während er dafür sorgte, dass die Toten in sauberer Kleidung, ordentlich frisiert und dezent geschminkt zu ihrer Beerdigung entlassen werden konnten.
    Mama aber wollte in den Urlaub. Koste es, was es wolle. Auch das sah Papa anders. Flugreisen kamen für ihn nicht infrage. Die waren ihm nicht umweltschonend und nachhaltig genug. Pauschalarrangements lehnte er ebenfalls ab. Dabei gehe jeglicher Individualismus – dieses Wort konnte ich nicht einmal fehlerfrei aussprechen – flöten. Er sei ein Mensch und kein Mastvieh. Überhaupt wisse er nicht, was er in irgendeinem Klub auf Mallorca verloren habe. Seine Haut vertrage außerdem keine Sonne. Zumindest nicht mallorquinische Sonne. Was Mama immer wieder zu einem langatmigen Vortrag über Sonnencremes und Lichtschutzfaktoren ermutigte.
    Die Urlaubsdiskussion endete meistens damit, dass Mama sich schmollend und mit Tränen in den Augen auf das Sofa vor den Fernseher verzog und Papa

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