Luzifer
wehrlos gemacht.
Die veränderte Glenda besaß sämtliche Trümpfe. Das wußte sie auch. Ihr Lächeln auf den beiden Gesichtern besaß einen gewissen Zug von Überheblichkeit und Härte. Sie war nicht mehr die Person, die Jane Collins kannte. Das Böse hatte sich ihres Körpers und ihrer Seele bemächtigt. Wie schleichendes Gift war es in die Person Glenda eingedrungen, um sie voll zu übernehmen.
Dicht vor Jane Collins stoppte Glenda ihren Schritt. Auch die Augenbrauen bewegten sich, als sie die Stirn runzelte. Mit einer bedächtig erscheinenden Geste hob sie den Fuß, während die drei letzten Dolche plötzlich nach verschiedenen Seiten hin wegflogen. Jane Collins schrie, weil eine Klinge gegen ihren Körper raste, aber nicht traf. Der plötzliche Druck stammte von Glendas Absatz, denn sie hatte ihren rechten Fuß auf Janes Körper gestemmt. Die Klinge sauste neben der Detektivin in den Teppich.
Niemand war gekommen, um die Tür aufzurammen. Keiner hatte die Geräusche gehört oder hören wollen. Jeder hielt sich zurück. Jane und Glenda schienen sich auf einer Insel zu befinden. Im Nebenraum hämmerten Suko und Mandra gegen die Tür. Beide Männer hätten sie leicht öffnen und auch aufstoßen können. Das wiederum war nicht möglich.
Als Jane den Kopf etwas drehte, erkannte sie auch den Grund. Auf der Außenhaut der Tür schimmerte ein heller Schatten. Glenda/Lilith mußten durch eine magische Sperre dafür gesorgt haben, daß die Tür verschlossen blieb. Glenda hatte Janes Blick bemerkt. »Nein«, sagte sie, »die beiden werden keine Chance haben. Auch du nicht, Jane. Dein Schicksal ist beschlossen. Du wirst ihn töten! Du wirst das Messer in John Sinclairs Leib stoßen. Es gibt kein Entrinnen und keinen Ausweg für dich, und es tut mir nicht einmal leid!«
»Nie!« schrie Jane dagegen. Sie wunderte sich, woher sie so plötzlich den Mut nahm, derart aufzubegehren. »Niemals werde ich John töten!«
Die Detektivin dachte dabei auch an ihre ehemaligen Hexenzeiten, wo sie sehr viel Schuld auf sich geladen hatte. Es waren furchtbare Jahre und Monate gewesen. Noch einmal wollte sie einen derartigen Zustand nicht erleben.
»Es bleibt dir keine andere Wahl!« erklärte Glenda/Lilith. »Du mußt es tun. Es ist einfach dein Schicksal, und mir tut es nicht einmal leid. Lange genug habe ich warten müssen. Die Zeiten sind vorbei. Wir haben ihn, wir haben John Sinclair endlich. Der Geduldsfaden des großen Luzifer ist gerissen und meiner ebenfalls.«
»Ich bleibe hier, ich…«
Glenda nahm den Fuß wieder zurück. Jane saugte den Atem ein, froh, von diesem schlimmen Druck befreit zu sein. Sie bewegte ihren rechten Zeigefinger und deutete Jane an, aufzustehen.
»Komm wieder hoch!«
»Ich bleibe…«
»Nicht liegen«, sagte die Person vor ihr. Bevor sich Jane versah, spürte sie den Druck im Rücken. Sie kam nicht gegen ihn an. Ob sie es wollte oder nicht, sie wurde auf die Füße gestellt.
Dicht vor ihr schimmerten die beiden Gesichter der Glenda Perkins. Lilith besaß mehr Kraft, obwohl es die wahren Züge nur mehr schwach überdecken konnten.
Dem kalten, unheimlichen Fluidum konnte Jane nicht entgehen. Es war als böser Hauch genau zu spüren und streifte gefährlich nahe an ihr vorbei.
Dann packte es zu.
Irgendeine Kraft schien hundert Arme zu besitzen, zerrte Jane Collins herum, die ins Taumeln geriet und in eine bestimmte Richtung stolperte. Sie lief quer durch das Zimmer auf ein Rechteck zu, das die Wand unterbrach. Hinter dem Fenster schimmerte der Himmel in einem unnatürlichen Blau und wurde in der Höhe von den fächerförmigen Sonnenstrahlen Übergossen. Glenda alias Lilith legte ihr ihre Handfläche gegen den Rücken, damit Jane nur nicht in Versuchung geriet, einen anderen Weg einzuschlagen als den zum Fenster.
Sie selbst brauchte es nicht einmal zu öffnen. Für den Bruchteil einer Sekunde zeichnete ein heller Lichtstreifen die Umrisse des Fensters nach, dann sprang es auf.
Wind fegte in das Zimmer. Er zerwühlte die Haare der Detektivin, fächerte gegen ihr Gesicht und streichelte den gesamten Körper. Jane Collins ahnte es nicht nur, sie wußte, was Glenda von ihr wollte.
»Springen!« bestätigte diese. »Du wirst dich auf die schmale Fensterbank stellen und hinausspringen. Hast du verstanden, kleine Jane? Du wirst wegspringen!«
»Nein, ich…«
Glenda faßte sie an. Für einen Moment spürte Jane den Druck ihrer gesamten Hand im Rücken, danach bewegte Glenda nur mehr die
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