Luzifers Festung
leicht schwankend die Hotelbar.
Wir schauten ihm nach.
»Dass wir ausgerechnet auch auf solch einen Penner treffen mussten«, schimpfte Bill. »Ihre Majestät sollte sich die Mitarbeiter demnächst besser aussuchen.«
»Hoffentlich hält er durch«, gab ich meinen Senf hinzu. »So ganz traue ich dem Braten nämlich nicht.« Ich schaute Suko an. »Was meinst du dazu?«
Der Chinese nickte.
***
Das Boot hatte Bill Conolly ausgesucht. Es war das größte überhaupt, das man sich leihen konnte, und das musste auch so sein, denn wir fuhren über das offene Meer.
Das Boot war frisch lackiert worden, und jemand hatte auf die beiden Bordwände dicke, rote Streifen gemalt. Das Boot besaß einen erhöhten Ruderstand, zu dem eine Leiter hoch führte. Es war auch mit Funk ausgerüstet.
Die Kabinen lagen im Bauch des Schiffes, schmale Kojen, in denen man einige Nächte verbringen konnte. Wir hatten etwas Proviant besorgt und auch einige andere Ausrüstungsgegenstände. Eigentlich lag einem Auslaufen nichts mehr im Wege.
Doch einer fehlte. Kevin Le John.
»Wenn der besoffen in der Ecke liegt und seinen Rausch ausschläft, drehe ich noch durch«, sagte Bill.
»Dann fahren wir eben allein.«
Wir warteten auf Le John. Eine Viertelstunde über der vereinbarten Zeit sahen wir ihn. Er sprang oben auf der Straße aus einem klapprigen Wagen und rannte den Weg zum Hafen hinunter, wobei er mit beiden Armen winkte. Wir halfen ihm an Bord zu kommen. Schwer atmend lehnte er sich an die Reling.
»Verdammt, ich habe mich verschlafen.«
Ich nickte. »Das haben wir bemerkt. Können wir jetzt auslaufen?«
»Meinetwegen.«
Bill hatte die Aufgabe des Steuermanns übernommen. Er stand auf der Brücke und sah zu, wie Suko die Leinen löste. Kevin Le John zündete sich eine Filterlose an. Er wirkte irgendwie bedrückt. Wahrscheinlich hatte er doch mehr Angst als Vaterlandsliebe. Ich konnte es ihm nicht verdenken.
Wir verließen den schützenden Hafen. Selbst hier war das Wasser noch klar. Die Heckschraube wühlte es zu einem Schaumstreifen hoch, und der Bug des Schiffes zerschnitt die anrollenden Wellen.
Noch war es hell, und es würde auch einige Stunden so bleiben. Wir hofften, dass wir die Insel im Schein des letzten Tageslichts anlaufen konnten.
Bald erreichten wir das freie Wasser. Sofort merkte man die Dünung. In langen Wogen rollte sie an, brachte das Schiff zum Schaukeln, und manchmal ritt es förmlich über die Wellen.
Ich ging zu Bill auf die Brücke. Er warf mir einen kurzen Blick zu, musste sich ansonsten konzentrieren, denn in Küstennähe bewegten sich zahlreiche Surfer über die Oberfläche, und auch Segelboote kreuzten unseren Kurs.
»Wie fühlst du dich?« fragte ich den Reporter.
Bill schob seine Sonnenbrille etwas höher. »Nicht besonders«, gab er zu. »Man weiß schließlich nicht, was auf einen zukommt. Und ich glaube, dass die Eingeborenen mit ihrer Angst gar nicht mal so verkehrt liegen. Oder?«
Da stimmte ich meinem Freund zu.
Die nächsten Minuten vergingen schweigend. Hinter uns verschwand die Insel. Auch die Surfer waren nicht mehr zu sehen. Wer hier noch über das blaue Wasser fuhr, besaß ein fast schon hochseetüchtiges Boot.
Es war gar nicht ungefährlich, in diesen Gewässern zu kreuzen.
Zahlreiche Klippen - oft nur dicht unter der Oberfläche - durchzogen die Gewässer der Südsee.
Diese Felsen waren scharf wie Messer und konnten leicht den Rumpf eines Bootes zerschneiden. Aber einen Führer hatten wir nicht bekommen, so vertrauten wir darauf, dass Le John Bescheid wusste.
Steuerbords wuchs die nächste Insel aus dem Wasser. Sie war unbewohnt und erinnerte mich in ihrem Aussehen an eine felsige Welle, die jemand angehalten hatte, als sie sich aus dem Meer erhob. Sie war mit Wald bewachsen, und als ich das Glas nahm und über die Wasserfläche schaute, sah ich die gefährlichen Riffe vor der Insel.
Das waren diese Fallen.
Ich legte das Glas zur Seite und begab mich auf Deck. Am Heck stand Suko. Als er mich sah, hob er den Arm. Ein Zeichen, dass alles in Ordnung war.
Kevin Le John hielt sich an der Backbordseite des Schiffes auf. Er hatte die Arme über die Reling gelegt und starrte ins Wasser, das, von der Bugwelle zerschnitten, als schaumiges Gebilde zu beiden Seiten des Schiffes vorbeizog.
Ich stellte mich neben ihn. Erst nahm er mich überhaupt nicht zur Kenntnis, dann aber hob er den Kopf.
»Haben Sie noch immer Angst?« fragte ich ihn.
Er zuckte die Achseln. »Was soll's? Man kann
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