Luzifers Hammer
wußte sofort, was er meinte. MacDonalds Hände faßten nach seinem Handgelenk und legten seine Arme um einen Felsen. »Halten Sie sich fest. Ich sage Ihnen, was ich sehe.«
»In Ordnung.«
MacDonalds Stimme klang erregt. »Als das Licht ausging, öffnete ich die Augen. Für einen Moment glaubte ich, so etwas wie den violetten Strahl eines Scheinwerfers zu sehen, der aufleuchtete, dann war es vorbei. Aber es war hinter dem Horizont. Wir haben noch etwas Zeit.«
»Thera ist eine Unglücksinsel«, sagte Willis. Er konnte überhaupt nichts sehen, nicht einmal Finsternis.
»Haben Sie sich jemals gefragt, warum die Leute immer wieder hier gebaut haben? Einige Häuser sind Jahrhunderte alt. Ausbrüche alle paar Jahrhunderte. Aber sie kehrten immer wieder. Für das, was wir tun – Alex, ich kann die Flutwelle sehen. Sie wird von Sekunde zu Sekunde größer. Ich weiß nicht, ob sie diese Höhe erreicht. Halten Sie sich auch für eine Luftdruckwelle bereit.«
»Zuerst die Erschütterung des Bodens. Ich glaube, dies ist der Untergang der griechischen Zivilisation.«
»Ich glaube es fast. Und der Ursprung für eine neue Atlantis-Legende, wenn überhaupt jemand übrigbleibt, um sie zu verbreiten. Der Vorhang hebt sich immer noch. Stoßwellen vom Kern im Westen, der dunkle Erdschatten im Osten, Meteore überall …« MacDonalds Stimme erstarb.
»Wie?«
»Ich hatte die Augen geschlossen. Aber es war nordostwärts. Und riesengroß!« »Greg, wer hat diesen Felsen den Berg des Propheten Elias genannt? Der Name paßt verdammt gut.«
Die Erschütterung erreichte sie, und unter Thera, durch den Magmakanal, den der Meeresboden vor 3.500 Jahren zugedeckt hatte. Willis spürte, wie sich der Fels unter seinen Armen aufbäumte. Dann explodierte Thera. Eine Welle von heißem Dampf und Lava spülte ihn hinweg und tötete ihn auf der Stelle. Sekunden später rollte die Flutwelle über die aufgerissene orangefarbene Wunde.
Keiner würde übrigbleiben, um vom zweiten Untergang Theras zu berichten.
Mabel Hawker fächerte ihre Karten auseinander und lächelte in sich hinein. Zwanzig Punkte. Sie hatte eine gute Hand. Ihr Partner leider nicht. Nachdem, was Bea Anders ansagte, würden sie mindestens hundert Dollar verloren haben, bis das Flugzeug auf dem Kennedy Airport landete.
Die 747 befand sich hoch über New Jersey im Sinkflug auf New York zu. Mabel, Chet und die Andersons saßen um einen Tisch im Abteil erster Klasse, zu weit weg von den Fenstern, um etwas zu sehen. Mabel bereute diese Bridgepartie. Sie hatte New York noch nie aus der Luft gesehen, aber sie wollte nicht, daß es die Andersons erfuhren.
An den Fenstern blitzte es wieder auf. »May, du bist an der Reihe«, sagte Chet ungeduldig.
Die Passagiere auf den Fensterplätzen schauten hinaus. Die erste Klasse war von Stimmengewirr erfüllt, und Mabel hörte die Angst heraus, die die Passagiere insgeheim bedrückte. »Verzeihung. Zwei Karo.«
»Vier Herz«, sagte Bea Anderson, und Mabel duckte sich.
Ein leiser Glockenton ertönte, dann leuchtete das Zeichen auf:
»BITTE ANSCHNALLEN.«
»Hier spricht Captain Ferrar«, sagte eine freundliche Stimme.
»Wir wissen nicht, was dieser Blitz war, aber wir möchten Sie für alle Fälle bitten, sich anzuschnallen. Was immer es auch gewesen sein mag, es war weit hinter uns.« Die Stimme des Piloten klang sehr ruhig und besänftigend.
Was hatte Bea für Karten? Oh, Gott, wußte sie überhaupt, was eine Eröffnung mit »zwei Karos« bedeutete? Ich würde es ausbaden müssen …
Plötzlich hörte er ein Geräusch: Es hörte sich an, als würde etwas Großes auseinanderbrechen. Die 747 schwankte plötzlich und schoß nach vorn.
Sie hatte gelesen, daß Reisende mit Erfahrung ihre Sitzgurte nur locker anlegten, und sie hatte dasselbe getan. Jetzt lockerte Mabel den Gurt, legte ihre Karten hin und spähte nach den beiden Sesseln am Fenster.
»Muß das sein, Mutter?« fragte Chet.
Mabel seufzte. Sie mochte es nicht, »Mutter« genannt zu werden. Das klang so provinziell. Sie lehnte sich über die Sitze und schaute hinaus.
Die große Maschine ging im Steilflug nieder, als die Piloten versuchten, einen plötzlichen Rückenwind auszugleichen, der fast so schnell war wie das Flugzeug. Die Flügel hatten keinen Aufwind mehr. Die 747 fiel wie ein Blatt, taumelnd und trudelnd, während die Piloten alles dransetzten, sie zu halten.
Mabel sah in der Ferne New York City vor sich. Da war das Empire State Building, die Freiheitsstatue, das
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