Luzifers Hammer
»Könnten Sie eine Nachricht zum Haupthaus bringen?«
»Vielleicht. Kommt auf die Nachricht an.«
Harvey dachte sorgfältig nach. »Sagen Sie Maureen Jellison, Harvey Randall und drei Freunde seien da.«
Der Mann blickte nachdenklich vor sich hin. »Gut, die Namen stimmen. Werden Sie erwartet?«
Harvey lachte. Das alles kam ihm irrsinnig komisch vor. Er lehnte sich gegen die Stoßstange und kicherte. Dann legte er eine Hand auf den Arm des Mannes, nahm sich zusammen und sagte: »Aus Los Angeles?« und ließ ihn wieder los.
Der Mann zog sich etwas zurück, sein großes, rotes Gesicht erblaßte. Es gab Dinge, die er nicht wissen wollte. Aber – der Senator hatte in der Versammlung gesagt, er möchte mit jemandem sprechen, der wußte, was in Los Angeles passiert war. Und dieser Stadtmensch wußte den Namen des Senators und auch Maureens Namen. Was so lustig angefangen hatte, wurde auf einmal bitterer Ernst. »Maureen muß glauben, ich sei tot. Sie wird sich freuen, das Gegenteil zu erfahren.« Ob das wirklich der Fall war? Seltsam! »Ich weiß, daß sie mich sprechen will. Sagen Sie ihr … ach was, vergessen Sie’s.« Er war drauf und dran, zu sagen, daß er ihr etwas über galaktische Reiche erzählen wollte, und das war im Augenblick wohl wenig angebracht.
Der Mann blickte nachdenklich, schließlich nickte er. »Okay, ich glaube, es läßt sich machen. Aber Sie werden hier warten. Und zwar hier , verstehen Sie? Und machen Sie keine Geschichten mit dem Gewehr.«
»Wir wollen keinen erschießen. Ich möchte lediglich mit Maureen sprechen.«
»Okay. Sie warten also hier . Es wird eine Weile dauern.« Er trat an seinen Wagen, schloß ihn ab und ging die Auffahrt hinauf.
Er ging zu Fuß. Also mußten sie schon mit dem Benzin sparen.
Jawohl, der Senator hatte für Organisation gesorgt. Harvey ging zum Kombi zurück. Marie wollte etwas sagen, aber er schnitt ihr mit gekonnter Leichtigkeit das Wort ab. »Die Landkarte bitte.«
Marie dachte nach, dann tat sie, was er ihr gesagt hatte. Harvey ließ seinen Zeigefinger darüber wandern. »Die Pfadfinder befinden sich etwa in diesem Gebiet. Der einzige Weg, der dorthin führt, ist dieser da. Sie brauchen diese Dämme – da und da – nicht zu fürchten, weil sie nicht auf der Straße bleiben müssen. Wir müssen aber, oder wir müssen laufen. Dafür sind wir aber nicht ausgerüstet.«
Marie überlegte. Sie warf einen Blick auf ihre Stiefel und langte nach ihrer Jacke. Sie war bereit zu laufen, und Harvey ebenfalls, und es war auch irgendwie sinnvoll.
Wenn sie allerdings laufen mußten, so spielten einige Stunden kaum eine Rolle.
»Wir wollen also hier warten«, sagte Joanna.
Mark steckte den Kopf durchs Fenster. »Natürlich. Dies ist das Anwesen von Senator Jellison. Jetzt weiß ich’s wieder. Harvey, das war Spitze, die Nachricht nicht dem Senator, sondern seiner Tochter überbringen zu lassen.«
»Warten«, sagte Marie. »Wie lange denn?«
»Himmel, wie soll ich das wissen?« explodierte Harvey. »So lange, wie sie uns lassen. Diese Ranch ist straff organisiert, habt ihr das nicht bemerkt? Und sie haben was zu essen. Dieser Wachtposten hatte keinen Hunger. Wir müssen die Jungs verpflegen, wenn sie einmal da sind, von uns ganz zu schweigen.«
Marie nickte unterwürfig.
»Was mir Sorgen macht«, fuhr Harvey fort, »ist dies: Wie bringen wir sie dazu, uns reinzulassen? Diese Brückensprengung kann ein Zeichen dafür sein, daß Flüchtlinge in diesem Tal nicht gerade willkommen sind. Wir müssen uns irgendwie nützlich machen, das heißt, wir müssen mit allem einverstanden sein, was sie von uns verlangen, und das ohne zu meckern. Marie, wir dürfen uns die Chance nicht verderben. Wir sind hier nichts weiter als Bittsteller.«
Er wartete einen Augenblick, bis sie alle begriffen hatten, dann wandte er sich an Joanna. »Das gilt besonders für dieses Gewehr. Ich weiß nicht, ob ihr gemerkt habt, daß dieser Kerl, der uns angehalten hat, seine Hand recht merkwürdig bewegte. Ich meine die Linke. Ich glaube nicht, daß es gut wäre, ihn zu reizen.«
»Ich weiß«, sagte Joanna.
»Jawohl.« Harvey wandte sich an Mark. »Laß mich reden.«
Mark schien verletzt zu sein. Wer hatte Harvey aus seinem Schlafzimmer geholt und quer durchs Land hierher geschleust?
Aber er stand da im Regen, das Wasser rann von seiner Jacke und in seine Stiefel, und er wartete schweigend.
»Die Gesellschaft rückt an«, sagte Mark schließlich und zeigte die Anfahrt hinauf. Es
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