Luzifers Hammer
Orientierungssinn hätten sie weiß Gott wo landen können. »Die Neunundneunzig ist gut. Keine Hindernisse. Du hast einiges verpaßt, etwa ein paar Leute mit Gewehren und Autos, die nicht mehr gingen, aber sonst nichts Besonderes. Natürlich war da auf der Straße eine Menge Wasser, aber …«
Sie überflog einmal kurz die Karte. Dann schaute sie voraus in den Regen, wobei ihr Blick dem Scheinwerferlicht folgte, und versuchte sich vorzustellen, wo sie sich befanden. Soweit sie in der grauen Dämmerung etwas ausmachen konnten, konnten sie nichts weiter erkennen als eine silbrige Wasserfläche, auf welcher der Regen seine Kringel malte. Nirgendwo ein Licht, gar nichts.
»Schau zu, ob du zurücksetzen kannst«, sagte sie und wandte sich wieder der Karte zu. Tim fuhr zentimeterweise zurück, bis das Wasser nur noch bis an die Radkappen reichte.
»Wir sind in Schwierigkeiten«, sagte Eileen. »Sind wir schon über Bakersfield hinaus?«
»Ja.« Da waren Hinweistafeln und die Schatten dunkler Gebäude und die Umrisse von Bergen, alles irgendwie verschoben.
»Es ist noch nicht lange her.«
Sie runzelte die Stirn und wies auf etwas Kleingedrucktes. »Hier heißt es, Bakersfield liegt 150 Meter über Meereshöhe.«
Tim dachte an die Veränderungen in den Bergen. »Ich würde mich nicht mehr auf solche Angaben verlassen. Ich glaube mich zu erinnern, daß das ganze San Fernando Tal während des Sylmar-Bebens um etwa zehn Meter abgesunken ist. Und das war nur ein kleines Beben.«
»Nun, von hier aus geht’s immer tiefer. Wir befinden uns in den Niederungen. Und wir sinken tiefer, immer tiefer … Tim, keine Flutwelle konnte so weit kommen, oder?«
»Nein. Aber es regnet.«
»Der Regen. Es hat schon geregnet, und wie, und es wird weiterregnen! Das kommt alles aus dem Kometenkopf, nicht wahr?« Als er versuchte zu erklären, unterbrach sie ihn. »Laß das. Denken wir einmal nach. Wo wollen wir hin?«
In höhere Lagen. »Nun«, sagte Tim, »das ist freilich ein Problem. Ich weiß, wo wir sein sollten, nämlich in den hochgelegenen Farmgebieten, etwa um den Sequoia Nationalpark. Ich weiß nur nicht, ob man uns dort haben will.« Er wagte es nicht, noch mehr zu sagen.
Sie sagte gar nichts, sie wartete.
Tim druckste herum. »Ich hatte da so eine Idee …«
Und sie wartete immer noch ab.
Zum Teufel, es war wie weggeblasen, sobald er es aussprechen wollte! Dahin wie die Restaurants und die guten Hotels, die er in Tujunga erwartet hatte: Wünsch dir was – und weg war’s. Trotzdem sprach er es aus, etwas verzweifelt. »Senator Jellisons Ranch. Ich habe eine Menge für seine Kampagne gespendet. Und ich bin auf seiner Ranch gewesen. Sie ist vollkommen. Wenn er da ist, wird er uns aufnehmen. Und er wird da sein, das garantiere ich.«
»Und du hast für seine Kampagne gespendet.« Sie kicherte.
»Seinerzeit war Geld gutes Geld wert. Und, Liebling, das war alles, was ich dafür bekommen habe.«
»Okay. Ich weiß keinen einzigen Farmer, der mir etwas schuldig wäre. Und jetzt sind es die Farmer, die alles besitzen, nicht wahr? Genau wie’s Thomas Jefferson gewollt hat. Wo ist diese Ranch?«
Tim tippte auf die Karte zwischen Springville und Lake Sucess, dicht unter dem gebirgigen Sequoia Nationalpark. »Hier. Wir tauchen für eine Weile unter Wasser, da rechts ab und beginnen wieder zu atmen.«
»Vielleicht gibt es einen besseren Weg. Schau mal nach links. Siehst du den Bahndamm?«
Er schaltete erst das Deckenlicht aus, dann die Scheinwerfer.
Er brauchte eine Weile, um die Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen, dann:
»Nein.«
»Nun, er ist aber da.« Sie schaute auf die Karte. »Southern Pacific Railroad. Dreh den Wagen rum und stell mal die Scheinwerfer an.«
Tim wendete. »Was hast du eigentlich vor? Willst du einen Zug erwischen?«
»Nicht unbedingt.«
Die Scheinwerfer reichten nicht weit, und überall war Wasser, vom Regen gekräuselt.
»Wir müssen den Bahndamm auf gut Glück ansteuern«, sagte Eileen. »Rutsch rüber.« Sie kletterte über ihn hinweg, um ans Steuer zu kommen. Er konnte sich nicht denken, was sie vorhatte, aber er schnallte sich an, während sie den Motor anließ.
Eileen wandte sich nach Süden, den Weg zurück, den sie gekommen waren.
»Da hinten sind Leute«, sagte er. »Zwei von ihnen sind bewaffnet. Ich weiß nicht, ob wir einen Saugheber besitzen, also sollten wir nicht zuviel Benzin verbrauchen.«
»Lauter gute Nachrichten!«
»Ich will dir’s nur gesagt haben«, meinte Tim. Er
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