Luzifers Hammer
aussieht.«
»Ich hoffte, Sie würden mich nicht danach fragen.«
Harry war fast überall gewesen. Seine Geschichte war einfach, ohne Beschönigung, ohne Aufbauschen. Er hatte sich für diese Art der Berichterstattung entschieden. Lauter Tatsachen.
Der umgestürzte Postwagen. Die zerrissenen Stromleitungen.
Die kaputten Telefondrähte. Straßenbrüche da und da und meilenweite Umwege von da nach dort und da rüber. Die Miller okay, Shire immer noch in Betrieb. Muchos Nombres verlassen, als er mit dem Wagen zurückkam, und die Leichen – huups, die er zurückgelassen hatte.
Er erzählte vom Mord auf der Roman-Ranch. Jellison runzelte die Stirn, und Harry trat an den Tisch, um ihm die Stelle auf der großen Regionalkarte zu zeigen. »Keine Spur von den Besitzern, aber jemand hat auf Sie geschossen und den anderen getötet«, stellte Jellison fest.
»Richtig.«
Jellison nickte. Hier mußte etwas unternommen werden, doch – zuerst muß ich den Christophers Bescheid sagen. Sollen sie sich ruhig am Risiko einer Polizeiaktion beteiligen.
»Die Leute von Muchos Nombres waren aufgebrochen, um Sie aufzusuchen«, sagte Harry. »Das war gestern Vormittag.«
»Hier sind sie nicht aufgetaucht«, sagte Jellison. »Vielleicht sind sie in der Stadt. Wie sieht das Land aus? Ist alles bestellt?«
»Nicht viel. Jede Menge Unkraut«, sagte Harry. »Aber ich habe Hühner. Haben Sie etwas Hühnerfutter?«
»Hühner?« Dieser Bursche war eine Goldgrube!
Harry erzählte ihm über die Sinanians und ihre Hühnerfarm.
»Da sind eine Menge Hühner, und ich glaube, die werden verhungern, oder die Koyoten werden sie holen«, sagte Harry. »Sie müssen sich selbst helfen. Ich möchte ein paar am Leben erhalten. Da war ein Hahn, und ich hoffe, daß er noch da ist. Wenn nicht, werde ich mir wohl einen borgen müssen …«
»Sie wollen mit der Landwirtschaft beginnen?« fragte Jellison.
Harry erschauerte. »Guter Gott, nein! Aber ich meinte, es wäre gut, wenn da ein paar Hühner herumliefen.«
»Sie werden also dorthin zurückkehren.«
»Sobald ich meinen Reviergang beendet habe«, sagte Harry.
»Und was dann?« fragte Jellison, aber er wußte bereits Bescheid.
»Dann zieh’ ich wieder los, was denn sonst?«
Das war einleuchtend. »Mrs. Cox, wer steht als Bote zur Verfügung?«
»Mark«, sagte sie, und in ihrer Stimme schwang etwas wie Ablehnung mit. Sie mochte Mark nicht besonders.
»Er soll in die Stadt fahren und etwas über diese Leute von Muchos Nombres herausbekommen. Es heißt, sie wollten hierher kommen und mich aufsuchen.«
»In Ordnung«, sagte sie und entfernte sich, wobei sie vor sich hinbrabbelte. Ihre Tochter hatte am Abend zuvor etwas von einer Telegraphenleitung gesagt. In einem ihrer Bücher waren irgendwelche Pläne, und da lagen immer noch die alten Telefondrähte herum.
Nachdem sie Mark weggeschickt hatte, ging sie daran, das Mittagessen zu bereiten. Im Augenblick waren noch genug Lebensmittel da: Reste von Eingemachtem und all das, was der Garten hergab. Es würde lange reichen, freilich …
Harry deutete über das Tal hinaus, und er zeichnete seinen Weg auf der Karte nach. »Deke Wilson liegt auf meinem Weg«, sagte Harry. »Er ist in etwa so eingerichtet wie Sie. Etwa 30 Meilen nach Südwesten.« »Wie haben Sie’s dann geschafft?«
»Über die Staatsstraße.«
»Die ist gesperrt.«
»Oh, natürlich. Mr. Christopher war dort.«
»Wie, zum Teufel, sind Sie dann durchgekommen?« fragte Jellison. Jetzt konnte ihn so leicht nichts mehr erschüttern.
»Ich habe ihm zugewinkt, und er winkte mir zu«, sagte Harry.
»Hätte er mich nicht vorbeilassen sollen?«
»Natürlich sollte er das.« Aber ich hätte nie gedacht, daß er so viel Grips hat. »Haben Sie ihm dies alles erzählt?«
»Noch nicht«, sagte Harry. »Da waren noch mehr Leute, die versuchten, mit ihm zu sprechen. Obendrein hatte er sein Gewehr und vier große Männer bei sich. Ich hielt den Zeitpunkt nicht gerade geeignet für ein freundliches Plauderstündchen.« Aber es gab noch mehr zu berichten – etwa über die Flut. Das, was Harry erzählte, war nur eine Bestätigung dafür, was Jellison bereits wußte: Das San Joaquin-Tal war ein großer Binnensee, stellenweise hundert Fuß tief und noch tiefer, wobei das Wasser gegen die Berghänge brandete. Die Mandelplantagen waren durch die Hurricans verwüstet, die Leute starben allerorten oder waren bereits tot. Es war ziemlich sicher, daß eine Typhusepidemie ausbrechen würde, sofern
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