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Luzifers Hammer

Luzifers Hammer

Titel: Luzifers Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven & Jerry Pournelle
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sehen zu können, aber Harvey wußte, daß sie lächelte.
    Er startete den Wagen. Alice hatte ihm geraten, das Tal und die Hauptstraße zu meiden. Sie mußten über den schlammigen Feldweg zur Festung fahren. Er schaltete und fuhr vorsichtig dahin. Die Scheinwerfer beleuchteten die Straße vor ihm, sie war glatt und unbefahren, doch der Abhang auf der linken Seite war steil, und Harvey wußte, daß sie tief in den schlammigen Untergrund einsanken. Es würde nicht schwer sein, über den Bergkamm zu kommen. Der Gedanke war erschreckend – daß sie nämlich vielleicht noch umkommen könnten, nachdem die Schlacht zu Ende war – aber es war nichts weiter als eine schlechte Straße, und sie hatten viele Meilen auf solchen Straßen zurückgelegt, es war halb so schlimm.
    Eine Welle der Freude übermannte ihn. Er hatte kräftig zu arbeiten, um den Wagen zu lenken, doch noch nie war er sich so sehr bewußt gewesen, daß er am Leben war. Sie fuhren um das Gebirge herum und überquerten den Kamm, von dem aus es zu Senator Jellisons Haus hinunterging, dann aber ließ er sich gehen, trieb den Wagen voran und fuhr mit hoher Geschwindigkeit durch den Schlamm, fast gefährlich schnell über die Radspuren und Schlaglöcher. Der Wagen hüpfte, als wollte er an ihrem Vergnügen teilnehmen.
    Er fuhr so, als würde er vor irgend etwas fliehen. Er wußte das, und er wußte auch, daß er, wenn er seinen Gedanken freien Lauf ließe, wenn er über all das nachdenken würde, was er gesehen hatte, keine Freude mehr empfinden könnte, nur noch bodenlose Traurigkeit. Hinten im Tal waren Hunderte von Menschen aller Altersstufen, Männer, Mädchen, Frauen, Jungs, die mit zerstörter Lunge sich dahinschleppten und Blutspuren hinterließen, die man durchs Fernglas erkennen konnte, bis sich die barmherzige Finsternis über das Land senkte: die Sterbenden, die den Weltuntergang überlebt hatten.
    »Harvey, du mußt versuchen, sie nicht als Menschen zu betrachten. Sonst hältst du das nicht aus.«
    »Kannst du das?«
    »Ich versuche es. – Aber wir leben! Wir haben gewonnen!«
    Der Wagen hüpfte über einen kleinen Hügel, und für einen Augenblick schwebten alle vier Räder in der Luft. Es war verrückt, so schnell zu fahren, aber Harvey kümmerte es nicht.
    »Wir haben unsere letzte Schlacht geschlagen!« rief er. »Ich will nichts mehr von Krieg wissen.« Und dann überkam ihn wieder dieses Glücksgefühl: Die Welt war ein wunderbarer Ort für die Lebenden. Laßt die Toten die Toten begraben! Harvey Randall lebte, und der Feind war geschlagen. »Heil den Siegern! Heil den Helden, die da kommen! Ich wollte, ich könnte mich an die Melodie erinnern. Verrückte Sprache! Zum Teufel, du bist eher ein Held – eine Heldin? – als ich. Ich wäre einfach davongelaufen, wenn du es zugelassen hättest. Aber ich konnte einfach nicht. Das ist das Geschlecht – ein Mann kann nicht einfach davonlaufen, wenn eine Frau zuschaut. Warum zittere ich? Und warum du nicht?«
    »Ich tu’s nicht, weil du’s nicht zuläßt!« rief Marie. In ihrer Stimme war etwas wie ein Lachen. »Du bist nicht davongelaufen und ich auch nicht, dabei wäre es ein Leichtes gewesen …« Sie lachte wieder, doch diesmal hatte ihr Lachen eine besondere Note. »Und jetzt, mein Freund, werden wir hingehen und die traditionellen Lorbeeren ernten, die einem Helden zustehen. Geh zu Maureen. Du hast sie gewonnen.«
    »Merkwürdigerweise habe ich auch schon daran gedacht. Aber natürlich wird George wiederkommen …«
    »George überläßt du mir«, sagte Marie steif. »Schließlich habe ich auch eine Belohnung verdient. George kannst du ruhig mir überlassen.« »Ich glaube, ich bin eifersüchtig auf ihn.«
    »Das ist bedauerlich.«
     
    Die gute Laune hielt nur so lange an, bis sie das steinerne Haus des Senators erreichten und eintraten. Viele andere waren da. Al Hardy, berauscht, aber nicht vom Alkohol. Er grinste wie ein Narr, während ihm andere auf die Schulter klopften. Dan Forrester, erschöpft, in sich gekehrt und unglücklich, der sich um nichts und niemand kümmerte, man lobte ihn, man dankte ihm – und überließ ihn seiner düsteren Stimmung, seinem Haß. Niemand kümmerte sich darum, ob er glücklich oder traurig war. Zauberer können tun und lassen, was sie wollen.
    So mancher war nicht anwesend, so mancher fehlte. Vielleicht waren sie tot oder hatten die Verfolgung aufgenommen, vielleicht waren sie geflohen oder immer noch auf der Flucht, ohne zu wissen, daß keiner mehr

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