Luzifers Hammer
antiseptisch wirkende junge Frau, sie sei nicht mit ihrem Haus verheiratet, und man sagte ihr, dies sei dem Umstand zu verdanken, daß Kalva Soap ein neues Desinfektionsmittel für ihre Kloschüssel erfunden hat … und Johnny Baker kehrte lächelnd in die Wirklichkeit zurück. »Das hört sich gut an, nicht wahr?«
»Es ist gut gemacht. Habe ich dir schon erzählt, daß ich den Mann kennen gelernt habe, der die Sache zusammengestellt hat? Ich habe auch Tim Hamner kennen gelernt. Auf der gleichen Party wie Harvey Randall. Hamner ist ein Fall für sich, richtig besessen. Er hat seinen Kometen eben erst entdeckt und konnte es kaum erwarten, dies aller Welt zu erzählen.«
Johnny Baker nippte an seinem Drink. Dann, nach einer langen Pause, sagte er: »Im Pentagon tut sich was.«
»So?«
»Gus hat angerufen. Aus Downey. Es scheint so, als würde Rockwell eine Apollo aufpolieren. Und es geht das Gerücht, daß man eine von den Titan abzweigen und zu einer Sondermission verwenden will. Hast du was läuten hören?«
Sie nippte an ihrem Drink, und eine Welle von Trauer überkam sie. Nun wußte sie, warum Johnny Baker gestern angerufen hatte. Nach sechs Wochen im Pentagon, sechs Wochen in Washington, ohne irgendwelche Anstalten zu machen, sie zu sehen, und dann …
Und ich wollte ihn überraschen. Schöne Überraschung.
»Dad versucht, den Kongreß zu bewegen, eine Mission für das Kometenstudium zu lancieren«, sagte Maureen.
»Ist das wahr?« fragte Johnny.
»Es ist wahr.«
»Aber …« Seine Hände zitterten. Sonst pflegten seine Hände nie zu zittern. Johnny hatte Kampfflugzeuge über Hanoi geflogen und seine Manöver waren stets perfekt. Die MIGs hatten keine Chance. Und einmal hatte er sogar eigenhändig Splitter aus der Brust seines Vorgesetzten entfernt, als sie keine Zeit hatten, den Arzt zu holen. Da waren diese Splitter in der Brust, und Baker hatte sie entfernt, hatte geschickt die Arterien freigelegt, sie mit den Fingern abgeklemmt, während der Mann schrie und die Artillerie des Vietkong ins Feld ballerte, und seine Hand hatte keinen Augenblick gezittert.
Aber jetzt zitterten seine Hände. »Der Kongreß wird nicht mit dem Geld herausrücken.«
»Die werden wohl müssen. Die Russen planen eine Mission. Wir können nicht zulassen, daß sie uns zuvorkommen«, sagte Maureen. »Der Friede hängt davon ab, daß wir ihnen zeigen, wir sind zu einem Wettbewerb bereit, wenn sie es so wollen. Und wenn wir’s tun, werden wir gewinnen.«
»Mir ist es wurscht, ob wir mit Marschmenschen konkurrieren. Ich muß einfach dabei sein. Ich muß.« Er stürzte seinen Scotch hinunter. Seine Hände waren plötzlich wieder ruhig.
Maureen beobachtete ihn fasziniert. Er hatte aufgehört zu zittern, weil er die Chance für eine Mission witterte. Und ich weiß auch, worum es geht. Um mich. Um mich rumzukriegen, damit ich ihn in dieses Raumschiff bringe. Noch vor einer Minute war er vielleicht wirklich in mich verliebt. Jetzt nicht mehr.
»Es tut mir leid«, sagte er plötzlich. »Wir sind noch nicht lange beisammen, und dann tu ich dir das an. Aber – du hast mich richtig eingeschätzt. Ich kann niemals ganz abschalten.« Er nahm einen tiefen Schluck aus seinem neuen, mit viel Eis verdünnten Scotch. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zu, und Maureen fragte sich verblüfft, ob sie träumte.
Aber wie clever war John Baker wirklich?
Die Werbung war beendet, und die Kameras schwenkten zu den Jet Propulsion Laboratories.
Harry Newcombe kaute hastig am Rest seines Sandwichs, während er das Postauto mit einer Hand lenkte. Nach den Dienstvorschriften stand ihm zwar eine Mittagspause zu, aber Harry machte keinen Gebrauch davon. Für diese Zeit hatte er eine bessere Verwendung.
Es war lange nach Mittag, als er die Silver Valley Ranch erreichte. Er hielt wie immer am Zaun. Da war eine Stelle, von wo aus der Blick über die Vorberge Richtung Osten auf die majestätischen Höhen der High Sierra ging. Die Gipfel waren mit glitzerndem Schnee bedeckt. Auf Westen zu gab es noch mehr Vorberge, über denen tief die Sonne stand. Schließlich stieg er aus, öffnete das Tor, fuhr hinein und machte die Pforte sorgfältig hinter sich zu. Dabei übersah er absichtlich den großen Briefkasten, der neben dem Eingang an einem Pfahl hing.
Unterwegs hielt er an, um einen Granatapfel in jenem Wäldchen zu pflücken, das einst ein einsamer Baum gewesen war und das sich jetzt, immer noch ungehegt, bis hinunter zum Fluß
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